Ein 21-jähriger Hamburger soll im Internet labile junge Menschen dazu gebracht haben, sich selbst Gewalt anzutun, bis hin zum Suizid eines 13-Jährigen. Taten wie diese sind eine Ausnahme. Doch täglich sind Kinder und Jugendliche im Netz Schikanen, Mobbing, Betrug und Missbrauchsversuchen ausgesetzt.
Kinder sicher im Internet: Forscher bestimmen Kernkompetenzen
Das von der EU geförderte Projekt "Super Cyber Kids" soll die Internetkompetenz der jungen Internetnutzer zwischen acht und dreizehn Jahren fördern, um sie vor den Gefahren im digitalen Raum besser zu schützen. Eine Forschergruppe der Universität Mannheim hat dafür jetzt ein umfangreiches Kompetenzmodell entwickelt (externer Link), das zeigt, welche Fähigkeiten junge Menschen brauchen, um sich sicher im Netz zu bewegen.
Mobbing und Datensicherheit machen Kindern im Netz Probleme
Diese Gruppe ist besonders anfällig für bestimmte Probleme, erklärt Dirk Ifenthaler, einer der Autoren der Studie: "Aus der Analyse von aktuellen Forschungsarbeiten konnten wir sehen, dass Cybermobbing und der unreflektierte Umgang mit persönlichen Daten im Vordergrund stehen, aber auch Identitätsdiebstahl. Das sind genau die Punkte, die in diesem Altersbereich beachtlichen Einfluss haben können."
Was Kinder wissen und können sollten, um sicher im Internet unterwegs zu sein
In ihrer Studie (externer Link) haben Ifenthaler und seine Kollegen über 400 Primärstudien gesichtet und internationale Experten konsultiert. Schließlich konnten sie 257 Kompetenzen identifizieren (externer Link), die für die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen im Internet wichtig sind. Sie unterteilen sie grob in die Bereiche "identifizieren, schützen, entdecken, reagieren, wiederherstellen".
Zu den Kompetenzen, die die Forscher aufzählen, gehören zum Beispiel, dass Kinder sich bewusst sein sollen, dass es Schadsoftware überhaupt und in verschiedensten Ausprägungen gibt. Dass sie sicherheitsbewusst Internetverbindungen und Browser benutzen, Cyberattacken erkennen und ihr Smartphone auf Werksteinstellungen zurücksetzen können. Und, dass sie rechtzeitig erkennen können, wenn sie bei Unsicherheiten oder Bedrohungen Hilfe brauchen.
Kernkompetenz für junge Internetnutzer: Kritisches Denken
Einige Kompetenzen betonen die Forscher besonders, etwa die kritische Denkfähigkeit. "Da ist entscheidend, dass Kinder lernen müssen, Informationen zu hinterfragen", sagt Ifenthaler. Kinder sollten einschätzen können, wer wirklich hinter einer Person oder einem Avatar steckt, oder ob sich beispielsweise ein Erwachsener als Kind ausgibt. Das sei eine entscheidende Information, um sich vor Manipulationen zu schützen.
Kinder müssen persönliche Daten im Internet besonders schützen
Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist der Schutz der eigenen Daten, erklärt Ifenthaler: "Kinder müssen verstehen, welche Informationen online geteilt werden beziehungsweise auch nicht geteilt werden können. Das geht von persönlichen Daten bis hin zu Daten des Umfelds. Wenn ich jetzt teile, wo ich wohne, dann ist natürlich der Zugriff für die Täter einfacher, als wenn ich diese Informationen zurückhalte."
Auf Phishing-Versuche und Passwort-Klau achten
Auch Fragen rund um die digitale Sicherheit gehören laut Ifenthaler zu den wichtigsten Themen: "Wie gehe ich mit Passwörtern um, um Phishing-Versuche beispielsweise zu vermeiden. Generell vorsichtig im Umgang mit Links oder Anfragen sein, die per E-Mail oder Messengerdienste kommen. Das sind natürlich auch Kompetenzen, die entscheidend sind, Kinder und Jugendliche vor diesen Onlinebedrohungen zu schützen."
Unterrichtsmaterialien und Spiele für mehr Cybersicherheit
Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sollen in pädagogischen Leitfäden für den praktischen Einsatz einfließen und auch in Cybersicherheitserziehung durch Spiele, die sich dann jeder kostenfrei auf der Plattform supercyberkids.eu (externer Link) herunterladen kann.
Der bayerische "Medienführerschein" bietet Unterstützung
Auch die Stiftung Medienpädagogik Bayern möchte über die Gefahren für Kinder und Jugendliche im digitalen Raum aufklären und Lösungen bereitstellen. Hier teilt man die Erkenntnisse der Mannheimer Forscher.
Besonderen Wert legt man laut Stiftungsreferentin Jutta Schirmacher auch auf das Verständnis zu kommerziellen Interessen von verschiedenen Anbietern im Netz: "Wie wird eigentlich Geld verdient in den Medien, und wie ist das bei den unterschiedlichen Akteuren? Ist eine App überhaupt nicht kostenlos, obwohl ich sie kostenlos erstmal runterladen und spielen kann, und entstehen da nicht verdeckte Kosten? Oder zahle ich da nicht auch?" Mit mehr Wissen über dieses Thema sollen Kinder und Jugendliche vor Abzocke im Internet geschützt werden.
Mit ihrer "Initiative Medienführerschein Bayern" werden Lehrkräfte durch kostenlose Materialien und digitale Angebote unterstützt (externer Link). Die Materialien sind an unterschiedliche Alters- und Bildungsstufen angepasst. Besonders wichtig ist es der Stiftung, dass alle Kinder, etwa auch aus Familien mit geringem Bildungshintergrund, erreicht werden können.
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