Ein Baum in einem Park, dessen Stamm von einem Bewässerungssack umschlossen wird. Diese Bewässerungssäcke schützen die Bäume vor Trockenheit.
Ein Baum in einem Park, dessen Stamm von einem Bewässerungssack umschlossen wird. Diese Bewässerungssäcke schützen die Bäume vor Trockenheit.
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Bewässerungssäcke schützen die Bäume vor Trockenheit (Symbolbild)
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Bewässerungssäcke schützen die Bäume vor Trockenheit (Symbolbild)

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Gegen Trockenstress: Sollten Bürger Bäume gießen?

Gegen Trockenstress: Sollten Bürger Bäume gießen?

Viel Asphalt, wenig Platz: Bäume in der Stadt stehen unter besonderem Stress, wenn es heiß ist. Dabei sind sie extrem wichtig für den Hitzeschutz. Welche Hilfsmaßnahmen sind sinnvoll – und welche Rolle spielen die Bürger dabei?

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Stadtverwaltungen rufen Bürger teilweise gezielt dazu auf, Bäume im Stadtgebiet zu bewässern. "Wer die Möglichkeit hat, möge doch Bäume etwa in unmittelbarer Nähe zur Wohnung oder zum Haus mit Wasser versorgen", bat etwa die Stadt Fürth Anfang Juli [externer Link]. Auch andere Städte haben ähnliche Aufrufe gestartet, beispielsweise Nürnberg [externer Link] und Bamberg [externer Link].

Gleichzeitig forderte der Deutsche Städte- und Gemeindebund Bewässerungsverbote im Freizeitbereich bei Hitze und Dürre. Kommunen sollten bei Wasserarmut das Bewässern von Golf- und Tennisplätzen, aber auch von Gärten für eine begrenzte Zeitspanne untersagen. In manchen Gemeinden war das schon Wirklichkeit.

Fremde Pflanzen wässern, eigene nicht?

Dieser Widerspruch zwischen einem Verbot der Bewässerung des eigenen Gartens und dem Aufruf, Stadtbäume zu gießen, verärgert viele User oder lässt sie ratlos zurück.

So kommentiert beispielsweise ein BR24-User auf Facebook: "Ironie pur: im Garten gießen verboten, aber am Straßenrand erlaubt." Ein anderer schrieb: "Ich soll also im Sommer die Bäume gießen, meine aber nicht, weil es verboten ist zwecks Trinkwasser sparen. (...) Gerade weil bei uns Kahlschlag gemacht wird, um die Mieter mit Erdwärme zu versorgen, werde ich mich hüten, auch nur eine Gießkanne nach draußen zu schleppen."

Andere BR24-Nutzer finden, dass die Bewässerung von Stadtbäumen Aufgabe der Stadtverwaltung sei: "Mal ganz langsam: Weil die Stadt zu unfähig ist, soll ich auf meine Kosten und in meiner freien Zeit Aufgaben übernehmen, für die ich ohnehin Steuern bezahle? Genau mein Humor. Aber da gibt es nur eine Antwort: Nö."

Zuallererst ist die Stadtverwaltung für die Bäume in den Straßen und Parks verantwortlich. Auch für ihre Bewässerung. In Nürnberg erhalten laut Angaben der Stadt über 10.000 Bäume eine sogenannte Hitzewässerung.

Im Landkreis Haßberge gießen Mitarbeiter einmal pro Woche alle neu gepflanzten Bäume. Dafür wurde ein Gießarm an einen Traktor angebaut. Alte Bäume, die bereits Hitzeschäden zeigten, erhielten zusätzliches Wasser. Augsburg bewässert mithilfe von Sensoren, die die Feuchtigkeit zeigen.

Ähnliche Maßnahmen ergreifen viele Städte und Landkreise, zeigen BR24-Anfragen. Doch der Trockenstress für die Bäume in der Stadt bleibt hoch.

