In der Tiefgarage der Uni haben sich Tropfsteine gebildet. Im Hörsaal löst sich der Bodenbelag auf. Ein Flur wird zum Hindernisparcours durch rot-weiße Absperrungen, wie man sie sonst auf Straßenbaustellen findet. Und das Siegerfoto zeigt eine durchgerostete Treppe. Das sind nur einige der rund 90 Motive, die Studierende in 15 bayerischen Universitäten und Hochschulen fotografiert haben.
Wasserschäden und Gesundheitsgefahren in Uni-Gebäuden
"Wir hatten ganz, ganz viele Bilder, auf denen Eimer abgebildet sind, die Regen abfangen, ganz viele Bilder von Wasserflecken oder von einer Treppe, auf der ganz viel Wasser ist. Also das waren wirklich sehr, sehr viele Regenbilder", sagt Annika Wintersberger. Sie ist eine der Sprecherinnen des Bayerischen Landesstudierendenrats und hat den Fotowettbewerb zum Sanierungsstau an Hochschulen mit organisiert.
Die Studierenden wollen mit dem Fotowettbewerb auch deutlich machen, wie schwierig es sein kann, in maroden Gebäuden zu studieren. Es fehlt an Steckdosen in Gruppenräumen, in Hörsälen werden defekte Sitze nicht repariert. Oder Hörsäle stehen wegen Baumängeln ganze Semester lang nicht zur Verfügung. Veranstaltungen müssen deswegen online stattfinden. Dass der Aufenthalt an der Uni oft sogar gesundheitsschädlich werden kann, zeigt ein Bild von der Universität Erlangen-Nürnberg: Darauf zu sehen ist eine defekte Tür, auf die viele Aufkleber mit Memes angebracht sind. Daneben ein Warnhinweisschild, das darauf hinweist, dass Schwangere und Stillende sich wegen der Schadstoffbelastung in dem Gebäude regelmäßig testen lassen müssen.
Hochglanz-Gebäude versus Sanierungsfälle
Viele Studierende sind von den Studienbedingungen in den Uni-Gebäuden frustriert. Denn während Hochschulbauten aus den 1960er- und 1970er-Jahren verrotten, entstehen vielerorts nebenan auf dem Campus schicke, top ausgestattete Forschungszentren mit internationaler Strahlkraft. Mit der 5,5 Milliarden Euro teuren Hightech Agenda will die Staatsregierung bayernweit unter anderem 1.000 neue Professuren und über 20 Spitzenforschungszentren schaffen.
Prof. Michael Piazolo, Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag, kann den Frust der Studierenden nachvollziehen. Er gibt zu, dass es für die Politik oft spannender sei, "etwas Neues hinzustellen und auch im Bereich Hightech zu agieren", statt "Gebäude und die Strukturen, die in die Jahre gekommen sind, auch immer zu pflegen und auch wieder zu renovieren." Er setzt auf Bürokratieabbau, fordert aber auch bessere Entscheidungsstrukturen an den Hochschulen selbst.
Jedes Foto der Ausstellung eine Hausaufgabe für den Minister
Für die drängendsten Sanierungsfälle stellt das bayerische Wissenschaftsministerium 142 Millionen Euro aus dem Bundessondervermögen zur Verfügung. Zur Ausstellung des Fotowettbewerbs in München hatte Staatsminister Markus Blume einen symbolischen Scheck mitgebracht. Mit den Hochschulen und Universitäten im Freistaat ist er im Austausch: "Jedes Bild ist für mich natürlich eine Hausaufgabe, weil ich erwarte, dass solche Zustände schnellstmöglich abgestellt werden. Deswegen habe ich gesagt, dass alle Hochschulleitungen sich dieser Fälle annehmen sollen und die, die hier am meisten betroffen sind, haben mir auch schon zugesagt, dass dies passiert."
Für die Mitglieder des Bayerischen Landesstudierendenrats ist das ein erster Erfolg, sagt Landessprecher Lukas Strutz, denn "was man direkt sagen kann, ist, dass wir in Folge unserer Kunstausstellung die Hoffnung haben, dass genau bei diesen Bildern, die wir jetzt angesprochen haben, sich etwas tut."
An der Universität Regensburg haben die Studierenden schon zum zweiten Mal Geld gesammelt für eine Plane, die Wasser aus einem undichten Dach in einen Eimer leitet. Und wenn es nötig ist, wird auch der Bayerische Landesstudierendenrat wieder eine Fotoausstellung veranstalten, damit der Sanierungsbedarf an den Hochschulen nicht in Vergessenheit gerät.
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