Schweinfurt steht vor einer finanziellen Zerreißprobe. Die Regierung von Unterfranken hat den Haushalt der Stadt zwar genehmigt, jedoch unter strengen Auflagen. Die Stadt muss ihre Rücklage vollständig aufbrauchen. Das Kreditaufnahmevolumen wurde drastisch reduziert – auf maximal 15 Millionen Euro. Für jede darüberhinausgehende Kreditaufnahme sind Einzelgenehmigungen erforderlich.
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Stadt streicht Kulturforum und Parkanlage
"Wir werden viele Projekte auf Eis legen", sagte Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) gegenüber BR24. Darunter all diejenigen, die, wie er sagt, "eine Stadt eigentlich lebenswert machen", zum Beispiel die Erschaffung einer Park- und Grünanlage. Oder die Sanierung alter Renaissancegebäude sowie die Neueinrichtung eines Stadtmuseums mit einem Kulturforum - "alles Dinge, die eine Stadt auch anziehend machen", so Remelé.
Einsparungen und Haushaltssperre
Um den Haushalt zu stabilisieren, hat Remelé eine Haushaltssperre verhängt. Dies bedeutet, dass die Stadt im Bereich der Sach- und Dienstleistungsaufwendungen 20 Prozent einsparen muss. So soll gewährleistet werden, dass die Finanzierung der Pflichtaufgaben, wie Personalaufwendungen und Sozialausgaben, sichergestellt wird.
Stadtrat bewilligte Millionen-Zuschuss für Stadion-Ausbau
Erst Ende April genehmigte der Schweinfurter Stadtrat allerdings einen Millionenzuschuss für den Fußball. Das Gremium gab dem Ausbau des Sachs-Stadions grünes Licht und bewilligte einen Zuschuss in Höhe von 3,62 Millionen Euro. Der Grund: Der 1. FC Schweinfurt 05 stieg vielumjubelt in die Dritte Liga auf und muss für die Lizenz Auflagen erfüllen. Dazu zählen besseres Flutlicht, Medienarbeitsplätze und vor allem eine Rasenheizung für das Sachs-Stadion.
"Mit dieser Haushaltsgenehmigung ist ein 'Weiter so' nicht möglich", sagt Remelé BR24 jetzt. "Vielmehr müssen nun weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden, zusätzliche Einsparungen vorzunehmen bzw. zusätzliche Erträge zu generieren."
Finanzielle Lage bayerischer Kommunen
Die angespannte Finanzlage betrifft nicht nur Schweinfurt. Laut dem Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags, Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU), werde die finanzielle Lage für Bayerns Städte und Gemeinden immer bedrohlicher.
"Die Grenzen der Leistungsfähigkeit" seien erreicht, resümiert Pannermayr auf dem Bayerischen Städtetag Anfang Juli in Würzburg. Kosten steigen, Einnahmen der Kommunen stagnieren. "Da macht sich eine Schere auf, die wir als Schieflage bezeichnen", sagte der Oberbürgermeister. Auch der Finanzreport 2025 der Bertelsmann Stiftung weist auf das hohe Defizit der bayerischen Kommunen von 5,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr hin.
Ein "Klimadorf"? Gestrichen
Bereits im Mai hatte der Schweinfurter Stadtrat ein 51-Punkte-Paket mit einem Volumen von 21,6 Millionen Euro verabschiedet, um Ausgaben einzusparen. Zusätzlich müssen ab den kommenden Haushalten jeweils 15 Millionen Euro eingespart werden. Geplante Projekte wie das "Klimadorf" im ehemaligen US-Wohngebiet Yorktown-Village und die Sanierung der einstigen Panzerhalle wurden gestrichen. Der Gewerbesteuer-Hebesatz wurde erhöht und die Stadträte verzichteten auf eine Erhöhung ihrer Aufwandsentschädigungen.
Ursachen der Finanzkrise
Die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, hohe Stromkosten und Netzentgelte sowie die Krise in der Automobilzulieferer-Industrie haben die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt deutlich reduziert. Und das in einer Zeit, in der auch die Schweinfurter Großindustrie nicht aus den negativen Schlagzeilen kommt. Sowohl beim Automobilzulieferer ZF als auch bei SKF drohen tausende Arbeitsplätze wegzufallen.
Die einst satte Rücklage von über 120 Millionen Euro der Stadt Schweinfurt wird voraussichtlich Ende des Jahres aufgezehrt sein. Der Stadtrat wird sich im September zu einer weiteren Klausurtagung zusammensetzen, um Lösungen für die finanzielle Misere zu finden.
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