Wer in Italien seine Kippe achtlos aus dem Autofenster wirft, kann seit Mitte August mit über 1.000 Euro Bußgeld bestraft werden. Illegale Hausratsentsorgung, zum Beispiel an Autobahnrastplätzen, kann bis zu 18.000 Euro kosten und Müllvergehen in Naturschutzgebieten können in Italien jetzt sogar Haftstrafen zur Folge haben. Das Land will damit konsequenter gegen zugemüllte Gebiete und Straßen vorgehen.
Besonders viel Müll liegt auf den Parkplätzen der A9
Wie ist die Situation auf Bayerns Straßen? Um uns davon ein Bild zu machen, waren wir mit Streckenwart Daniel Thielmann von der Autobahnmeisterei München-Nord auf der A9 unterwegs. Er und seine Kollegen sind nicht nur für die Grün- und Schilderpflege entlang der Autobahnen zuständig, sie kontrollieren im Schichtdienst auch mindestens einmal am Tag alle Park- und Rastplätze von München bis zum Autobahnkreuz Holledau.
Das ist besonders wichtig, denn wie die "Autobahn Südbayern" auf BR-Anfrage mitteilte, sei Müll an Autobahnen ein zunehmendes Problem. Pro Jahr würden rund 4,3 Millionen Euro Entsorgungskosten anfallen. Auf den Parkplätzen liege pro Jahr rund 7.000 Tonnen Müll und an den Straßenrändern rund 400 Tonnen, der mühsam von Hand durch die Autobahnmeistereien eingesammelt werden müsse.
Die Autobahnen mit dem größten Müllaufkommen in Südbayern seien die A9 Ingolstadt – München, der Autobahnring A99 und die A8-Ost von München nach Salzburg. Besonders viel Müll liege an den Parkplätzen und Anschlussstellen.
Müll illegal abgeladen und Belege mit EC-Kartendaten hinterlassen
Auf der Kontrollfahrt mit Daniel Thielmann, der sich selbst als "Hausmeister der Autobahn" bezeichnet, entdecken wir gleich beim zweiten angefahrenen Rastplatz einen großen Müllhaufen bei der Einfahrt: Jemand hat seinen Hausrat entsorgt und direkt neben dem Parkplatz einen alten Gartenstuhl, Schubladen, Kartons und ein Paar Schuhe abgeladen. Der Streckenwart macht Fotos zur Dokumentation und durchsucht den Müllhaufen dann genauer. Hinweise auf die Besitzer gibt es nicht, wie in den meisten Fällen.
Doch nur ein paar Meter weiter, schräg gegenüber, liegt ein weiterer Müllhaufen im Gras: Ein riesiger Karton für einen Flachbild-Fernseher, ein Duschkopf, Verpackungsmaterial und zerbrochene Teller. Offenbar hat hier jemand seinen Umzugsmüll abgeladen. Wieder durchsucht Daniel Thielmann den Müll und tief in einer Kiste findet er etwas Aufschlussreiches: Zerknüllte Einkaufsbelege mit EC-Kartendaten. Daniel Thielmann sammelt sie ein und macht wieder einige Fotos. "Jetzt kann man das Ganze zur Anzeige bringen, weil man dann nachforschen kann, wem es gehört hat", erklärt er.
Bußgelder in Bayern eher milde
Wer in Bayern Zigarettenkippen oder Kaugummi achtlos aus dem Fenster wirft und dabei erwischt oder von anderen angezeigt wird, kommt im Vergleich zu den neuen Strafen in Italien eher milde davon: Der Bußgeldkatalog sieht für das Wegwerfen von kleinerem Hausmüll ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro als Regelsatz vor, für eine Flasche rund 35 Euro. Auch im Vergleich zu den anderen Bundesländern kommen Automüllsünder in Bayern mit diesen Strafen recht günstig weg (siehe Grafik unten).
Das illegale Abladen von Sperrmüll oder größeren Abfällen, wie in den beiden Fällen auf der A9, kann ein Bußgeld von mehreren tausend Euro zur Folge haben. "Der Bußgeldkatalog sieht für das nicht ordnungsgemäße Wegwerfen von Sperrmüll je nach Umfang und Menge als Regelsatz bis zu 2.500 Euro vor", teilt dazu das Umweltministerium auf BR-Anfrage mit. Die genaue Höhe setze die zuständige Behörde allerdings anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls fest.
Grafik: Beispiele für Bußgelder im deutschlandweiten Vergleich
Bund Naturschutz: Schädlich für Mensch und Tier
Müllberge am Straßenrand oder Rastplätzen neben den Tonnen sind nicht nur ärgerlich, sondern auch schädlich für Tier und Natur. "Man hat ja auch, wenn man Vögel obduziert, sehr viel Unrat. Die können dann oftmals nicht unterscheiden, ob das gutes Futter ist oder Müll", erklärt Annemarie Räder vom Bund Naturschutz. Hinzu kommt, dass der Müll selbst - wie beispielsweise der Filter von Zigarettenstummeln, die viele giftige und schwer abbaubare Chemikalien enthalten - massiv schädlich für die Umwelt ist und Böden und Gewässer verschmutzen.
Annemarie Räder vom Bund Naturschutz und alle Passantinnen und Passanten, die wir zu diesem Thema befragen, sprechen sich deshalb für höhere Bußgelder für Müllsünder aus. "Nur übers Geld lernen sie es!", meint beispielsweise ein Autofahrer. Ein anderer gibt zu bedenken: "Aber wer soll das denn dann kontrollieren"?
Im Audio: Mit der Autobahnmeisterei Müllsündern auf der Spur
Daniel Thielmann von der Autobahnmeisterei fotografiert Einkaufsbelege mit EC-Kartendaten.
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