Ausbilder Robert Martl steht mit Anwärtern vor einer Felswand.
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Bergwacht-Ausbildung im Chiemgau
Bildrechte: BR / Ulrike Nikola
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Bereit für den Einsatz: So wird man Bergretter

Bereit für den Einsatz: So wird man Bergretter

"Leben retten, wenn andere aufgeben": Mit diesem Spruch wirbt die Bergwacht Bayern für die dreijährige Ausbildung. Welche Voraussetzungen braucht es für dieses anspruchsvolle Ehrenamt? Und warum ist es auch ein Gewinn für die Retterinnen und Retter?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Notsituationen in den bayerischen Bergen gibt es viele: Mit gebrochenem Fuß an einem Steilhang, entkräftet am Gipfel oder orientierungslos bei schlechter Sicht. Deshalb stehen 3.870 ehrenamtliche Einsatzkräfte der Bergwacht Bayern jederzeit bereit. Auch in den Mittelgebirgen und waldreichen, unwegsamen Gegenden rücken die Bergwacht-Teams aus, wenn sich jemand verletzt hat oder vermisst wird.

In einer zweieinhalb- bis dreijährigen Ausbildung können bergsportbegeisterte Menschen alles Notwendige lernen. "Eine solide Grundkondition, Klettererfahrung im mittleren Schwierigkeitsgrad am Felsen sowie gute Skifahrkenntnisse sollte man als Voraussetzung auf jeden Fall mitbringen", sagt Ausbilder Kosmas Granel von der Bergwacht Bereitschaft Rosenheim-Samerberg.

Eignungstest für Sommer und Winter

Um die Grundausbildung zur Bergretterin oder zum Bergretter antreten zu können, müssen Interessierte zunächst zwei Eignungstests erfolgreich absolvieren. Diese bestehen aus Bergsteigen Winter und Bergsteigen Sommer. "Vor allem die Winterdisziplinen stellen für viele eine große Hürde da", weiß Kosmas Granel. Denn sicheres Skifahren in jedem Gelände und bei unterschiedlichsten Bedingungen lernt man nicht mal so eben nebenbei. Darüber hinaus müssen die Bergretterinnen und -retter zu zweit einen Akja, also einen Rettungsschlitten mit einem Verletztem, sicher ins Tal manövrieren können.

Getestet wird dies allerdings erst im Laufe der Ausbildung, die insgesamt fünf Prüfungen beinhaltet. Zu den Winterdisziplinen zählen Skifahren, Skitourengehen und Lawinenverschüttetensuche auf Zeit. Zu den Sommerdisziplinen gehören Klettern und Bergsteigen. In weiteren Prüfungen werden die Kenntnisse in der Notfallmedizin, Luftrettung und Naturschutz abgefragt.

Hilfreiches Wissen auch für den Alltag

Allein der Unterricht zur Notfallmedizin umfasst 80 Stunden, in denen Anwärter wie Markus Weingarten aus Sachrang lernen, eine verletzte oder in Not geratene Person so weit zu stabilisieren, dass sie in eine Klinik oder in Sicherheit gebracht werden kann. "Für den Unterricht gehen einige Abende und Wochenenden drauf, aber ich mache es wirklich sehr gerne", sagt er. Schließlich lerne er in der Ausbildung vieles, das auch im Alltag sehr hilfreich sei, gerade in der Notfallmedizin.

Zusammenhalt am Berg

Die Bergwacht ist ein Ehrenamt mit hohen Anforderungen, ob Abseilen eines Verletzten aus einer Steilwand oder Orientierung bei Nacht und Nebel in schroffem Gelände. Die Ehrenamtlichen stehen 365 Tage im Jahr rund um die Uhr in Bereitschafts- und Wochenenddiensten zur Verfügung.

Bereits in der Ausbildung müssen die Anwärterinnen und Anwärter viel Zeit investieren. "Doch es entstehen durch die Bergwacht viele Freundschaften und letztlich ist man mit Gleichgesinnten am Berg unterwegs", sagt Lasse Tremel. Damit sei das Ehrenamt gut mit eigenen Interessen vereinbar. Der 22-Jährige von der Bergwacht Rosenheim-Samerberg ist bereits Rettungssanitäter und begeisterter Kletterer, sodass die Ausbildung für ihn eine ideale Kombination aus fachlichen Kenntnissen und bergsteigerischem Hobby darstellt. Für ihn steht allerdings erst noch die Eignungsprüfung an.

Gut ausgebildet, gut trainiert und stressresistent

Von Anfang an sind Anwärterinnen und Anwärter bei Einsätzen der Bergwacht dabei, um beispielsweise beim Materialtransport oder Protokoll zu unterstützen. "Das ist eine gute Möglichkeit, um in die Aufgaben hineinzuwachsen und um festzustellen, ob man den Notfallsituationen stressbedingt gewachsen ist", sagt Ausbilder Robert Martl aus Wasserburg.

Die Bergwacht-Bereitschaften Rosenheim-Samerberg, Wasserburg und Aschau-Sachrang bilden seit diesem Jahr den Nachwuchs gemeinsam aus. "Dadurch lassen sich Synergien besser nutzen", so Martl. Grundsätzlich ist die Ausbildung der Bergwachten in ganz Bayern identisch, egal ob man sie im Bayerischen Wald, bei der Bergwacht in Nürnberg oder im oberfränkischen Bischofsgrün macht.

Menschen in Not helfen

Derzeit sind über 900 Anwärterinnen und Anwärter in ganz Bayern in Ausbildung, davon ein Fünftel Frauen. Das Mindestalter ist 16 Jahre, nach oben gibt es keine Altersgrenze. "Momentan gibt es keine Nachwuchsprobleme", sagt Ausbilder Kosmas Granel, doch das könne sich auch schnell ändern, wenn sich Ehrenamtliche beispielsweise beruflich verändern und wegziehen. Dann entstehen Lücken, die gefüllt werden müssen.

Es ist ein Ehrenamt mit großem Einsatz und viel Engagement. "Es ist den Aufwand wert", sagt Kosmas Granel aus eigener Erfahrung, "denn es einfach ein super bestätigendes Gefühl, wenn man jemandem in Not helfen kann."

Die BR Doku-Serie "In höchster Not – Bergretter im Einsatz" zeigt die ehrenamtlichen Einsätze der Bergwacht Bayern in der ARD Mediathek hautnah.

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