München, 12.03.25: Ein gepanzertes Bundeswehrfahrzeug auf dem Messestand der Bundeswehr bei der Internationalen Handwerksmesse IHM (Symbolbild).
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München, 12.03.25: Ein gepanzertes Bundeswehrfahrzeug auf dem Messestand der Bundeswehr bei der Internationalen Handwerksmesse IHM (Symbolbild).

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Bayerischer Rüstungsgipfel: Industriepolitik in Krisenzeiten

Bayerischer Rüstungsgipfel: Industriepolitik in Krisenzeiten

Ministerpräsident Söder hat Vertreter von Industrie, Bundeswehr, Politik und Forschung zum Rüstungsgipfel in die Staatskanzlei eingeladen. Ziel ist, Bayern als Industriestandort zu stärken und so mitzuhelfen, die Bundeswehr fit zu machen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Marschrichtung hat Friedrich Merz in seiner ersten Regierungserklärung vorgegeben: Er will die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen. Die Gründe sind bekannt: Russlands Überfall auf die Ukraine, das Säbelrasseln gegen Nato-Länder – und gleichzeitig die USA, die immer wieder damit drohen, sich aus Europa zurückzuziehen.

Doch bei Truppenstärke und Ausrüstung gibt es – Stand jetzt – noch ein gewaltiges Defizit. Deutschland hat deshalb vor, Schulden in Milliardenhöhe zu machen. Bayern will mitreden, wofür das Geld verwendet wird und wohin es fließt. Experten gehen davon aus, dass rund 20 Prozent der Gelder nach Bayern gehen könnten.

Bayern ist Rüstungsland

Der Freistaat hat in der Rüstungsbranche einen guten Ruf, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Verteidigungs- und Rüstungsindustrie (BDSV), Hans-Christoph Atzpodien. Bayern habe sich stets für die Unternehmen eingesetzt – auch, als die Branche einst nicht gefragt war und kaum jemand in Rüstung investieren wollte. Laut Bayerns Wirtschaftsministerium wird ein Drittel der deutschlandweit direkt in den Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie erzeugten Wertschöpfung in Bayern erwirtschaftet.

Etwa bei MBDA in Schrobenhausen, Diehl in Nürnberg, Airbus Defence and Space in Manching und KNDS Deutschland in München. Diese "Schlüsselbranche", so Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), generiere in Bayern einen Umsatz von vier Milliarden Euro, biete 45.000 direkte Arbeitsplätze und 90.000 entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Am heutigen Donnerstag findet in der bayerischen Staatskanzlei ein "Rüstungsgipfel" statt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bei dessen Ankündigung betont, künftige Investitionen in Rüstungsaufträge und Bundeswehrstandorte würden die bayerische Wirtschaft auf viele Jahre hinaus stärken. "Daher gilt es keine Zeit zu verlieren", so Söder.

Auch andere Länder wollen vom Boom profitieren

Seit der sogenannten Zeitenwende – und seit klar ist, dass Deutschland Milliarden für Rüstung ausgeben wird – hat ein Wettstreit unter den Bundesländern begonnen: um Standorte, um Arbeitsplätze, um Wirtschaftskraft. Regelmäßig, so BDSV-Hauptgeschäftsführer Atzpodien, bekomme er Anfragen, wie man denn die Ansiedelung von Rüstungsindustrie fördern könne. Seine Antwort: mit möglichst wenig Bürokratie, mit schnellen Abläufen statt beispielsweise langwieriger Umweltverträglichkeitsprüfungen. Um verteidigungsfähig zu werden, sei jetzt das Gebot der Stunde: Schnelligkeit, Serienproduktion und gleichzeitig auch Innovation.

Automobilindustrie als Rüstungsmotor

Dabei könnte der schwächelnden Automobilindustrie eine entscheidende Rolle zukommen. Denn die Autoindustrie hat aktuell Produktionskapazitäten, die nicht ausgelastet sind. Diese könnten Rüstungskonzerne und ihre Zulieferer nutzen, um ihre Stückzahlen schnell zu erhöhen. Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall – mit Sitz in Düsseldorf – macht das bereits vor, hat vom Autozulieferer Continental schon Personal übernommen und liebäugelt mit dem ein oder anderen Werk.

Auch MBDA in Schrobenhausen bestätigte BR24 bereits, dass allein in diesem Jahr noch hunderte neue Stellen hinzukommen werden. Während die Autobranche Personal abbaut, schaffen Rüstungsunternehmen Arbeitsplätze – auch in Bayern. Einige Automobilzulieferer haben zudem bereits umgesteuert und umgerüstet: mit Komponenten für Panzer, Marschflugkörper oder Drohnen im Portfolio.

Branchenvertreter fordern Schnelligkeit und Planbarkeit

Beim Gipfeltreffen in der Staatskanzlei sollen auch die Bedürfnisse von Wissenschaft und Forschung erörtert werden. Im Bereich der KI haben bayerische Start-ups schon große Unternehmenserfolge erzielt. Das Münchner Start-up Helsing etwa, das technologisch überholte Waffensysteme mit Künstlicher Intelligenz ausstattet – wie Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe und Panzer – gilt als Branchenprimus. Gerade erst hat das Unternehmen eine Unterwasserdrohne für den Schutz von Schiffen und kritischer Infrastruktur vorgestellt.

Viele kleine innovative Unternehmen aber kämpfen mit Finanzierung und Planbarkeit, sagt Rafaela Kraus, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität der Bundeswehr München. Sie berät die Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern und ist für die IHK ebenfalls beim Treffen in der Staatskanzlei dabei.

Hans-Christoph Atzpodien, der die Rüstungsbranche vertritt, fordert, die Bundeswehr müsse nun schnell entscheiden, welche Rüstungsgüter sie in welcher Menge benötige. Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger erklärte vor dem Treffen, der Bund müsse dafür sorgen, dass Beschaffungen verstärkt an inländische Unternehmen gingen. Es brauche außerdem vertragliche Regelungen zur Einbindung deutscher Unternehmen bei Wartung, Service und Weiterentwicklung von Produkten, die ursprünglich im Ausland beschafft wurden.

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