Samstagvormittag in Bergrheinfeld: Cornelia Herzog kniet in einem Acker. Ganz vorsichtig setzt sie Pflänzchen von Zuckererbsen in die dunkle Erde und drückt sie fest. Ein paar Meter weiter schneidet Nadja Drescher Spinat ab. Büschelweise landen die dunkelgrünen Blätter in einem Korb. Es ist Acker-Tag bei der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) Schweinfurt und Umgebung.
Gemüse nicht einfach im Supermarkt kaufen, sondern selbst anbauen
Gemüse kaufen wäre eigentlich einfach: Man geht in den Supermarkt, greift sich das, was im Regal ist. Eine Salat-Gurke für 80 Cent, Tomaten für 1,50 Euro. Doch die Mitglieder der SoLaWi Schweinfurt setzen sich für eine andere Art von Landwirtschaft ein: Sie bauen ihr Gemüse und ihr Obst selbst an – bio, regional und saisonal. Die Kosten tragen sie gemeinsam, die Erzeugnisse teilen sie solidarisch.
Solidarische Landwirtschaft boomt in Deutschland und auch in Bayern
Das Konzept ist auf Erfolgskurs, heißt es vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft. Ende 2024 gab es in Deutschland 473 bestehende SoLaWis, 99 waren in Gründung. In Bayern waren es rund 80 SoLaWis.
SoLaWi Schweinfurt: Von 15 Mitgliedern am Anfang zu 180 heute
Der gemeinnützige Verein in Schweinfurt hat sich vor sechs Jahren gegründet. 15 Menschen waren am Anfang dabei, heute sind es 180. Auf einer Fläche von 0,8 Hektar baut die SoLaWi das ganze Jahr über an, sagt Vorstand Erich Morgenstern. Das entspricht in etwa der Fläche eines normalen Fußball-Felds.
60 verschiedene Gemüse-Sorten wachsen dort: von Kartoffeln und Salaten über Tomaten und Auberginen bis hin zu unbekannten Sorten wie Hischhornwegerich.
Ernte ist abhängig von Jahr und Wetter
Die Herausforderung: "Man bekommt das, was das Jahr oder das Wetter gerade hergibt. Im Winter haben wir viele Kartoffeln, jetzt im Frühling viel Feldsalat oder Spinat. Tomaten gibt es erst, wenn sie im Sommer reif sind", betont Morgenstern. Im einen Jahr gibt es zum Beispiel viel Mangold, im anderen wenig.
Zweimal die Woche wird in Bergrheinfeld geerntet
Bei dem Verein arbeiten ein festangestellter Gärtner und eine Gärtnerin, dazu eine Auszubildende. Die Ernte-Teiler und -Teilerinnen können selbst mitarbeiten, müssen aber nicht. Zweimal die Woche wird geerntet. Die Kisten können sich die Menschen vor Ort abholen – oder in einer der Verteil-Stationen.
Biologischer Anbau steht im Zentrum
Wichtig ist der biologische Anbau: "Dass die Pflanzen natürlich wachsen, dass keine Pestizide zum Einsatz kommen – sondern stattdessen Netze oder nützliche Insekten", so Gärtner Til Brather. Durch Kompost auf dem Boden bildet sich Humus, der den Boden verbessert.
Wie finanziert sich eine solidarische Landwirtschaft?
Bei einer SoLaWi zahlen die Menschen einen festen Betrag im Monat und bekommen dafür Lebensmittel. Allerdings bezahlen sie keine einzelnen Gurken oder andere Produkte – sondern sie finanzieren das ganze Projekt. Dazu gehören die Arbeitskräfte, die Gerätschaften oder die Pacht, so das Netzwerk SoLaWi.
Wichtig sei der Faktor, dass eine Gruppe die Abnahme der Erzeugnisse garantiere und alles vorfinanziere. Sie teilen sich das Risiko, aber dann auch die Ernte.
SoLaWi Schweinfurt: Auch Menschen mit wenig Geld können dabei sein
Bei der SoLaWi Schweinfurt gibt es keine festen Preise: "Man kann bei uns selbst entscheiden, was man zahlt. Der Richtwert für vier Kisten im Monat liegt bei 63 Euro. Wenn aber jemand wenig Geld verdient und nur weniger zahlen kann, muss ein anderer mehr zahlen. In unserer Gemeinschaft funktioniert das gut", so Morgenstern.
Gemeinschaft und andere Art von Landwirtschaft als Motivation
Gemeinschaft und selbst mitarbeiten: Das sind für Cornelia Herzog Faktoren, wieso sie mitmacht: "Ich arbeite viel im Büro. Hier kann ich mit den Händen in der Erde wühlen, mich mit Gleichgesinnten austauschen, gemeinsam essen, etwas lernen." Ihrer Meinung nach würde die herkömmliche Art des Landwirtschaftens Mensch, Tier und Umwelt nicht gut tun.
Konventionelle Landwirtschaft steht immer wieder in der Kritik
Gerade erst hat ein Fall auf einem Bauernhof im Landkreis Rosenheim Schlagzeilen gemacht – wo mehrere Kühe qualvoll verendet sind. Ähnliche Fälle gibt es aktuell immer wieder in Bayern. Die Landwirtschaft steht auch wegen Pestiziden oder Düngemitteln in der Kritik.
Solche Faktoren motivieren Menschen, bei der SoLaWi mitzumachen. Sie wollen sich etwa selbst mit Bio-Produkten versorgen und die Umwelt schützen, heißt es vom SoLaWi-Netzwerk. Dort wo man selbst "mitackert", sei man auch näher am Lebensmittel dran.
- Zur Doku "Unter unserem Himmel": Solidarische Landwirtschaft als Hilfe für Bauernhöfe
Drei Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft Schweinfurt bei der Arbeit auf dem Acker.
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