BR24 berichtete live um 16 Uhr zu dem Thema. Mit dabei waren Reporterin Katrin Nöbauer vor Ort in Reichling und der Energie-Experte des BR, Lorenz Storch.
Die Sendung zum Nachsehen finden Sie oben eingebettet.
Schon länger waren sie erwartet worden, jetzt sind die Arbeiten im Gange: In Reichling im Landkreis Landsberg am Lech haben Arbeiter damit begonnen, einen Erdgas-Bohrturm aufzubauen. Damit stehen die umstrittenen Probebohrungen kurz bevor. Mit den Kran-Teilen kam auch der Protest zurück nach Reichling: Am Freitag besetzten Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace den Bohrplatz.
- Zum Artikel: Erdgas fördern in Bayern? Fragen und Antworten
Aktivisten dringen in eingezäuntes Gelände ein
Um sieben Uhr morgens drangen 13 Aktivistinnen und Aktivisten mit grünen Jacken und weißen Schutzhelmen in den eingezäunten Platz ein. Auf einer fünf Meter hohen Bambus-Konstruktion auf dem Bohrplatz hissten sie ein großes Transparent mit der Forderung "Kein neues Gas!". Ein Mitglied der Gruppe hing an einem Seil in mehreren Metern Höhe. Das Ziel ihrer unangemeldeten Aktion: den Aufbau des 40 Meter hohen Bohrturms verhindern oder wenigstens verzögern.
Aktivisten verlassen Bohrplatz wegen des Wetters
Nach wenigen Stunden räumten die Aktivisten den Reichlinger Bohrplatz eigenständig. Sicherheit gehe vor, immerhin stünden auf dem Gelände zwei Kräne, erklärt eine Sprecherin. Kurz zuvor hatte es heftig geregnet, vereinzelt geblitzt und gedonnert. Die Polizei erfasste die Personalien der Aktivisten und prüft nun, ob eine Ordnungswidrigkeit nach dem Versammlungsgesetz und Hausfriedensbruch vorliegt.
Greenpeace will weiter gegen die Erdgasbohrungen kämpfen, und auch andere Umweltschutzorganisationen sowie die Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen kündigten Proteste an.
Seit einem Jahr Proteste wegen Erdgasbohrung
Bei Reichling soll in rund 3.000 Metern Tiefe nach Gas gebohrt werden. Anwohner und Naturschützer protestieren bereits seit rund einem Jahr gegen das Projekt. Unter der Erde könnte eine Gasmenge von 400 bis 500 Millionen Kubikmetern schlummern. Sollte die Probebohrung Erfolg haben, ist eine Förderung über die nächsten zehn bis 15 Jahre geplant. Das Gas könnte dann jährlich den Bedarf von 10.000 bis 15.000 Haushalten abdecken. Laut den Gegnern des Projekts wären das aber nur 2,5 bis 4,2 Prozent des momentanen jährlichen Erdgasverbrauchs in Bayern.
Bohrung dauert vier Wochen
Der Aufbau des Bohrturms dauert nach Firmenangaben etwa eine Woche und startete vor wenigen Tagen. Nach einer erneuten Abnahme des Bergamts Südbayern könnte die Erkundungsbohrung kommende Woche beginnen. Sie soll vier Wochen dauern, danach wird der Turm wieder abgebaut. Anschließend prüft die verantwortliche Firma, die "Energieprojekt Lech Kinsau 1 GmbH", ob die Förderung des Erdgases wirtschaftlich ist - ob beispielsweise die Qualität des Erdgases so gut ist wie erwartet. Bis ein Ergebnis vorliegt, kann es bis zu einem Jahr dauern. Wenn das Unternehmen sich für eine Erdgasförderung entscheidet, muss es diese beantragen. Eine erneute Bohrung ist nicht nötig.
Gegner machen Aiwanger Vorwürfe
Politisch steht Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei den Gegnern des Projekts im Fokus. Ihrer Meinung nach hätte er als zuständiger Minister die Bohrung verhindern können. Auf BR-Anfrage teilt das Ministerium mit: "Das Vorhaben ist von der bundespolitischen Rechtslage abgedeckt und kann von der bayerischen Staatsregierung nicht willkürlich gestoppt werden, sofern die Vorschriften eingehalten werden." Außerdem heißt es, die Bohrung in Reichling könne am Ende auch zur Geothermienutzung führen, nicht nur zu Erdgassuche.
Die Gegner des Projekts befürchten unter anderem, dass bei einem Unfall die nahegelegene Trinkwasserquelle des Ortes verschmutzt werden könnte. Zudem liegt in unmittelbarer Nähe ein Naturschutzgebiet. Die Aktivisten fordern auch einen konsequenten Ausstieg aus fossiler Energie, um die Klimaziele zu erreichen.
Unternehmen will alte Bestandsbohrung nutzen
Die "Energieprojekt Lech Kinsau 1 GmbH" gehört zu 80 Prozent der MRH Mineralöl-Rohstoff-Handel GmbH aus Düsseldorf und zu 20 Prozent einer Tochtergesellschaft des kanadischen Energiekonzerns MCF.
Es ist nicht das erste Mal, dass in Reichling gebohrt wird. In den 1980er-Jahren suchte ein US-Unternehmen nach Erdöl, stieß dann allerdings auf das Erdgasvorkommen. Damals war der Gaspreis im Keller und die Förderung nicht lukrativ. Das hat sich im Zuge der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg geändert. Daher soll nun das alte Bohrloch für die neuen Probebohrungen genutzt werden.
Im Video: Streit um Erdgas-Vorkommen in Reichling
Umweltschützer protestieren gegen geplante Gas-Bohrung.
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