Eigentlich sind Klassenchats eine praktische Sache. Schülerinnen und Schüler können sich via WhatsApp und Co. schnell und unkompliziert über schulische und private Themen austauschen. Doch die Realität in den Schulen sieht oft anders aus. Extremistische, pornografische und verletzende Inhalte machen in den Klassen nicht selten die Runde. Doch sind Klassenchats wirklich ein Problem?
Warum Klassenchats dennoch notwendig sind
Ein Schülervertreter und eine Jugendschutzexpertin erklären, was aus ihrer Sicht getan werden muss, damit ein sinnvoller Umgang mit den Chats gelingt, wo betroffene Schülerinnen und Schüler sowie besorgte Eltern Hilfe finden und warum ein generelles Handy-Verbot an Schulen keine Lösung ist.
Ja, Klassenchats seien ein Problem, sagt Quentin Gärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Aber man müsse eben beides sehen, betont er: Dass die Chats einerseits zwar durchaus in den Klassen missbräuchlich verwendet würden, etwa durch das Posten extremistischer, verletzender oder pornografischer Inhalte, es andererseits aber durchaus sinnvoll sei, "dass sich Kinder untereinander austauschen an der Stelle, wo sie sind und das sind eben soziale Medien."
Das Problem von Klassenchats ist nach Ansicht des Schülervertreters, dass die Kinder und Jugendlichen "nicht ausreichend geschult werden in der Medienbildung".
Medienbildung wichtig für Umgang mit Klassenchats
Auch für Deborah Woldemichael, Leiterin der EU-Initiative "klicksafe", ist die Vermittlung von Medienbildung entscheidend, damit der sinnvolle Umgang mit Klassenchats gelingt. "Das Wichtigste ist, wir dürfen die Kinder nicht allein lassen", sagt sie. Sie rät Schulen, die Schülerinnen und Schüler frühzeitig über die Gefahren der Klassenchats aufzuklären, dafür verbindliche Regeln aufzustellen und die Chats auch in der Schule "häufiger zu thematisieren".
Schülervertreter Quentin Gärtner sieht für die Medienbildung, die es für den Umgang mit Klassenchats brauche, die "gesamte Schulgemeinschaft" in der Verantwortung. Dazu gehörten seiner Meinung nach - neben Fachlehrern und externen Unterstützern wie Psychologen und Polizei - auch die Kultusministerien. Es gehe schließlich darum, die richtigen Strukturen in der Schule zu schaffen, einen Raum, in denen Kinder über ihren Medienkonsum und auch über die Inhalte reden könnten, sagt der 18-Jährige, der gerade Abitur gemacht hat.
Warum ein Handy- und Social-Media-Verbot keine Lösung ist
Klassenchats ganz zu verbieten, wie von manchen Politikern, Wissenschaftlern und auch Eltern gefordert, ist für ihn keine Option. "Das ist eine Aufgabe, die lösen wir nur mit Bildung", sagt er und fügt hinzu: "Wenn wir dann irgendwann mal aus der Schule raus sind, dann wird uns ganz sicher keiner das Handy wegnehmen. Ganz sicher wird uns auch keiner das Social Media abdrehen. Das heißt, wir müssen vorher stark gemacht worden sein, um einen sinnvollen Umgang mit digitalen Medien und Smartphones haben zu können."
Ein generelles Handy-Verbot mit Social Media und Klassenchats geht wohl auch an der Lebenswirklichkeit vorbei. So zeigt die aktuelle JIM-Studie (Jugend, Information, Medien, externer Link), die das Medienverhalten Jugendlicher im Jahr 2024 untersucht hat: 96 Prozent der Zwölf-bis-19-Jährigen nutzen regelmäßig die Social-Media-Plattform WhatsApp.
Regeln für den Klassenchat: Tipps, die Schüler beachten sollten
- Klare Regeln aufstellen, zum Beispiel zu welchen Uhrzeiten und welche Inhalte geschrieben werden dürfen.
- Jemanden festlegen, der sich um die Einhaltung der Regeln kümmert.
- Keinen aus dem Chat ausschließen.
- Diejenigen, die nicht an dem Chat teilnehmen können, über wichtige Inhalte informieren.
- Keine Lästereien und Beleidigungen in den Chat stellen - auch nicht über Lehrkräfte.
- Anlaufstellen und Unterstützung durch andere Schüler schaffen.
Klassenchats - wo Betroffene Hilfe finden
Als Unterstützung für Lehrkräfte bietet die EU-Initiative "klicksafe" eine Unterrichtseinheit an. Sie kann auf der Webseite klicksafe.de (externer Link) heruntergeladen - und problemlos in den Unterricht eingebaut werden, sagt Woldemichael. Hilfe finden betroffene Schülerinnen und Schüler sowie besorgte Eltern unter anderem bei den kostenfreien Beratungsstellen "NummergegenKummer" (externer Link) oder auf Juuuport.de (externer Link).
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