Mitten in Odelzhausen ist ein unbewohntes, großes Grundstück: Ideal, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. So dachte sich das zumindest Bürgermeister Markus Trinkl (CSU). Er zeigt dem Reporterteam vom BR-Politikmagazin Kontrovers das Grundstück: überall wuchert da Grün auf dem Grundstück, das Gebäude ist schon lange unbewohnt.
Der Standort scheint ihm perfekt: "Direkt an der Hauptstraße, nahe an den öffentlichen Personen-Nahverkehr-Haltestellen, Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, alles in fußläufiger Entfernung." Die Idee: 30 Wohnungen sollen hier entstehen. Also sichert sich die Gemeinde Anfang 2024 das Vorkaufsrecht vom Freistaat Bayern. Dem gehört nämlich das Gelände mit dem rund 100 Jahre alten Forsthaus in Odelzhausen.
Altes Forsthaus wird zum Denkmal
Doch jetzt liegt der Traum von den Sozialwohnungen auf Eis. Denn das Alte Forsthaus wird plötzlich zum Denkmal ernannt. Im Begründungsschreiben heißt es unter anderem, das Forsthaus schließe an die Tradition des historischen Bauernhofes an.
"Wir waren schon sehr überrascht […]. Ich glaube, das hatte kaum einer oder niemand auf dem Schirm, dass dieses Gebäude einmal unter Denkmalschutz gestellt werden könnte." - Markus Trinkl, Bürgermeister Odelzhausen
Die Gemeinde wusste nicht, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) das Gebäude im Blick hat. Stefanie Berg vom BLfD sagt, der Kreisheimatpfleger habe das Alte Forsthaus vorgeschlagen. "Das heißt, offenbar gibt es da ein regionales Interesse vor Ort, dass dieses Gebäude erhalten bleibt." Doch Wohnungen wird es hier dann vorerst wohl nicht geben.
Bayern arbeitet derzeit an einem neuen Denkmalschutzgesetz. Das Wissenschaftsministerium verspricht: "mehr Vertrauen, weniger Vorschriften, schnellere Verfahren". Dem Bürgermeister von Odelzhausen bringt das jedoch nichts.
Weißenburg: Grabung statt Genossenschaftswohnungen
Ähnlich ernüchternd liefen 2021 die Pläne im mittelfränkischen Weißenburg: Für 100 Genossenschaftswohnungen – mit entsprechend niedriger Kaltmiete – werden damals 34 Wohnungen abgerissen. Doch auch hier schreiten die Behörden ein, denn in Weißenburg haben bekanntermaßen einst die Römer gesiedelt.
Es ist ein Scheitern mit Ansage, stellt Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD) klar: "Dass es hier eine hochtoxische Fläche […] im Sinne des Denkmals ist, war allen Beteiligten klar. Wir sind hier mitten im römischen Vicus, der Zivilsiedlung, die um unser Kastell hier bestanden hat."
Infolge des Abrisses werden Grabungen angeordnet, von 2021 bis 2023. Gefunden werden Relikte aus der Römerzeit. Die Kosten belaufen sich auf 1,14 Millionen Euro – für den Bauträger ein zeitliches und finanzielles Fiasko.
Risiko liegt bei Bauträgern
Nach aktuellem Gesetz in Bayern liegen Risiko und Verantwortung für mögliche Grabungskosten bei Bauträgern – auch wenn eine Kostenübernahme beim Freistaat zumindest beantragt werden kann.
"Das ist ja eigentlich Wahnsinn", sagt Oberbürgermeister Schröppel (SPD) und findet, das Risiko müsste anders verteilt werden. Er erinnert sich: "Wir als Stadt Weißenburg haben wenige hundert Meter von hier eine Straße gebaut. Da haben wir auch 700.000 Euro ausgegeben für archäologische Grabungen."
Für das Genossenschaftsprojekt bedeutet das, dass zunächst maximal zehn statt der geplanten 100 Wohnungen gebaut werden können – wegen der hohen Grabungskosten sowie der sprunghaft gestiegenen Baupreise. Ein Antrag auf Kostenübernahme scheiterte. Der Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Eigenheim e.G. teilt Kontrovers schriftlich mit, er hätte sich mehr Verständnis gewünscht: "Wenn man dies alles aus dem Blickwinkel Wohnungsbau – der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts – sieht, muss man sich schon fragen, was ist wichtiger …"
Subventionen nur begrenzt möglich
Seit Mai können kommunale und private Bauherren Zuschüsse von bis zu 25 Prozent beantragen, die Entscheidung trifft das BLfD. Aktuell stehen eine Million Euro zur Verfügung. Allein in Bayern gibt es jedoch jährlich 600 bis 800 archäologische Grabungen.
Weißenburgs Oberbürgermeister greift die staatliche Förderung deshalb zu kurz: "Den großen Durchbruch und die große Entlastungswirkung wird es sicherlich in so einer Dimension, wo es um Millionenbeträge geht, nicht bringen."
Für Odelzhausen schlägt Stefanie Berg vom BLfD ein Kulturzentrum vor. Doch das löst nicht das Problem nach Wohnungsbedarf, das Bürgermeister Trinkl an dieser Stelle lösen wollte. Er glaubt nun, dass es eher auf einen gutbetuchten Investor hinausläuft: "Das notwendige Kleingeld ist absolut erforderlich."
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