Eine Maschine in der Produktion beim Automobilzulieferer ZF
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Eine E-Achse durchläuft ein Prüfverfahren beim Automobilzulieferer ZF
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Industriestadt in der Krise: Wie geht es weiter in Schweinfurt?

Industriestadt in der Krise: Wie geht es weiter in Schweinfurt?

Die Wirtschaftslage in Deutschland ist angespannt – doch Schweinfurt trifft es besonders hart. Die Stadt lebt von der Großindustrie wie kaum eine zweite, etwa 6.000 Arbeitsplätze sind aktuell in Gefahr. Wie kann es weitergehen?

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

ZF beschließt eine Arbeitszeitsenkung, bei SKF könnten mehr als 1.000 Arbeitsplätze wegfallen, bei Schaeffler ist ein Stellenabbau bereits beschlossen: Die Schlagzeilen in Schweinfurt überschlagen sich in diesem Sommer. Die Großindustrie steckt in der Krise. Sinkende Absatzzahlen bei den großen deutschen Autobauern wirken sich auch auf die Zulieferer aus. Hinzu kommen schwache Umsatzzahlen im Bereich Elektromobilität und Windkraft.

6.000 Stellen in der Schwebe: "Fühlt sich an wie ein Erdrutsch"

Die wichtigsten Arbeitgeber in Schweinfurt sind in der Automobilbranche zu finden. ZF, Schaeffler, SKF, Bosch Rexroth – doch sie alle straucheln. "Es fühlt sich an wie ein Erdrutsch", so Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Schweinfurt. "Und wir machen uns nichts vor: Es wird weniger Arbeitsplätze in Schweinfurt in der Industrie geben."

Einer Hochrechnung der Arbeitnehmervertretung zufolge könnten bei ZF bis zu 4.000 Stellen in Gefahr sein, bei SKF bis zu 1.300. Bei Schaeffler werden 590 Stellen sicher abgebaut, etwa 100 sollen neu entstehen. Bosch Rexroth will 160 Arbeitsplätze in Schweinfurt streichen.

Im Video: Welche Zukunft hat die Industrie in Schweinfurt?

Tausende Jobs in Schweinfurt stehen auf der Kippe. Auch Dieter Manske, Ingenieur bei ZF, macht sich Sorgen.
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Tausende Jobs in Schweinfurt stehen auf der Kippe. Auch Dieter Manske, Ingenieur bei ZF, macht sich Sorgen.

Mehr Arbeitsplätze als Einwohner: Abhängig von der Großindustrie

Dabei spielt die Industrie in Schweinfurt eine entscheidende Rolle. Rund 54.000 Einwohner hat die Stadt. Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gibt es sogar noch ein paar mehr, über 20.000 davon in der Großindustrie. Und an jedem dieser Arbeitsplätze hingen weitere, warnt Anna Barbara Keck, Wirtschaftsreferentin der Stadt Schweinfurt.

Neben der Großindustrie habe sich auch eine Zuliefererindustrie im Mittelstand gebildet. "Da müssen wir aufpassen, dass der Mittelstand uns nicht auch noch wegbricht", so Keck. Die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Bereich sind für die Stadt eine wichtige Einnahmequelle. Denn Schweinfurt muss sparen, der aktuelle Haushalt wurde nur unter hohen Auflagen genehmigt.

ZF: Kursfestlegung bis Ende September

Wie drastisch es wirklich kommt, entscheidet sich vor allem durch die Frage, welche Produkte auch künftig vor Ort hergestellt werden und was man auslagert oder zukauft. Der Automobilzulieferer ZF will dazu bis Ende September in Gesprächen mit Betriebsrat und IG Metall einen Kurs festlegen. Standortleiter Martin Mönig gibt keine Entwarnung, beteuert aber das Interesse, den Standort zu halten.

Der Schwerpunkt in Schweinfurt liegt in der sogenannten Division E, in der unter anderem Achsen für E-Autos gefertigt werden. Die Absatzzahlen hier sind niedrig. Die IG Metall warnt nun davor, Produktionen wegen geringfügig höherer Margen ins Ausland zu verlagern: "Was man jetzt weggibt, das kriegt man nie wieder zurück", so Höhn.

"Ich mache mir größere Sorgen, was passieren könnte"

Einer der Mitarbeiter bei ZF ist Dieter Manske, seit 25 Jahren ist er in Schweinfurt als Ingenieur tätig. Genau wie der Rest der dortigen Belegschaft arbeitet er seit dem 1. September mit verkürzter Arbeitszeit – für weniger Lohn. "Wenn ich dadurch irgendjemandem den Arbeitsplatz rette, ist das in Ordnung", so Manske. Er fordert nun von der Geschäftsführung, dass sie sich im Gegenzug auch loyal gegenüber der Beschäftigten zeigt.

Als Hauptverdiener in der Familie sorgt Manske auch für zwei Töchter, die noch zur Schule gehen, später vielleicht studieren. "Das hängt halt alles mit dran", so Manske. "Und da mache ich mir schon größere Sorgen, was passieren könnte."

Neue Geschäftsfelder: Zukunft in der Rüstungsbranche?

In Zukunft wird es in Schweinfurt darum gehen, sich breiter aufzustellen und vielleicht auch neue Geschäftsfelder zu erschließen. Immer wieder ist dabei auch die Rüstungsindustrie im Gespräch. Schaeffler gibt an, zu prüfen, ob sich ein größerer Einstieg in die Verteidigungsindustrie lohnt und auch ZF sieht Potenzial in der Branche.

Im aktuell laufenden Zielbildprozess bei ZF soll es genau um diese Fragen gehen. Standortleiter Mönig betont, dass dabei unterschiedliche Ansätze verfolgt werden. Vor allem auf den Kompetenzen, die ohnehin am Standort vorhanden sind, will man weiter aufbauen. Hier gebe es beispielsweise im Bereich Kühlung in der E-Mobilität spannende Entwicklungsbereiche.

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