Vermieterfrust in Niederbayern: Familie Schütz kämpft mit Mietausfall, Räumungsklagen und Leerstand - warum das Mietrecht private Eigentümer belastet.
Vermieterfrust in Niederbayern: Familie Schütz kämpft mit Mietausfall, Räumungsklagen und Leerstand - warum das Mietrecht private Eigentümer belastet.
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Familie Schütz vor dem Haus, das sie für Vermietungen neu gebaut hat
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Familie Schütz vor dem Haus, das sie für Vermietungen neu gebaut hat

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Wohnungsnot trifft Vermieterfrust: Deutschland im Mietdilemma

Wohnungsnot trifft Vermieterfrust: Deutschland im Mietdilemma

In Deutschland stehen rund zwei Millionen Wohnungen leer. Fast genauso viele fehlen als bezahlbarer Wohnraum. Viele Hausbesitzer wollen nicht mehr vermieten – auch wegen schlechter Erfahrungen. Was läuft falsch am Wohnungsmarkt?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Es sollte ihr Plan für die Altersvorsorge werden – davon ist Familie Schütz aus Aholfing inzwischen etwas abgerückt. Die Landwirte aus Niederbayern haben 1,2 Millionen Euro in einen Neubau investiert. Sechs Wohnungen sind entstanden, die Miete sollte langfristig zum Einkommen beitragen, erzählen sie in der Reportage von Kontrovers - Die Story. Doch es kam anders. 

Vermieterfrust: Keine Miete, viele Mahnungen, eine Klage

Die Vermieter erinnern sich: Im Dezember 2023 ist ihr Neubau fertig, die Mietparteien können einziehen. Mit einer Mieterin jedoch gibt es von Anfang an Schwierigkeiten: "Die Mieterin ist eingezogen und hat nicht die Kaution gebracht und dann die ersten zwei Monate auch keine Zahlung geleistet", erzählt Josef Schütz.

Die Familie schickt Mahnbescheide, kündigt schließlich das Mietverhältnis – fristgerecht. Schließlich haben die Vermieter das finanzielle Nachsehen: "Der Schaden beläuft sich auf circa 12.000 Euro momentan."

Obwohl Schütz der Eigentümer ist, sind ihm durch das Mietrecht teils die Hände gebunden. Über ein Jahr kämpft er darum, seine Wohnung betreten zu dürfen. Drei Räumungsklagen braucht es, am Ende muss er vom Gerichtsvollzieher die Schlösser austauschen lassen. Inzwischen lebt die einstige Mieterin zwar nicht mehr in der Wohnung, doch auch niemand sonst: Möbel und Hausrat wurden zurückgelassen. Familie Schütz muss diese nun auf eigene Kosten entsorgen.

Derzeit läuft ein Betrugs-Prozess gegen die Frau. Auf Anfrage teilt sie mit, sie möchte sich im laufenden Verfahren nicht äußern, verweist auf die Unschuldsvermutung.

Warum sanieren Eigentümer nicht?

Familie Schütz ist nach diesen Erfahrungen frustriert – und will nicht noch für weitere Wohnungen als Vermieter Verantwortung tragen. Sie ziehen darum für eine weitere Immobilie Konsequenzen, erzählt Sohn Raphael Schütz: "Wir renovieren keine Wohnungen mehr, weil das einfach wirtschaftlich nicht tragbar ist. Lieber steht das leer."

Dabei fehlt in Deutschland bezahlbarer Wohnraum. Warum wollen also die privaten Vermieter aus Niederbayern und viele andere, leerstehende Immobilien nicht modernisieren? Eine aktuelle Mitgliederbefragung des Eigentümervereins Haus und Grund (externer Link, möglicher Bezahl-Inhalt) gibt Indizien: Darin geben rund 65 Prozent der Eigentümer fehlende Rentabilität als Grund an. 35 Prozent beklagen komplizierte Anforderungen im Mietrecht und 30 Prozent begründen ausbleibende Modernisierungsarbeiten ihrer vermieteten Immobilien mit bürokratischen Hürden.

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Nur ein Viertel aller privaten Eigentümer plant eine Sanierung - aus diesen Gründen (laut Mitgliederbefragung des Eigentümervereins Haus & Grund)

Private Vermieter: "Aktuell zu wenig Rechte"

Wie vielen Vermietern in der Umfrage geht es auch Familie Schütz: Sie fühlt sich vom Mietrecht benachteiligt. Sohn Raphael Schütz fordert gleich viele Rechte sowohl für Mieter als auch Vermieter: "Aktuell haben wir als Vermieter einfach zu wenig Rechte."

Familie Schütz hat sich entschieden, eine weitere Eigentumsimmobilie gar nicht erst zu sanieren: Darin hat bis vor kurzem die Großmutter gewohnt. Seit Oktober 2023 steht die Wohnung leer. Obwohl die Vermieter große Pläne damit hatten: energetisch sanieren, zwei 80 Quadratmeter große Wohnungen draus machen. 200.000 Euro sollte das kosten. Das rechne sich nicht, sagt Familie Schütz inzwischen.

Und das, obwohl auch im Raum Straubing dringend Wohnraum gesucht wird.

"Wenn ich in eine Mietwohnung, die nicht bezahlt wird, 16 Monate nicht rein kann, dann kann ich als Eigentümer eine Wohnung auch stehen lassen. Und die kann ich länger stehen lassen." - Josef Schütz, privater Vermieter

Private Vermieter: Gesetzlich unzureichend geschützt?

Braucht es eine Gesetzesanpassung? Zuständig für das Mietrecht ist die Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). Eine Interviewanfrage von Report München und Kontrovers - Die Story wird abgelehnt, schriftlich jedoch heißt es:

"Dem BMJV sind keine Daten bekannt, aus denen sich der von Ihnen behauptete Zusammenhang zwischen Leerstand und den rechtlichen Rahmenbedingungen ergibt. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf wird daher in dieser Hinsicht derzeit nicht gesehen." - Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Anders sieht man das in der Branche selbst. Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, sieht dringenden Handlungsbedarf beim Mietrecht. Er übt in der Kontrovers-Story Kritik: "Man muss ja mal gesamt volkswirtschaftlich denken. Wenn wir Wohnraum dringend benötigen, dass Wohnraum, der zur Verfügung stünde, deswegen nicht genutzt wird, weil der Vermieter Angst hat. Und das müssen wir zumindest einmal wahrnehmen."

Knapp zwei Millionen Wohnungen in Deutschland [externer Link] stehen laut Statistikamt derzeit leer. Etwa so hoch ist auch der Wohnungsmangel. 

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