"Es war unser Abenteuerspielplatz. Nachmittags hat man mit Kästen Burgen gebaut und die Freunde kamen dazu", erinnern sich die Brüder Rudolf und Richard Hopf während sie am Sudkessel der Lang-Bräu stehen. Hier in Schönbrunn, mitten im Fichtelgebirge, sind sie aufgewachsen. "Für mich war immer klar, dass ich Brauer sein will", so der 37-jährige Richard Hopf. Gemeinsam haben die Brüder die Familienbrauerei übernommen. Doch jetzt sperren sie zu. Denn: Tradition zahlt keine Rechnungen.
Toxischer Mix fordert Brauereien
Die Entscheidung sei ihnen nicht leichtgefallen, sagen die beiden Oberfranken. Nur eine Investition in Höhe von zwölf Millionen Euro würde ihre Brauerei langfristig wettbewerbsfähig machen. Eine Summe, die die beiden am Biermarkt nicht erwirtschaften können. Denn der verändere sich seit Jahren so drastisch, dass sie lieber jetzt die Reißleine ziehen.
Die Brüder sprechen von einem "toxischen Mix", mit dem sich die Branche bundesweit konfrontiert sieht. Besonders hart sei der Preiskampf im Einzelhandel geworden. Lockangebote der Großbrauereien für 9,99 Euro pro Bierkasten haben massiv zugenommen.
Eine typische Reaktion, sagt Lothar Ebbertz vom Bayerischen Brauerbund. "Wenn ein Markt schrumpft, versucht man durch niedrige Preise ein möglichst großes Stück von diesem schrumpfenden Kuchen zu behalten." Im Gegensatz zu den kleinen Betrieben können sie dabei ihre Kapazitäten auslasten. Kleine Brauereien können da nicht mithalten. "Unsere Kosten sind viel höher. Egal ob das Energie-, Produktions-, Material-, Logistik- oder Personalkosten sind", sagt Rudolf Hopf.
Zum Video: Killt Billigbier die Braukultur?
BR24VO Thumbnail "Killt Billigbier die Braukultur?"
Strukturwandel und verändertes Konsumverhalten
Zum ersten Mal seit in Bayern gewerblich Bier produziert wird, gibt es keine 600 Brauereien mehr im Freistaat. Ein seit Jahrzehnten anhaltender und schleichender Strukturwandel verändert die Brauereienlandschaft. "Wir haben schon seit Jahren ein ganz leises Brauereisterben. Und mir blutet das Herz, wenn ich sehe, dass wir im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Brauereien verloren haben", so Lothar Ebbertz.
Ein weiterer Punkt ist das veränderte Konsumverhalten der Kunden. Nicht nur, dass in weltpolitisch unsicheren Lagen immer weniger ausgeben wird – es wird auch weniger Alkohol getrunken, vor allem bei der jüngeren Generation. Das geht an der Brauwirtschaft nicht spurlos vorbei. In den ersten Monaten des Jahres 2025 wurden erhebliche Absatzverluste verbucht.
Alkoholfreies Bier als Hoffnungsträger
Die Nachfrage nach alkoholfreien Bieren steigt, die Branche muss umdenken und tut das auch. Etwa neun Prozent der bayerischen Bierproduktion sind bereits alkoholfrei – Tendenz steigend. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass kleinere Brauereien nur begrenzt in der Lage sind, die aufwendige Technik einer Entalkoholisierung zu nutzen. Kleineren Betrieben sind Grenzen gesetzt, an diesem Markt teilzuhaben.
Dennoch probieren es immer mehr traditionelle Handwerksbrauereien aus. Wie etwa die Schwestern Gisi und Moni Meinel-Hansen aus dem oberfränkischen Hof. Seit 300 Jahren, inzwischen in der neunten Generation, führen sie ihre traditionelle Handwerksbrauerei. 17 unterschiedliche Biersorten bieten sie bereits an. Erst in der vergangenen Woche haben die Oberfränkinnen ihr Sortiment um ein alkoholfreies Bier erweitert. "Wir müssen auf den neuen Markt reagieren und haben so die Chance, alle Generationen anzusprechen und uns ein weiteres wichtiges Standbein aufzubauen", so Gisi Meinel-Hansen.
Alternative Kleinstbrauerei?
Und noch ein weiterer Trend ist vom Markt nicht mehr wegzudenken: sogenannte Mikrobrauereien oder Kleinstbrauereien. Das sind Brauereien mit einer nur geringen Herstellungsmenge an Bier. Dieses wird direkt vor Ort verkauft, der Preiskampf im Einzelhandel somit umgangen. "Wir bieten nur eine Sorte an, ein Helles. Ausgeschenkt wird direkt hier neben den Brautanks. Bei den Leuten kommt das gut an", sagt Thomas Ban. Er hat sich vor wenigen Wochen im oberfränkischen Bad Staffelstein mit diesem Konzept selbstständig gemacht.
Die Herausforderungen werden auch in den kommenden Monaten nicht weniger für die Bierbranche. Ob Zölle, Mauterhöhungen oder Pfandsystem. Dennoch fließt aktuell noch jedes vierte in Bayern gebraute Bier in Exportmärkte auf der ganzen Welt und steht für Genusskultur.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!