Grenzpolizist mit "Halt"-Kelle vor einem grünen Flixbus
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Am Walserberg auf der A8 wird schon seit 2015 wieder kontrolliert. Doch andernorts im Grenzgebiet gibt es jetzt erstmal feste Grenzposten.
Bildrechte: BR I Julia Ley
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Am Walserberg auf der A8 wird schon seit 2015 wieder kontrolliert. Doch andernorts im Grenzgebiet gibt es jetzt erstmal feste Grenzposten.

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Großer Aufwand, wenig Wirkung? Was die Grenzkontrollen bringen

Großer Aufwand, wenig Wirkung? Was die Grenzkontrollen bringen

Es war eines der zentralen Wahlkampfversprechen der Union: Asylsuchende direkt an den Grenzen zurückzuweisen. Skeptiker erklärten das angesichts ohnehin sinkender Asylzahlen schon damals zur Symbolpolitik. Wie sieht die Bilanz heute aus?

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Ein Vormittag Mitte Mai am Grenzübergang Walserberg auf der A8. Im Schritttempo fahren die Autos an den Polizisten vorbei. Für Linienbusse, Sprinter und LKW gibt es eine eigene Spur. Bereitschaftspolizist Noah S. ist erst seit ein paar Tagen hier im Einsatz – zur Verstärkung.

Noah S. winkt vor allem Linienbusse, Sprinter und LKW mit ausländischen Kennzeichen raus, schaut, wie sich die Fahrer verhalten: Werden sie nervös? Fangen sie an zu zittern? Auch eine aufgerissene Plane an einem LKW könnte ein Indiz sein: Womöglich sind an einem Rastplatz blinde Passagiere zugestiegen, ohne dass der Fahrer es überhaupt mitbekommen hat.

Bisher musste erst das Dublin-Verfahren durchgeführt werden

Noah S. ist nicht das erste Mal an der Grenze, doch etwas ist diesmal anders: Seit dem sogenannten Dobrindt-Erlass sollen die Grenzpolizisten auch Asylbewerber zurückweisen, wenn diese nicht zu einer vulnerablen Gruppe gehören. Früher haben sie diese an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet - damit dort erstmal geklärt wird, ob Deutschland oder ein anderes EU-Land für den Asylantrag zuständig ist ("Dublin-Verfahren"). Nun können die Beamten Asylsuchende an der Grenze direkt nach Österreich zurückschicken.

Genau das war eines der großen Wahlkampfversprechen der Union. So versprach etwa der heutige Bundeskanzler Friedrich Merz schon im Januar ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle, "die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen".

Bei der Bundespolizei in Freilassing hält man die strengeren Kontrollen für richtig. Schließlich würden damit auch mehr Schleuser und andere Straftäter aufgegriffen, argumentiert Sprecher Jan-Uwe Polte.

Die zusätzlichen Kontrollen in Zahlen

Normalerweise sind 9.800 Beamte an den deutschen Grenzen stationiert. Seit dem 8. Mai sind je nach Lage 3.000 bis 4.000 Beamte zusätzlich im Einsatz – oft in 12-Stunden-Schichten. Was genau das kostet, beziffert die Bundespolizei bisher nicht. Doch einen Anhaltspunkt gibt es: Schon seit Mitte September 2024 gibt es wieder Kontrollen an allen deutschen Grenzen. Bis Ende März, also in gut einem halben Jahr, kosteten diese rund 51 Millionen Euro – für Überstunden, Hotelbetten, Sprit für Einsatzfahrzeuge. Das teilt die Bundesregierung in Antwort auf eine Anfrage der Grünen mit, die dem BR vorliegt.

Bildrechte: Daten: Bundespolizei; Grafik: BR
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Die Einsatzstärke der Bundespolizei an den Grenzen - vor und nach der Verschärfung.

VIDEO: Zurückweisungen von Asylsuchenden - was haben sie gebracht? BR24 vor Ort

Ein Grenzpolizist steht mit Blick auf den entgegenkommenden Verkehr vor einem weißen Zelt für Grenzkontrollen
Bildrechte: BR I Julia Ley I Montage: Luca Piparo, Christoph Gremmer
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Was haben Zurückweisungen an den Grenzen gebracht

Ein immenser Aufwand – personell und finanziell. In der Opposition kritisieren viele die verschärften Kontrollen als Symbolpolitik. Marcel Emmerich etwa, innenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, bezeichnet sie als "ineffizient und unverhältnismäßig".

In vier Wochen 195 Asylsuchende zurückgewiesen

Zudem hatte bereits zwei Wochen nach Beginn der verschärften Kontrollen das Berliner Verwaltungsgericht die Zurückweisungen von drei Asylsuchenden für rechtswidrig erklärt. Die Regierung hält dennoch an der allgemeinen Praxis fest, auch Asylsuchende zurückzuweisen.

Rechtfertigen die Ergebnisse den Aufwand? Mitte Juni legt die Bundespolizei eine Bilanz vor: In den ersten vier Wochen der verschärften Kontrollen haben die Beamten deutschlandweit 3.664 Menschen zurückgewiesen. 195 von ihnen sind Asylsuchende. Alle anderen – vor allem Menschen ohne gültige Papiere, die kein Asyl fordern – hätten die Beamten auch schon vorher an der Grenze abweisen können.

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Vor Verschärfung der Kontrollen wurden in vielen Monaten schon mehr Menschen zurückgewiesen als in den ersten vier Wochen danach.

Bundesinnenministerium: Migrationspolitische Wende eingeleitet

Doch wie blickt man im Bundesinnenministerium jetzt auf diese Bilanz, mehr als sechs Wochen danach? Per E-Mail schreibt ein Sprecher an den BR, die Anfang Juni veröffentlichten Zahlen der Bundespolizei zeigten, dass die Grenzkontrollen wirken. Gleichzeitig gehe die Zahl der Asylanträge weiter zurück. Zusammen mit anderen Maßnahmen werde klar, "dass die migrationspolitische Wende eingeleitet ist".

Transparenzhinweis: In einer früheren Fassung des Textes und Videos hieß es, dass auch Personen mit Haftbefehl zurückgewiesen werden. Dies haben wir nicht eindeutig genug differenziert. Daher haben wir die Passage am 4. Juli, 10.20 Uhr angepasst.

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