Es gebe eine Gemeinsamkeit zwischen ihm und Lee Lilley, beginnt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) seine Rede. Der Wirtschaftsminister aus North Carolina habe wie er einen landwirtschaftlichen Hintergrund.
Lilleys Familie besitzt eine 100 Hektar große Farm, baut Erdnüsse und Baumwolle an, hält ein paar Hühner. Auch Aiwanger kommt von einem Bauernhof und ist studierter Agraringenieur. Der Ton des Besuchs ist damit gesetzt, es geht um eine enge Verbindung zwischen Bayern und den USA.
"Jeden Monat investiert eine deutsche Firma in North Carolina", betont Lilley das gute Verhältnis. Er wirbt für seinen Bundesstaat: North Carolina verzeichne das drittstärkste Wachstum aller US-Staaten. Man setze auf gute Zusammenarbeit mit Bayern und bayerischen Firmen.
"Politisch heiße Zeiten"
Lilley hat Aiwanger und dessen Delegation zum Mittagessen eingeladen. In seinen "Palast", wie Aiwanger feststellt: dunkle Holzmöbel, viel goldener Prunk und ein grünes Stoffsofa lassen den Regierungssitz wie ein kleines Schloss wirken. Was folgt, passt eigentlich nicht in dieses märchenhafte Setting. Während Lilley den Zollstreit in seinem Grußwort unerwähnt lässt, kommt Aiwanger recht schnell zur Sache.
"Wir treffen uns in politisch heißen Zeiten", betont er. Der lange Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft sei jetzt wichtig, um keine Fehler zu machen. Alle sprächen von Strafzöllen. "Ich bin überzeugt, wir dürfen unsere guten Beziehungen nicht einer Gefahr aussetzen." Statt weiter zu eskalieren, gelte es, zu deeskalieren. "Wir müssen da anknüpfen, wo wir immer erfolgreich waren: in der Zusammenarbeit."
Lilley nickt beim Stichwort Zusammenarbeit, hält sich sonst aber bedeckt. Zum Zollstreit sagt er nichts. Am Ende bekommt der Amerikaner noch einen bayerischen Porzellanlöwen geschenkt und bedankt sich höflich: "It’s very nice."
"Ruf nach Vernunft"
Aiwanger zeigt sich anschließend zufrieden: Die Offenheit sei da, die Wirtschaftsbeziehungen weiter zu vertiefen. Er habe den "Ruf nach Vernunft" herausgehört.
Das Treffen gilt als eines der wichtigsten auf Aiwangers USA-Reise. "Wir sind nicht gekommen, um den Amerikanern zu sagen, was sie falsch machen", erklärt er. Sein Ziel sei, "hineinzuhören in die Seele der bayerischen Wirtschaft und auch der amerikanischen Unternehmen hier", also in North and South Carolina.
Aiwangers Empfehlungen an die EU
Den Zollstreit mit Trump könne man nicht durch Konfrontation lösen, sagt Aiwanger. "Das ist mit seinem Naturell das falsche Werkzeug." Der EU empfiehlt er daher, abzurüsten. Als erste Maßnahme müsse sie nun die Zölle für US-Autoimporte zurücknehmen, quasi "als Einstiegsangebot für Trump". Dann könnte dieser sagen: "Ich habe was bewegt." Gleichzeitig würde ein wichtiger bayerischer Autobauer profitieren: BMW.
"Wenn du mit jemandem raufst, der stärker ist als du, dann musst du im Zweifel die erste Backpfeife einstecken, dann kriegst du keine zweite mehr. Wenn du gleich daherkommst: Ich zeig's dir, dann kriegst du noch ein paar zwischen die Beine", erläutert Aiwanger seine Empfehlung an die EU.
Politik von unten nach oben
Er selbst will auf seiner Reise amerikanischen Firmen und regionalen Politikern klarmachen: Zusätzliche Zölle schaffen nur Verlierer. Er hofft, dass sie ihre Stimme erheben und auf Trump einwirken. Eine Politik von unten nach oben also. .
Ob der Wirtschaftsminister aus North Carolina ein gutes Wort bei Trump für die deutsche Wirtschaft einlegen wird, bleibt offen. Und auch, wie viel Gewicht das hätte: Lilley ist Demokrat, kein Republikaner wie Trump.
Besuch bei BMW
Von Wirtschaftsverbänden ist zu hören: Die "Graswurzel-Strategie" sei grundsätzlich die richtige. Die Wirtschaft finde durchaus immer wieder ein offenes Ohr bei Trump. Von unten nach oben zu wirken, könne klappen. Delegationsreisen und Treffen mit Politikern wie Lilley seien daher wichtig. Denn das Zollproblem müsse dringend geklärt werden.
Derzeit herrscht Verunsicherung in der Wirtschaft. Bayern betrifft das als Exportland besonders, vor allem die Autoindustrie. Bei seiner Reise wird Aiwanger das BMW-Werk in Spartanburg, South Carolina, besuchen – das größte des Herstellers weltweit.
Im Video: Aiwanger in den USA
Aiwanger in den USA
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