80 Jahre nach der Befreiung des KZ-Außenlagers setzt sich der Arbeitskreis Erinnerungskultur Trostberg dafür ein, dass zwei Gedenktafeln am historischen Ort des Geschehens aufklären. Doch da das Gelände im Privatbesitz der Firma Alzchem ist, kann eine Aufstellung der Tafeln nur mit deren Zustimmung erfolgen – und die steht bislang aus.
Das KZ-Außenlager wurde im Oktober 1944 am südöstlichen Stadtrand auf einem rund 1,8 Hektar großen Gelände errichtet – direkt neben den damaligen "Süddeutschen Salzkalkwerken" (SKW), einem Vorgänger der heutigen Alzchem Group AG. Mindestens eine Halle wurde beschlagnahmt und für die Produktion von Flugzeugmotorenteilen für BMW genutzt. Zwischen November 1944 und der Befreiung durch US-Truppen am 4. Mai 1945 starben dort sieben Häftlinge, ein weiterer wenige Wochen später im Krankenhaus.
Heute: Keine Spur des Lagers
Heute erinnert vor Ort nichts mehr an das Lager. Ein Wanderweg führt über das Areal zwischen Wald und Wiesen, mit Blick auf den laufenden Betrieb der Alzchem Group. Auch die angrenzende Grünfläche, auf der sich das Lager einst befand, ist Firmeneigentum.
Initiative fordert Gedenken – Unternehmen zögert
Der Arbeitskreis "Erinnerungskultur Trostberg" setzt sich seit Jahren für eine stärkere Sichtbarkeit der lokalen NS-Geschichte ein. Zwei Gedenktafeln am Waldrand – am historischen Rand des Lagers – sollen daran erinnern. Altbürgermeister und Arbeitskreismitglied Walther Heinze betont, dies sei ein notwendiger Beitrag zur lokalen Erinnerungskultur, denn es sei, so Heinze, "direkt vor unseren Augen passiert und wir möchten, dass das in Erinnerung bleibt". Bereits heute gibt es ein Mahnmal auf dem Friedhof sowie eine NS-Dokumentation im Stadtmuseum.
Alzchem zeigt grundsätzlich Verständnis für das Anliegen, verweist aber auf mögliche bauliche Erweiterungen: Dadurch würde das Mahnmal in einem abgesperrten Industrieareal liegen und der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sein. Zudem bestehe die Sorge, die symbolische Natur von Mahnmalen könnte zu unterschiedliche Interpretationen führen, was zu Missverständnissen oder politischer Instrumentalisierung führen könnte, so der Alzchem-Vorstandsvorsitzende Andreas Niedermaier.
Stadt vermittelt – Ergebnis offen
Trostbergs Bürgermeister Karl Schleid weist auf die Tallage Trostbergs hin. Es gebe deshalb nur begrenzten Raum für Wachstum, der durch ein Mahnmal auf dem Werksgelände eingeschränkt würde. Grundsätzlich unterstütze auch er das Anliegen, sehe sich aber auch in der Verantwortung, die Entwicklungsmöglichkeiten lokaler Betriebe zu sichern. Die Geschäftsführung von Alzchem, so Schleid, habe deshalb die zukünftige Flächenentwicklung und den Wunsch nach einem Mahnmal intensiv abgewogen. Die Entscheidung, auf dem Werksgelände kein Mahnmal zuzulassen, sei für Schleid nachvollziehbar.
Der Arbeitskreis Erinnerungskultur Trostberg hat am Donnerstagabend entschieden, sollte die Firma Alzchem weiterhin bei seiner Entscheidung bleiben, werde der Arbeitskreis noch im 80. Jahr nach der Befreiung des Lagers die Erinnerungstafeln zunächst auf einem benachbarten, privaten Grundstück errichten.
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