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Europawahl: Welche Lehren die Parteien in Bayern ziehen müssen

Europawahl: Welche Lehren die Parteien in Bayern ziehen müssen

Eigentlich kann sich keine der bayerischen Parteien als wahrer Sieger fühlen. Am ehesten dürfte die CSU ihren Ansprüchen gerecht geworden sein. Die übrigen Parteien müssen sich fragen: Waren die Themen und der Ton richtig? Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Morgen am .

Haarscharf an 40 Prozent vorbei. Die CSU beweist bei der Europawahl, dass sie immer noch Volkspartei kann. "Wir sind Wahlgewinner", sagt Spitzenkandidat Manfred Weber. Und weist so freundlich wie unmissverständlich darauf hin, dass die CSU besser abgeschnitten hat als bei der Landtagswahl im Oktober. Markus Söder muss abermals zur Kenntnis nehmen, dass nicht er die CSU zu besten Wahlergebnissen führt. Offenbar war der Europa-Wahlkampf die richtige Mischung aus Ampel-Kritik und Europa-Bejahung.

Harmoniebekundungen von Söder und Merz fruchten nicht wirklich

Beschäftigen muss die CSU: Zwar haben ihre direkten Konkurrenten, die Freien Wähler und auch die AfD, seit der Landtagswahl Stimmen verloren, sie profitiert aber nicht in gleichem Maß davon. Nur 39 Prozent der Deutschen glauben, die Union könne die anstehenden Probleme besser lösen. Das ist nicht allein Problem der CDU, auch die CSU muss das umtreiben. Ebenso, dass nur 44 Prozent an eine gute Zusammenarbeit von CSU und CDU glauben: Die Harmoniebekundungen von Söder ("Wir sind so geschlossen wie nie!") und Friedrich Merz überzeugen offenbar bei weitem nicht alle. Das wäre eine Hypothek für die Bundestagswahl.

Grüne Kernthemen für Wähler nicht mehr so wichtig

Die Verluste für die bayerischen Grünen sind enorm. Ihr Ergebnis reicht nicht mal für eine bayerische Vertreterin im Europaparlament. Mit 11,8 Prozent hat es für Spitzenkandidatin Andrea Wörle nicht gereicht. Die Parteispitze – ratlos. Ganz offensichtlich ist es den Grünen nicht gelungen, die Wählerinnen und Wähler von ihren Themen zu überzeugen.

Nachwahlbefragungen zeigen, dass die Themen Klima und Umwelt den Menschen deutlich weniger wichtig waren als 2019. Dazu dürfte kommen, dass viele unzufrieden mit der Politik der aktuellen Bundesregierung sind. In Bayern stehen die Grünen auf Platz drei: hinter CSU und AfD. Als Signal nach innen und nach außen formulierte die Partei gleich nach der Wahlschlappe: Ihre große Aufgabe, der Kampf für die Demokratie, bleibe bestehen. Der Versuch einer Motivation.

AfD: Zweitstärkste Kraft, aber schwächer als in anderen Bundesländern

Ein kleiner Denkzettel für die Bayern-AfD: Sie erreicht nur 12,6 Prozent in Bayern, bei der Landtagswahl waren es noch 14,7 Prozent. Bundesweit schnitt die Partei nur in den Stadtstaaten und Schleswig-Holstein schlechter ab. Ihr Lichtblick: Die AfD hat auch in Bayern immer mehr Stammwähler. Sie erreicht in einzelnen Landkreisen mehr als 20 Prozent und verdrängt die SPD zunehmend als Arbeiterpartei.

Gut möglich, dass die beiden skandalbehafteten Kandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron für das vergleichsweise nüchterne Europawahl-Ergebnis in Bayern gesorgt haben. Heute wird in Berlin die neue EU-Delegation konstituiert. Im Beisein der Parteichefs wurde Spitzenkandidat Krah ausgeschlossen, Bystron dagegen wurde aufgenommen. Von den 14 künftigen EU-Abgeordneten kommen demnach zwei aus Bayern: Bystron und Markus Buchheit aus dem Landkreis Eichstätt.

Bayern-SPD: Wo sind all die Wähler hin?

Immerhin nicht noch mehr verloren! Das ist die Stimmungslage bei den bayerischen Genossinnen und Genossen. Die Partei verzeichnet im Vergleich zur Europawahl 2019 ein kleines Minus von 0,4 Punkten, kommt auf 8,9 Prozent. Im Vergleich zur desaströsen Landtagswahl 2023 legt sie sogar um einen halben Prozentpunkt zu. Grund zum Schönreden gibt es dennoch nicht. Trotz des, wie Landeschef Florian von Brunn sagt, "beherzten und leidenschaftlichen Wahlkampfs" von Spitzenkandidatin Maria Noichl zieht nurmehr Noichl selbst ins EU-Parlament ein, ein SPD-ler weniger als bisher.

Wenig geholfen haben dürfte, dass im bayerischen Wahlkampf mit Olaf Scholz und Katarina Barley vor allem ein unbeliebter Kanzler und eine blasse bundesweite Spitzenkandidatin plakatiert waren. Um einen Europawahlkampf mehr aus Bayern heraus führen zu können, fehlt den Genossen im Freistaat allerdings mittlerweile das Geld. Und Personal mit Strahlkraft. Ein Beispiel: Im Landkreis Regen stellte die SPD bis zum vergangenen Jahr mit Rita Röhrl sogar eine Landrätin. Bei der Europawahl stimmten dort nur 5,4 Prozent für die Roten. Den größten Zugewinn verzeichnet die AfD. Ihr scheint die SPD zunehmend die Themen zu überlassen, die vor allem die viel zitierten "kleinen Leute" umtreiben.

Freie Wähler: Mehr Sitze, zu wenig für Berlin

6,8 Prozent in Bayern - bundesweit 2,7. Damit freuen sich die Freien Wähler über einen dritten Sitz im Europaparlament. Zufrieden können sie mit dem Ergebnis trotzdem nicht sein. Die Partei und allen voran ihr Chef Hubert Aiwanger haben eine Mission: Bundestag. Mit unter drei Prozent würden die FW den Einzug ins deutsche Parlament jedoch erneut verfehlen. Aiwanger selbst beschwichtigt noch am Wahlabend: "Wir haben noch mehr als ein Jahr Zeit."

Seit mehr als einem Jahr ist er im Dauerwahlkampf und tourt mit scharfen Reden gegen Grüne und Städter durchs Land. Profitiert haben offenbar andere, wie AfD und BSW. Florian Streibl, Fraktionschef im Landtag, rät daher zu weniger schrillen Tönen. Die Freien Wähler sollten lieber ihre eigenen Positionen stärker herausstellen und sich noch klarer zur bürgerlich-liberalen Mitte bekennen. "Bei den Extremen tummeln sich schon zu viele vermeintliche Glücksritter", sagte Streibl zu BR24. Dass sich Aiwanger künftig zurücknimmt, gilt aber als unwahrscheinlich.

Zum Video: Söder sieht Signal an Ampel

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einem gemeinsamen Termin Mitte April.
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Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einem gemeinsamen Termin Mitte April.

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