In der JVA-Gablingen wurden auch Untersuchungshäftlinge in sogenannten "besonders gesicherten Hafträumen" (BgH) untergebracht – also Gefangene, die noch nicht rechtskräftig verurteilt wurden. Das bestätigte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Justizausschuss des Bayerischen Landtags nach Anfrage eines AfD-Abgeordneten.
Zudem sei in der JVA Gablingen die Zahl der Unterbringung von Häftlingen in diesen Hafträumen deutlich angestiegen. 2022 habe es in Gablingen 59 Unterbringungen in den Keller-Zellen gegeben, 2023 seien es dann 126 gewesen, so Eisenreich.
Mehr Häftlinge im Keller, mehr Beschwerden
2023 hatte die vor allem in der Kritik stehende stellvertretende Leiterin ihren Dienst begonnen. Die berichtspflichtige Unterbringung von Gefangenen in BgH-Zellen, gemeint ist damit die Unterbringung von mehr als drei Tagen, habe sich verdoppelt. Unterschrieben worden seien diese Anordnungen auf Seiten der JVA von der damaligen Leiterin oder der stellvertretenden Leiterin. Auch die Zahl der Beschwerden sei nach Dienstbeginn der inzwischen mit einem Betretungsverbots belegten stellvertretende Leiterin der JVA stark angestiegen, und zwar von 17 auf 47.
Was jetzt untersucht wird
Bezogen auf die inzwischen freigestellte Leiterin der JVA erklärte Eisenreich, dass gegen sie "verwaltungsrechtliche Ermittlungen" laufen wegen der Nutzung von Home-Office-Zeiten. Nach Abschluss dieser Untersuchung werde über ein Disziplinarverfahren entschieden. Eisenreich kündigte an, im Strafvollzug auf die Vorwürfe zu reagieren. So werde das IT-Tool für die Meldung von BgH-Haft ans Ministerium verschärft. Künftig werden auch die Dauer und der Grund erfasst. Bislang sei das nicht der Fall gewesen. Auch Berichtspflichten würden verschärft.
"Sonderberichtspflichten" für JVA Gablingen
Für Gablingen würden "Sonderberichtspflichten" gelten, über jeder Unterbringung in BgHs müsse dem Ministerium täglich berichtet werden, samt einer ärztlichen Stellungnahme. "Besondere Beschwerden", wie im konkreten Fall die Mail der früheren Ärztin, müssten Minister Eisenreich "unverzüglich mitgeteilt" werden. Die Ärztin hatte in ihrem Schreiben am 18.10.2023 schwere Vorwürfe gegen die JVA Gablingen erhoben.
Kritik an der Kommunikation innerhalb des Ministeriums
Minister Eisenreich sagt, davon erst im Zuge der öffentlichen Berichterstattung erfahren zu haben. Sein Amtschef sei jedoch informiert gewesen. "Wie kann es sein, dass der zweite Mann im Ministerium informiert war, der ist ganz eng verbunden mit dem Minister. Und das ist entscheidend für uns zu beurteilen, wann wusste er etwas, konnte er etwas wissen und wie glaubwürdig ist das", kritisierte Toni Schuberl von den Grünen. Er sei mit den Ausführungen des Ministers nicht zufrieden. Er kritisierte, dass das Ministerium nichts unternommen habe, obwohl der Minister das Schreiben der Ärztin selbst als "erschütternd" bewertet habe. Es könne nicht sein, dass dann "disziplinarisch vom Ministerium gar nichts unternommen wird", so Schuberl weiter.
Kritik kommt auch von der Landtags-SPD: Bayerns Justizminister müsse jetzt unter Beweis stellen, dass er nicht nur "salonfähige Ankündigungen beherrscht". Als besonderes eklatant bewertet die Fraktion, dass die Vorfälle in besonders gesicherten Hafträumen von der Justizverwaltung vernachlässigt wurden.
Im Audio: Justizminister Eisenreich steht dem Justizausschuss des Landtags Rede und Antwort
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