Stadtbäume sind besonderem Hitzestress ausgesetzt

Claudia Müller, Baumkontrolleurin und Baumpflegerin der Stadt Germering und zuständig für etwa 7.000 Bäume, sagt: "Ein typischer Stadtbaum ist ein Baum, der von Asphalt umgeben ist. Er hat eine verdichtete Bodenstruktur. Außerdem steht er in der Nähe eines Gebäudes und muss Sonnenstrahlung von unten, von den Seiten und von oben aushalten."

Das seien Stadtbäume nicht gewohnt, da es sich ursprünglich um Baumarten handle, die im Wald zu Hause seien, bestätigt auch Andreas Roloff, Seniorprofessor für Forschung in Baumbiologie am Institut für Forstbotanik an der TU Dresden. "Sie sind es gewohnt, im Bestand zu wachsen, mit Schatten von den Seiten." Deswegen spielt die Pflanzung neuer Arten eine wichtige Rolle.

Ist selbst gießen sinnvoll – und überhaupt machbar?

Auch User, die die Aufrufe, sich zusätzlich zur Stadt selbst um die Bäume in ihrer Straße zu kümmern, nicht grundsätzlich ablehnen, stellen sich doch praktische Fragen. Einer kommentiert zu einem BR24-Instagram-Posting: "Würde ich gerne machen, wohne in einer Allee und man sieht, wie die Bäume langsam verdursten, aber es gibt keine Möglichkeit, an Wasser zu kommen und ich habe halt nur eine fünf Liter Gießkanne für sechs 35 Meter hohe Bäume." Auch andere sind skeptisch: "Mit so einer 10 Liter Kanne kann man dem Baum bestimmt helfen. Super Bild. Wie oft muss man laufen, bis der Baum das spürt?"

"Es ist nicht das Ziel dieser Aktionen, die Bäume zu verwöhnen, sondern ihnen über Stresszeiten hinwegzuhelfen", sagt Andreas Roloff. Man müsse nicht täglich zehn Liter Wasser an den Baum schütten. "Zwei bis drei Gießkannen in der Woche, die helfen schon", sagt er.

Claudia Müller findet die Idee mit den Wassersäcken, wie sie etwa in Fürth praktiziert wird, besonders sinnvoll. Diese Säcke werden rund um den Baumstamm befestigt und dann mit jeweils 80 Litern Wasser gefüllt. Sie geben dieses dann über einen längeren Zeitraum an den Baum ab. "Dann wissen sie ganz genau: Wenn sie eine Gießkanne mit 20 Litern haben, laufen Sie viermal an den Baum." Und dann sei für etwa zwei Wochen auch wieder Ruhe.

Ein Stadtbaum ist wichtiger ist als der Rasen im Garten

Bäume kühlen, spenden Schatten, binden CO₂, reinigen und befeuchten die Luft. Deshalb sind sie in aufgeheizten Städten mit hohen Feinstaubwerten besonders wichtig – auch im Vergleich zu den üblichen Pflanzen in einem privaten Garten: "Eine Narzisse spendet keinen Schatten", sagt Roloff. Blumen und Rasen bedeckten zwar den Boden und schützten ihn dadurch vielleicht vor Austrocknung. Andererseits verbrauchten sie selbst auch Wasser. "Am Ende kommt das da auf null hinaus", so der Wissenschaftler.

Auch Claudia Müller sagt: "Für den Sauerstoff und für die Kühlung ist Rasen absolut nutzlos." Bäume im eigenen Garten sollten natürlich gegossen werden, auch bei Wasserknappheit. Dasselbe gelte für Hecken, wenn sie Wind abhielten, denn dann "bleibt natürlich der Boden da auch viel feuchter", fügt Müller hinzu.

Ein sehr wichtiger Effekt des Aufrufs an Bürger, Bäume zu bewässern, sei aber noch ein ganz anderer: Das Bewusstsein zu stärken, wie wichtig Bäume seien, und die Wertschätzung zu steigern, sagt Roloff.

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