Alexander Dittmar steigt an diesem Morgen noch im Dunkeln vor seinem Elternhaus ein. Pünktlich um kurz vor sechs rollt der Kleinbus vor – das "Azubi-Shuttle". Für den 17-Jährigen, der Fliesenleger werden will, ist es die einzige Chance, stressfrei und rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Mit dem normalen Bus- und Bahnverkehr würde er Stunden verlieren – und oft trotzdem zu spät erscheinen.
Eine halbe Stunde später hält der Fahrer direkt vor dem Hof seines Lehrbetriebs. Fast so, als hätte Alexander einen Privat-Chauffeur. Doch das Angebot ist nicht so exklusiv: Mehrere junge Leute aus dem Landkreis nutzen den Service, werden von unterschiedlichen Orten abgeholt und zu ihren Ausbildungsplätzen gebracht. Mal sitzen zwei, mal drei Azubis im Bus – manchmal fährt einer auch allein.
Ziel: Pünktlich im Betrieb sein
Der Fahrer kennt die Route im Schlaf. Sein Zeitplan ist eng getaktet, schließlich müssen die Jugendlichen zwischen fünf und acht Uhr an ihren Lehrstellen sein. Am Nachmittag geht es im gleichen System zurück – zwischen 15 und 18 Uhr. Ein Fahrdienst, der jungen Menschen das ermöglicht, was sonst kaum machbar wäre: pünktlich im Beruf zu starten.
Im Augenblick nutzen das Angebot rund 20 Auszubildende. Der Landkreis setzt dafür zwei Kleinbusse ein. Beim Start vor fünf Jahren ließen sich mit dem "Azubi-Shuttle" rund 40 Auszubildende zur Arbeit und nach Hause fahren. Weil aber Zubringer-Dienste wie "Callheinz" die öffentliche Nahverkehrssituation in dieser ländlichen Region verbessert haben, ging die Nachfrage für das "Azubi-Shuttle" zurück.
Beratung über das Landratsamt
Wer nicht weiß, wie er nach einer Zusage zu seinem Ausbildungsbetrieb kommt, kann sich von den Fachleuten im Bereich "Öffentliche Mobilität" im Landratsamt Rhön-Grabfeld beraten lassen – telefonisch oder per Mail. Finden die Experten keine annehmbare Möglichkeit, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und nach Hause zu kommen, bieten sie einen Platz im "Azubi-Shuttle" an. Ihre Ab- und Rückfahrten buchen die Lehrlinge über eine App.
Jörg Geier leitet die Kreisentwicklung im Landratsamt Rhön-Grabfeld. Ihm war vor allem wichtig, dass das Handwerk genügend Nachwuchs-Fachkräfte bekommt, denn bayernweit fehlen zehntausende Azubis: "Mit dem Angebot gewinnen wir Fachkräfte, wir halten Menschen hier im Landkreis, wir bieten damit auch Rhön-Grabfeldern Perspektiven. Gerade für das Handwerk ist das schon ein entscheidender Push-Faktor."
Bislang bayernweit einmalig
17.30 Uhr: Alexander Dittmar hat eben noch den Firmenwagen von der heutigen Baustellenfahrt ausgeräumt. Jetzt hat er Feierabend. Und da steht das "Azubi-Shuttle" bereits wieder auf dem Betriebshof zur Abfahrt bereit. In rund einer halben Stunde ist er wieder zu Hause. "Das Angebot ist sehr wichtig für mich", meint der 17-Jährige. Wenn es das "Azubi-Shuttle" nicht gäbe, "wüsste ich nicht, wie ich jeden Tag zu meinem Ausbildungsbetrieb kommen würde."
Der Landkreis Rhön-Grabfeld lässt sich den Betrieb des "Azubi-Shuttle" im Jahr gut 100.000 Euro kosten. Kostenlos ist es für die Auszubildenden nicht. Sie müssen sich dafür ein Deutschland-Ticket kaufen und einmal im Monat vorzeigen. Das Modell gilt als bundesweit beispielhaft – Fachleute aus Sachsen, dem Raum Berlin und dem Saarland haben sich bereits vor Ort über das Konzept informiert.
Im Video: Azubi-Shuttle - Pendelhilfe im ländlichen Raum
Der Azubi-Shuttle bringt junge Berufseinsteiger pünktlich zur Arbeit.
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