Beim Automobilzulieferer ZF arbeiten am Standort Schweinfurt rund 8.600 Menschen – etwa 5.900 davon in der Division für Elektromobilität. Hier sollen etliche Stellen gestrichen werden. Es wird befürchtet, dass Tausende Arbeitsplätze wegfallen könnten.
"Jedes Werk muss profitabel sein": ZF will schnell handeln
Momentan verhandeln das Unternehmen, der Betriebsrat und Vertreter der IG Metall nach Informationen von ZF in Schweinfurt bereits darüber, wie viele Stellen konkret hier abgebaut werden sollen.
Holger Klein, der ZF-Vorstandsvorsitzende, bekräftigte bei der Halbjahrespressekonferenz Ende Juli, dass für die Profitabilität der Firma - mit über zehn Milliarden Euro Schulden - Arbeitsplatzabbau dringend nötig sei. Jedes Werk müsse profitabel sein.
"Der Sturm hält nicht nur an, er hat sich nochmals weiter verstärkt. Wir werden deshalb unseren Restrukturierungskurs beschleunigen und intensivieren müssen. Denn, wenn wir jetzt nicht weiter gegensteuern, dann stehen noch viel mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel. Daher braucht es jetzt schnelles Handeln." Holger Klein, ZF-Vorstandsvorsitzender
Betriebsrat spricht von "Kahlschlag"
Laut dem Gesamtbetriebsrat ist nach der entscheidenden Aufsichtsratssitzung ein - so wörtlich - Kahlschlag geplant. Thomas Höhn, der Erste Bevollmächtige der IG Metall in Schweinfurt, sagte zu BR24: "Die strategische Planung, die ja offensichtlich beschlossen ist - mit den Restrukturierungen - da gehen wir davon aus, dass zwischen drei- und viertausend - genau kann man es noch nicht nennen - vom Abbau bedroht sind. In einem Zeitraum bis 2030."
Oliver Moll, der Betriebsratsvorsitzende von ZF in Schweinfurt, schildete Ende Juli eine Bandbreite von Abbauszenarien, die vom Unternehmen vorgelegt worden sein sollen. Wörtlich sagte er zu BR24: "Von den Szenarien, die uns bekannt sind, müssen wir von einer Range ausgehen - im mildesten Fall 800 bis 1.000 - aber es könnten auch 4.000 werden. Das hängt jetzt davon ab, welche Szenarien verfolgt werden."
Vorschläge zum Kostensparen aus der Belegschaft
Rund 200 Schweinfurter ZF-Mitarbeitende haben laut IG Metall und Betriebsrat bereits Vorschläge für Kosteneinsparungsmöglichkeiten vorgelegt.
"Da können wir dagegenhalten. Wir haben Ideen, Produkte wieder wettbewerbsfähiger zu machen, respektive die Prozesse, die da dazugehören, dementsprechend schlanker aufzustellen." Oliver Moll, ZF-Betriebsratsvorsitzender in Schweinfurt
Das Unternehmen hat laut Moll zwischen Anfang Dezember 2024 und Ende Juni 2025 rund 20 Millionen Euro durch die Arbeitszeitabsenkung von 35 auf 32,5 Stunden in der Woche gespart. Um Druck auf die Verhandlungen auszuüben, haben Betriebsrat und IG Metall einer vom Unternehmen gewünschten Verlängerung der Arbeitszeitabsenkung über den 30. Juni hinaus nicht zugestimmt.
Suche nach wirtschaftlichem Compagnon
ZF will sich für den Bereich Elektromobilität einen Partner suchen und künftig abwägen, welche Produkte man weiter selbst fertigt oder möglicherweise aus dem billigeren Ausland zukauft. Laut ZF-Vorstandsvorsitzenden Klein erwirtschaftete der Bereich nach langen Verlustperioden im ersten halben Jahr 2025 eine "schwarze Null".
Oliver Moll fordert, dass der Bereich Forschung und Entwicklung auf jeden Fall in Schweinfurt bleibt: "Weil es geht nicht nur um Beschäftigung heute und Profitabilität heute, es geht auch um die Beschäftigung von morgen und übermorgen. Und die Rentabilität muss da ja ebenfalls gewährleistet sein. Das geht nur mit der besten Technologie und der besten Mannschaft dazu", so Moll zu BR24.
Angst unter der Belegschaft
Wegen der Angst um Arbeitsplatzabbau gab es große Protestkundgebungen an ZF-Standorten – unter anderem in Schweinfurt. Mitarbeiter vor dem Werkstor sagten zu BR24, dass die Stimmung unter den Beschäftigten "auf dem Tiefpunkt" sei. "Die Unsicherheit" würde sich auf die ganze Region ausbreiten. Bis spätestens zum 30. September sollen die Verhandlungen in Sachen Arbeitsplatzabbau abgeschlossen sein.
Zahlreiche ZF-Standorte im Freistaat
Den ZF-Standort Schweinfurt gibt es - unter verschiedenen Vorgängereigentümern - seit fast 130 Jahren. Hier werden neben Elektromotoren für die Automobilindustrie unter anderem Lkw- und Eisenbahn-Dämpfungstechnik oder auch Schnell-Ladesysteme für Porsche produziert.
In Nürnberg soll die Belegschaft bis 2030 von rund 1.000 auf circa 300 Beschäftigte reduziert werden. In Auerbach könnte es demnach rund 1.500 Jobs, in Thyrnau rund 650 und in Bayreuth rund 250 Arbeitsplätze betreffen.
ZF-Standorte in Bayern gibt es noch in Passau, Ingolstadt und Aschaffenburg. In ganz Bayern arbeiten rund 9.000 Menschen bei ZF.
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