Ingenieurin Eva Buchta hat ein ressourcenschonendes Frühwarnsystem für Stromnetze entwickelt.
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Ingenieurin Eva Buchta hat ein ressourcenschonendes Frühwarnsystem für Stromnetze entwickelt.
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Frühwarnsystem: Forschen für ein stabiles Stromnetz

Frühwarnsystem: Forschen für ein stabiles Stromnetz

Das Stromnetz für Haushalte kommt immer öfter an seine Grenzen. Forscher suchen nach Lösungen, um mögliche Überlastungen rechtzeitig zu erkennen. Eine Erlanger Wissenschaftlerin arbeitet an einem Frühwarnsystem, das mit wenigen Messpunkten auskommt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

In den lokalen Stromnetzen ändert sich gerade viel: Der Stromverbrauch steigt rapide an, gleichzeitig speisen private Photovoltaikanlagen immer mehr Strom ein. Die Ortsnetze werden also insgesamt stärker beansprucht. Die Bundesnetzagentur geht "von einem erheblichen Anstieg von Grenzwertverletzungen aus". Um dem entgegenzuwirken, hat Siemens-Ingenieurin Eva Buchta ein ressourcenschonendes Frühwarnsystem entwickelt.

Zwei Ebenen des Stromnetzes

Bei den Stromnetzen gibt es zwei Ebenen: die obere und die untere Spannungsebene. Die obere, also die Hochspannung, geht von großen Energieerzeugern wie Kern- oder Kohlekraftwerken aus und landet bei großen Industriebetrieben. Niedrigspannung ist der Strom, der bei den Endverbrauchern aus der Steckdose kommt.

Die obere Spannungsebene ist gut überwacht. Verändert sich der Bedarf, wird das Kraftwerk auf- oder abgedreht. Im lokalen Stromnetz war eine genaue Überwachung lange nicht so wichtig. Denn der Verbrauch ließ sich gut vorhersagen.

Allerdings hat sich die Funktion des Verteilernetzes durch die Energiewende verändert. Laut Bundesforschungsministerium ist rund die Hälfte der Photovoltaikleistung auf unseren Hausdächern installiert und damit an die Niedrigspannung angeschlossen. Dort, wo früher der Strom nur rausging, kommt heute auch welcher rein. Das belastet die Netze massiv, denn dafür sind sie eigentlich nicht ausgelegt.

Wärmepumpe und E-Auto: Stromverbrauch im Haushalt steigt

Und auch der Stromverbrauch der Haushalte steigt enorm. Früher waren die größten Stromverbraucher im Haushalt Geschirrspüler oder Waschmaschinen. Heute sind es Wärmepumpen und E-Autos. "Eine private E-Auto-Ladestation verbraucht zehnmal so viel Strom wie eine Waschmaschine", sagt Buchta. Und vermutlich wird der Stromverbrauch weiterhin stark ansteigen. "Er könnte sich verdoppeln oder sogar verdreifachen", sagt Buchta. Die Menge der erneuerbaren Energien werde sich verfünffachen.

Ein weiteres Problem: Es lässt sich immer schwerer sagen, wann der Strom fließt. Denn wann die E-Autos geladen werden, hängt allein von den Fahrern ab. Und ob die PV-Anlagen viel einspeisen, ist vom Wetter abhängig. Buchta erklärt: "All das macht die Ortsnetze komplizierter."

Stark belastete Leitungen

Doch wenn zu viel Strom durch die Leitungen fließt, werden die erlaubten Grenzwerte verletzt. Das passiert schon jetzt immer öfter, schreibt die Bundesnetzagentur in einem Bericht. Und das ist ein Problem: "Leitungen werden warm und altern schneller. Im schlimmsten Fall brennen sie durch", sagt Buchta. Dann gibt es lokale Stromausfälle und die anderen Leitungen werden stärker belastet.

Um Überlastungen zu vermeiden, können Netzbetreiber Solar- und Windparks abriegeln, aber auch Wärmepumpen oder E-Auto-Ladestationen drosseln. Doch dafür müssen sie genau wissen, was wo im lokalen Netz passiert. Dafür bringen die Betreiber aktuell viele kleine Kontrollpunkte an, um möglichst viele Punkte im Netz zu überwachen. "Allerdings kostet das viel und führt zu einer massiven Datenflut", sagt Buchta.

Forschungsprojekt: Überlastung mit wenigen Messpunkten vorhersehen

Buchtas Team arbeitet mit ein paar wenigen Messpunkten. Ergänzt werden die Informationen mit anderen Daten. "Und die liegen den Netzbetreibern alle schon vor. Man muss sie nur nutzen", sagt Buchta. Also zum Beispiel die Wetterprognose, die Anzahl der E-Autos und Wärmepumpen in einem Ort sowie der Jahresenergieverbrauch der Haushalte. Mit 20 Prozent Messabdeckung könne das Frühwarnsystem so fast alle Ereignisse in Echtzeit abbilden. Zudem schlägt der Algorithmus geeignete Orte für die Kontrollpunkte vor und schickt dem Betreiber im Falle von Überlastungen auch direkt Handlungsempfehlungen.

Algorithmus im Test

Zum Einsatz kommen könnte der Algorithmus irgendwann beim Nürnberger Energieversorger N-Ergie. Pressesprecherin Silke Weiß erklärt: "Der Einsatz eines solchen Frühwarnsystems kann künftig sehr wertvoll sein und zu einer zuverlässigen Stromversorgung beitragen." Und auch Sebastian Wende-von Berg, der beim Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) den Bereich Netzplanung und Netzbetrieb leitet, sagt: "Solche Ansätze sind sehr wertvoll, weil sie ressourcenschonend viel Transparenz bringen." Zwar sei Butcha nicht die Erste, die an einer derartigen Lösung forsche, doch der Vorteil bei der Siemens-Technik könnte der Bezug zur Praxis sein.

Getestet wird der Algorithmus aktuell an einer Modellregion im Allgäu als Pilotprojekt. Als Nächstes läuft der Algorithmus in einem Netz in Kiel. Das Forschungsprojekt befindet sich also auf der Zielgeraden. Dafür hat Buchta von Siemens im vergangenen Jahr den Titel "Forscherin des Jahres" erhalten.

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