Treppenhaus in einem heruntergekommenen Haus
Treppenhaus in einem heruntergekommenen Haus
Bild
Bürgergeldmissbrauch · Schwarzgeld für Bruchbuden
Bildrechte: privat
Schlagwörter
Bildrechte: privat
Videobeitrag

Bürgergeldmissbrauch · Schwarzgeld für Bruchbuden

Videobeitrag
>

Abzocke am Wohnungsmarkt schädigt Geflüchtete und Steuerzahler

Abzocke am Wohnungsmarkt schädigt Geflüchtete und Steuerzahler

Sogenannte Schwarzmakler nutzen die Not von Geflüchteten aus: Sie vermitteln Wohnungen und verlangen hohe Provisionen – in bar auf die Hand, teilweise monatlich. Exklusive Recherchen von Kontrovers belegen: Geschädigte sind auch die Steuerzahler.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

In einer Haushälfte in einem Vorort von München wohnen Geflüchtete aus Syrien. Bereits im Januar bekommt der BR einen Hinweis, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugehen soll: Sogenannte Schwarzmakler vermitteln angeblich Wohnungen an Geflüchtete für viele tausend Euro. Ohne Quittung, für Bargeld direkt auf die Hand.

Geflüchteter Journalist: "Makler beuten Situation aus"

Mutasem Al Hetari ist Journalist aus dem Jemen, flüchtete 2021 nach Deutschland. Er kennt die Wohnungsproblematik aus erster Hand: "Dass Flüchtlinge so schwer eine Wohnung finden, das liegt nicht nur am allgemeinen Wohnungsmangel, sondern auch am Einfluss bestimmter Makler, die die Situation ausbeuten."

Was machen diese Makler genau? Reporter des BR-Politikmagazins Kontrovers finden heraus: Sie vermitteln Wohnungen für hohe Geldsummen, unter der Hand in bar – zusätzlich zur Miete vom Amt. Nach den Recherchen üben sie Druck auf Geflüchtete aus, die dann die Beträge unter anderem von ihrem Bürgergeld abzweigen.

4.000 Euro Provision – unter der Hand

Die Ermittlungsbehörden haben Schwierigkeiten, dagegen vorzugehen, auch weil die Deals in arabischer Sprache und nur mit Bargeld ablaufen. Mutasem Al-Hetari spricht Arabisch. Er trifft eine syrische Familie, die seit vier Monaten in einer der Wohnungen lebt und will wissen, wie viel der Wohnungsvermittler unter der Hand verlangt hat. Die Antwort der syrischen Mutter: "4.000 Euro."

Die Familie hat das Gespräch mit dem Wohnungsvermittler mit dem Handy gefilmt und zeigt die Aufnahmen dem Kontrovers-Team. Darauf zu sehen ist, wie der Makler auf Nachfrage klarstellt, dass Flüchtlinge, die eine Wohnung wollen, extra zahlen müssen. Wer hinter diesen illegalen Praktiken steckt und wer daran verdient, ist oft nicht ersichtlich. Ob die illegalen Praktiken beispielsweise ohne Wissen des Hauseigentümers stattfinden, ist unklar.

Schwarzmakler forderte Jobcenter-Geld als Provision

Im Münchner Umland treffen die Reporter von Kontrovers einen Mann, den sie Hedi nennen. Der Geflüchtete berichtet, dass es ein richtiges Netzwerk von derartigen Wohnungsvermittlern gebe. Auch er habe an sogenannte Schwarzmakler bezahlt. Sie hätten ihm auch gleich erklärt, wie er als mittelloser Geflüchteter das Geld dafür beschaffen könne: "Ich sollte einen Antrag auf Erstausstattung der Wohnung beim Jobcenter stellen und die 2.500 bis 3.000 Euro dann nicht in Möbel investieren, sondern gleich an den Makler weiterleiten – und auf dem Boden schlafen."

Monatliche Zahlungen für die Wohnungsvermittlung

Die Kontrovers-Reporter finden heraus: Auch in anderen bayerischen Städten gibt es solche Schwarz-Zahlungen am Wohnungsmarkt. Geflüchtete müssen zum Beispiel zu der von der Jobagentur finanzierten Mietobergrenze jeden Monat 200 Euro unter der Hand an die Wohnungsvermittler zahlen. Die BR-Reporter treffen den Vermieter einer solchen Wohnung. Er ist gleichzeitig auch der Makler. Der Vermieter behauptet, dass die von der Jobagentur festgelegte Mietobergrenze seine Kosten nicht decken würde. Er selbst sieht sich als Helfer: "Sonst bekommen die Flüchtlinge keine Wohnung."

Behörden ermitteln wegen Nötigung

Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Augsburg teilen uns auf Anfrage mit, dass sie zu einem Fall ermitteln, unter anderem wegen Nötigung. Mehr wollen sie zu den laufenden Untersuchungen nicht sagen. Gerade Geflüchtete trauen sich oft nicht, solche Vorgänge bei den Behörden anzuzeigen – und ermöglichen damit den Schwarzmaklern ein leichtes Spiel.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!