Es soll ein beruflicher Neuanfang werden, auf den sich Gerd Schilke aus Burglengenfeld gerade vorbereitet – er steht kurz vor dem Abschluss seiner zweijährigen Umschulung zum Fachinformatiker, die das Jobcenter ihm bezahlt. Eine Chance, auf die er kaum noch gehofft hatte, sagt der 48-Jährige: "Mit Ende 40 krempelt man alles nochmal um und startete nochmal neu durch – mir hat das sehr gutgetan." Denn nun kann Schilke hoffen, endlich noch einmal eine Festanstellung zu erhalten. Arbeitslose raus aus dem Bürgergeld und so schnell wie möglich in Arbeit zu bringen, ist auch das Ziel der Regierungskoalition.
Hindernisse bei der Arbeitsaufnahme
Doch bei den allermeisten Bürgergeld-Empfängern gibt es sogenannte Vermittlungshemmnisse, die eine schnelle Arbeitsaufnahme verhindern. Thomas Rinner, Geschäftsführer des Jobcenters in Schwandorf, erklärt: "87 Prozent unserer Kunden haben mindestens ein Vermittlungshemmnis, zum Beispiel gesundheitliche Probleme, chronische Erkrankungen, das Alter passt nicht oder die soziale Situation. Da gilt es dieses Hemmnis – oft sind es auch mehrere – erst einmal abzubauen, die Leute zu unterstützen, bevor wir mit einer Vermittlung einsteigen können. Das ist eigentlich unsere Aufgabe."
Schnelle Vermittlung möglich?
Aus Sicht des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) mit Sitz in Nürnberg passen auch die Qualifikationen von Arbeitslosen oft nicht zu den Stellenangeboten. Laut einer IAB-Studie für die Jahre 2014 bis 2020 haben insbesondere Langzeitarbeitslose oft keinen Schul- oder Berufsabschluss. Dementsprechend waren ein Drittel der Beschäftigungen, die von Bürgergeld-Empfängern aufgenommen wurden, sogenannte Helfer-Tätigkeiten mit einer kurzen Dauer von weniger als einem halben Jahr. Ein Trend, der sich durch den Vermittlungsvorrang weiter verstärken könnte, so IAB-Forscherin Katrin Hohmeyer: "Wenn man den Druck auf Arbeitslose erhöht, nehmen diese zwar schneller eine Beschäftigung auf. Aber diese Beschäftigungen sind in der Regel weniger stabil, sodass die Personen wieder auf Leistungen angewiesen sind."
Drehtür-Effekte vermeiden
Damit es zu einer dauerhaften Arbeitsaufnahme kommen kann, sind häufig erst Umschulungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen nötig, erklärt auch der auf Langzeitarbeitslose spezialisierte Arbeitsvermittler Sascha Komarek: "Wenn ich die Menschen nur als Helfer in Arbeitsverhältnisse schicke, dann kommen die meist genauso schnell wieder und sitzen nach drei Monaten wieder hier bei mir ohne Job." Die Arbeitsvermittler sprechen vom sogenannten Drehtür-Effekt. Dieser betraf lange Zeit auch Gerd Schilke, denn wegen gesundheitlicher und privater Probleme konnte er sich nur mit Helferjobs über Wasser halten, war dann nach kurzer Zeit immer wieder arbeitslos und wieder auf Bürgergeld angewiesen.
Arbeitsvermittler wollen Qualifizierungsmöglichkeiten erhalten
Erst seit Schilke gemeinsam mit seinem Arbeitsvermittler Komarek einen Weg zu einem kompletten beruflichen Neuanfang fand, geht es für den angehenden Fachinformatiker wieder bergauf. Denn IT-Experten werden in seiner Region von vielen Arbeitgebern gesucht. Dass solche Möglichkeiten zur Umschulung oder Qualifikation auch in Zukunft erhalten bleiben, wünscht sich auch der Leiter des Jobcenters : "Wir brauchen ein Portfolio, einen Blumenstrauß von Maßnahmen, und auch die finanziellen Mittel, denn dann können wir das Bestmögliche rausholen für die Leute in unserer Region", so Rinner.
So wie für Gerd Schilke, der angesichts von 47 offenen Stellen für Fachinformatiker rund um seinen Wohnort nun wieder gute Chancen hat auf eine dauerhafte Anstellung, mit der er selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann.
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