Bild von Gärtner mit der Heckenschere
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Christian Stark, von Gartenbau Starnberg, ist überzeugt: Rentner sind oft die besseren Aushilfen.

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Job statt Ruhestand: Warum Senioren immer wichtiger werden

Job statt Ruhestand: Warum Senioren immer wichtiger werden

Bis 2036 geht fast ein Drittel der Erwerbstätigen in Rente – es fehlen Nachwuchskräfte. Der demografische Wandel zeigt sich vor allem in der Alterung der Babyboomer. Ein Starnberger Gartenbetrieb macht deutlich, wie wertvoll ältere Mitarbeiter sind.

Bis 2036 geht fast ein Drittel der Erwerbstätigen in Rente – doch der Nachwuchs fehlt. Der demografische Wandel zeigt sich vor allem durch die Alterung der geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1970 spürbar. Eine bayernweite Plattform will deshalb Rentner und Arbeitgeber gezielt zusammenbringen. In Starnberg zeigt ein Gartenbetrieb, wie wertvoll ältere Mitarbeitende sein können. Viele müssen auch arbeiten, denn die Altersarmut wächst.

Hartmut Hiller steht in Gummistiefeln im Garten eines Einfamilienhauses bei Starnberg. Hecke schneiden, Rasen mähen – rund zweimal die Woche. Der 71-Jährige ist Rentner und arbeitet auf Minijob-Basis. Nicht nur, weil er sich gerne bewegt: "Die Rente ist knapp. Und ich wollte nicht einfach nur rumsitzen." Durch den Job kann er sich kleine Extras leisten – etwa den Besuch bei den Enkeln in Norwegen.

Altersarmut wächst – besonders bei Frauen

Tatsächlich sind finanzielle Gründe häufig entscheidend: Die Altersarmut steigt. Im Freistaat sind nach Angaben des Arbeiterwohlfahrt Landesverbands Bayern rund 21 Prozent der Menschen über 65 Jahren von Armut bedroht. Gerade Frauen betrifft Altersarmut: Jede Vierte ist armutsgefährdet. "Nicht nur an Bayerns Tafeln wird es immer voller", sagt die Vizepräsidentin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern, Verena Di Pasquale. Immer mehr Menschen beantragen Grundsicherung im Alter.

Dass Ältere gebraucht werden, zeigt auch der Gartenbaubetrieb "Garten Starnberg". Dort arbeiten fast nur noch Rentner wie Hiller – ganz bewusst. Der Firmenchef sagt: "Die sind zuverlässig, freundlich, bringen Erfahrung mit und passen super zu unserer älteren Kundschaft." Für ihn sind sie oft die besseren Aushilfen. Wichtig seien flexible Arbeitszeiten und körperlich machbare Aufgaben. Inzwischen sind in Bayern bereits 160.000 Menschen im Rentenalter sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

vbw fordert: Rentner länger einbinden

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), fordert eine stärkere Einbindung älterer Fachkräfte: "Wir laufen in die demografische Falle. Es braucht Menschen, die auch nach dem Renteneintritt weiterarbeiten – freiwillig, mit fairen Modellen." Wissen und Erfahrung dürften nicht verloren gehen. Besonders im Bereich Logistik oder Lagerhaltung gebe es bereits heute große Engpässe – Rentner könnten dort helfen, die Lücke zu schließen.

Um Angebot und Nachfrage zu verknüpfen, gibt es Plattformen wie "Talente in Rente" – ein Projekt des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft. Hier können sich Rentnerinnen und Rentner registrieren und gezielt nach Nebenjobs suchen. Auch Angelika Gradl, 71 Jahre alt, fand so zur Gartenarbeit in Starnberg. Sie war früher Pflegekraft, jetzt ist sie mit Heckenschere und Harke unterwegs: "Dass ich draußen bin, mich bewege und gebraucht werde – das tut mir einfach gut."

Arbeit gibt Struktur – und Wertschätzung

Für viele Seniorinnen und Senioren geht es nicht nur ums Geld. Arbeit gibt ihnen Struktur, Sinn – und das Gefühl, noch gebraucht zu werden. "Solange ich kann, mache ich weiter", sagt Hartmut Hiller. Die Arbeit hält ihn fit – und das Team ist für ihn wie eine zweite Familie.

Viele Städte und Gemeinden in Bayern stehen vor der Frage, wie sie nachhaltige ehrenamtliche Strukturen schaffen können – besonders mit Blick auf die Babyboomer-Generation, die zunehmend Zeit und Erfahrung mitbringt. Doch es fehlt oft an barrierefreier Infrastruktur, an hauptamtlicher Freiwilligenkoordination und an digitaler Zugänglichkeit, etwa bei Online-Vermittlungsplattformen. In Fürth betont die Stadtverwaltung, dass es zwar unzählige Formen von Engagement gibt – von Diakonie bis Caritas, aber gerade neue, niederschwellige Formen des Ehrenamts stärker unterstützt werden müssten.

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