Die Zahl der Hilfesuchenden an Bayerns Bahnhofsmissionen ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen: Mit fast 565.000 Gästekontakten im Jahr 2024 verzeichneten die zwölf Stationen im Freistaat eine neue Höchstmarke und eine Zunahme um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Bahnhofsmission München war mit rund 297.000 Kontakten erneut Bayerns größte und am stärksten frequentierte Anlaufstelle.
Immer mehr psychisch belastete Menschen suchen Hilfe
"Die Entwicklung zeigt, dass niederschwellige Hilfsangebote wie die Bahnhofsmissionen für immer mehr Menschen überlebenswichtig werden", so Hedwig Gappa-Langer und Harald Keiser von der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Bahnhofsmissionen.
Besonders auffällig sei, dass die Zahl psychisch belasteter Menschen stark zugenommen habe, hieß es. Inzwischen leide fast ein Drittel derer, die sich an die Bahnhofsmissionen wendeten, unter einer seelischen oder Suchterkrankung. Dieses Bild sei bayernweit einheitlich, erklärten die Verantwortlichen des katholischen und evangelischen Trägerverbandes.
Die Missionen stoßen an Belastungsgrenzen
Die Belastung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden wachse unter diesen Bedingungen stetig, auch räumlich stießen die Bahnhofsmissionen an Grenzen, die Entwicklung sei "alarmierend", heißt es im Newsletter der Bahnhofsmission.
Im vergangenen Jahr seien von den Mitarbeitern rund 50.000 Beratungs-, Seelsorge- und Krisengespräche geführt worden. Rund 164.000 mal wurde materielle Hilfe geleistet – von Notversorgung über Hygieneartikel bis zu Schlafsäcken. Die Zahl der Aufenthalte in den Missionen lag bei 508.000.
Auch ein Bischof erlebt hier "Ohnmacht"
Aktuell prominentester Mitarbeiter der Bahnhofsmission ist der Würzburger Bischof Franz Jung. Einmal im Monat leistet er eine Schicht in der Mission seiner Bischofsstadt. Man werde dort mit vielen Lebensschicksalen konfrontiert, "für die es keine einfache Lösung gibt".
Er treffe in der Bahnhofsmission Menschen am Rande der Armutsgrenze oder noch darunter. "Zu Beginn habe ich sehr unter der Erfahrung der Ohnmacht gelitten. Man will helfen. Aber das Gegenüber entscheidet, ob es das Angebot annehmen will", so der Bischof. Das habe ihn gelehrt, erst einmal zuzuhören.
Klage über sinkende Finanzmittel
Jung sagte, ihn fasziniere, wie die Bahnhofsmission für viele zu einem letzten Zufluchtsort werde, "wenn sie in anderen Anlaufstellen abgeblitzt sind". Zum Teil würden sie auch von offiziellen Stellen wie der Polizei dort abgegeben, wenn es um schnelle unbürokratische Hilfe gehe. "Man bekommt zu essen, kann sich aufwärmen, findet ein offenes Ohr für die Sorgen."
Zugleich beklagte der Bischof die finanzielle Lage der Bahnhofsmissionen in Deutschland als prekär. Ihn bedrücke, wie die Unterstützung durch die öffentliche Hand immer weiter zurückgefahren werde, obwohl der Hilfebedarf steige. Dabei sei dieses niederschwellige Angebot "geradezu modellhaft, gerade auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft".
Mit Informationen von KNA
Im Audio: Bahnhofsmissionen am Anschlag - Immer mehr Menschen suchen Hilfe
Die Bahnhofsmission in Würzburg ist eine von insgesamt zwölf Anlaufstellen an Bayerns Bahnhöfen.
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