Rettungsübung in der Bismarckgrotte
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Höhlenunglück: So üben Rettungsteams für den Ernstfall

Höhlenunglück: So üben Rettungsteams für den Ernstfall

Kalt, dunkel, eng: In einer Höhle ist es besonders herausfordernd, Verletze zu finden, zu versorgen und herauszuholen. Deshalb haben Rettungsteams aus ganz Deutschland bei einer Großübung in der Frankenalb für den Notfall geprobt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Eine Jugendgruppe ist von einem Ausflug in die Bismarckgrotte nicht zurückgekehrt und wird als vermisst gemeldet. Daraufhin wird die Rettungskette in Gang gesetzt und spezialisierte Höhlenretterinnen und -retter verschiedener Organisationen rücken an. "Dieses Übungs-Szenario ist sehr realistisch, denn die Bismarckgrotte in der Frankenalb ist generell bei Gruppen beliebt", sagt Übungsleiter Nils Bräunig von der Bergwacht Pottenstein. Seit einem halben Jahr hat er die Großübung geplant, zu der Rettungsteams aus Nord- und Südbayern, Thüringen, Sachsen, NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg angereist sind.

Schwierige Suche nach den Vermissten

Als Erster seilt sich Rettungsleiter Axel Topp von der Bergwacht Nürnberg mit weiteren Kameraden in die Bismarckgrotte ab. In der 52 Meter tiefen und über einen Kilometer langen Höhle suchen sie nach den vermissten Jugendleitern und einem Dutzend Mädchen und Jungen. Zunächst finden sie einen abgestürzten und schwer verletzten Betreuer, der sich nicht mehr bewegen kann. Auch eine Jugendleiterin hat anscheinend ein Schädel-Hirntrauma erlitten, sodass beide medizinisch erstversorgt und auf einer Trage durch die engen Felsspalten und mittels Seilzugs durch einen acht Meter tiefen Schacht hoch ans Tageslicht gebracht werden müssen. Die Jugendlichen sind in der Höhle verstreut und die letzten werden erst nach Stunden gefunden: Unterkühlt und verängstigt, aber weitestgehend unverletzt.

Kommunikation unter der Erde besonders schwierig

Für einen solchen Rettungseinsatz braucht es sehr viel Manpower, sowohl vor der Höhle als auch unter der Erde: Höhlenretter, Notfallsanitäter, Ärzte, Funker, Abschnittsleiter und viele mehr. Sehr herausfordernd ist die Kommunikation in Höhlen, denn dort bestehen meist weder Sichtkontakt noch Mobilfunk. Deshalb werden Nachrichten über Boten, sogenannte Laufposten, weitergegeben und ein Telefonkabel verlegt. Draußen vor dem Höhleneingang erfolgt die Verständigung per Funk. Abschnittsleiter Carsten Wimmer von der Bergwacht Fürth weist die Rettungsteams ein, die nach und nach ankommen. Die Höhlenretter aus Sachsen schickt er zum Nordeingang der Bismarckgrotte. Von dort sollen sie in Richtung Teufelshalle nach fünf Jugendlichen suchen.

Großübung alle zwei Jahre

"Eine Höhle ist eine ganz eigene Welt und man sieht von außen nicht, was dort drinnen passiert", sagt Nils Bräunig. So eine große Übung mit insgesamt rund hundert Retterinnen und Rettern findet seitens der Bergwacht Bayern alle zwei Jahre statt. "Das ist wichtig, damit sich die Mannschaften aus mehreren Bundesländern kennenlernen und das Zusammenspiel verschiedener Organisationen abgestimmt werden kann." Denn Höhlenretterinnen und Höhlenretter gibt es bei der Bergwacht, der Feuerwehr und verschiedenen Höhlenrettungs-Vereinen. Die Einsatzzahlen liegen in Bayern jährlich zwar nur im einstelligen Bereich. Doch wenn in einer Höhle ein Unglück passiert, dann ist die Rettung meist aufwendig – vom Suchen über medizinische Erstversorgung und Stabilisierung bis zum Transport nach draußen. An besonders engen Durchgängen kann es sein, dass die Höhlenretter den Felsen bearbeiten müssen, um die Patienten auf einer Trage hindurchzubringen.

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Johanna Bartos von der Bergwacht München ist fasziniert von den Landschaften unter der Erde und engagiert sich als Höhlenretterin.

Spezialistenausbildung und mentale Stärke

Johanna Bartos von der Bergwacht München ist von der unterirdischen Welt in Höhlen begeistert und erkundet sie schon seit ihrer Jugend. Deshalb hat sie sich auch für die Spezialistenausbildung Höhlenrettung bei der Bergwacht Bayern entschieden, um anderen im Notfall helfen zu können, die sich genauso gerne zwischen bizarren Felsenformationen, Sinterwänden, Stalagmiten und Stalaktiten bewegen. "Als Höhlenretterin braucht man viel Knowhow von Seiltechnik bis medizinische Erstversorgung, aber auch mentale Stärke. Denn manche Rettungseinsätze wie beispielsweise in der Riesendinghöhle vor einigen Jahren dauern sehr lange. Das verlangt gutes Durchhaltevermögen", sagt sie. Bei einem Einsatz in der Mühlbachquellhöhle musste sie einen toten Kameraden bergen, "das war sehr belastend."

Seelischer Beistand für Einsatzkräfte und Betroffene

Nicht nur in solchen dramatischen Fällen stehen die Teams der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) den Einsatzkräften, als auch den Betroffenen zur Seite. Auch die Jugendlichen erhalten seelischen Beistand, nachdem sie aus der Bismarckgrotte hochgezogen worden sind. Markus Kölbl, Regionalgruppenleiter PSNV Bayerwald, reicht Tee und warme Decken und spricht mit ihnen, hört zu. "Die Kinder brauchen Beistand in einer solchen Ausnahmesituation und bis die Eltern eintreffen, sind wir für sie da", erklärt er. Glücklicherweise ist dies für alle eine Probensituation, die aber nicht minder anstrengend ist. Nach rund acht Stunden wird die Höhlenrettungsübung in der Bismarckgrotte beendet. Das Fazit des Rettungsleiters lautet: "Alle Vermissten wurden gerettet. Die ehrenamtlichen Teams sind gut gerüstet."

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