Die Canyon-Rettung der Bergwacht Bayern bereitet sich für die Übung vor. Das Szenario: Eine Person wurde vom Regen und dem schnell steigenden Wasser überrascht und steckt jetzt in der Schlucht fest. Für die Sondereinheit ist das ein normaler Einsatz. Rolf Frasch, seit über 25 Jahren bei der Bergwacht, sieht allerdings eine Tendenz: "Wir merken, dass es immer mehr zu diesen heftigen und lokalen Niederschlägen kommt. Das gab es schon früher, aber jetzt sind sie viel häufiger."
Bei Starkregenereignissen steigen die Pegel der Bäche sehr schnell an – selbst für erfahrene Tourengänger nicht immer leicht einzuschätzen. Innerhalb weniger Minuten kann es zu unkontrollierbaren Wassermassen kommen. Wenn sich jetzt jemand in einer Schlucht oder Klamm aufhält, wird es schnell lebensgefährlich. Dazu tragen auch die trockenen Böden bei.
Trockener Boden nimmt Wasser schlechter auf
Auf den ersten Blick wirkt es widersprüchlich: Trockener Boden nimmt Wasser schlechter auf als feuchter. Das liegt an der Beschaffenheit des Bodens. Er besteht, vereinfacht gesagt, aus kleinen Körnern. Bei feuchtem Boden verteilen sich Wassermoleküle zwischen den Körnern. Regnet es auf so einen durchfeuchteten Boden, ziehen die Wassermoleküle die Regentropfen von oben an. Das Wasser kann also versickern.
Ist der Boden allerdings zu trocken, fehlt das Wasser im Boden und damit die Anziehungskraft zwischen den Wassermolekülen. Die Folge: Das Wasser versickert nicht. Es läuft oberflächlich ab. Aus diesem Grund kommt es nach Dürren oft zu Hochwassern, wenn dann der Regen einmal kommt.
Die Hitzewelle und der fehlende Niederschlag im Juni und Juli haben ihre Spuren hinterlassen. Die trockenen Sommer nehmen zu, wie der Dürremonitor des "Helmholtz Zentrum für Umweltforschung" zeigt.
Wassermangel auf Alpenhütten
Daniel Peyerl, Hüttenwirt auf dem Reichenhaller Haus in den Chiemgauer Alpen, hat mit dem Wassermangel zu kämpfen. Die Hütte auf dem Hochstaufen wird ausschließlich durch Regenwasser versorgt. Regnet es nicht, kann Hüttenwirt Daniel Peyerl nicht mehr abspülen, kochen oder die Hygienestandards einhalten.
"Wenn kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, dann höre ich mit dem Abspülen auf. Dann ist hier alles voll mit Gläsern. Das habe ich Anfang Mai schon gehabt." Anfang Mai war die Hütte nur zwei Tage geöffnet und musste dann wegen Wassermangel wieder schließen.
Hüttenwirt Daniel Peyerl muss Wasser sparen.
Peyerls letzter Ausweg wäre es, Wasser mit dem Helikopter auf die Hütte fliegen zu lassen. Das wäre aber teuer und würde sich folglich auf die Preise für Speisen und Getränke auswirken. Aus diesem Grund möchte Peyerl das so lange wie möglich verhindern, auch wegen der ökologischen Aspekte.
Eine natürliche Lösung
Auch die Natur hat mit der Trockenheit zu kämpfen. Sebastian Neubauer ist Revierleiter im Kemptener Wald im Allgäu. Von hier sind es Luftlinie fünf Kilometer bis zum ersten Alpenanstieg. Auf vielen Moorflächen dort stellt er fest: "Das ist kurz vor dem oberflächlichen Abtrocknen. Es ist nicht die Nässe drin, die man gerne hätte."
Förster Sebastian Neubauer zeigt: Dem Wald fehlt das Wasser
Denn das Moor braucht eine gewisse Nässe, damit es Wasser speichern kann, genau wie bei anderen Böden auch. Normalerweise funktioniert es wie ein Schwamm. Es nimmt Wasser auf und gibt es dann langsam wieder an umliegende Flüsse und Bäche ab. Gerade in warmen Sommermonaten bleibt so die Umgebung feucht. Gleichzeitig gilt es als natürliche Lösung, um nach einem Starkregen die ansteigenden Wasserstände in Bächen und Flüssen und letztendlich Hochwasser und Überschwemmungen zu verlangsamen.
Anpassung noch möglich?
Wenn es dauerhaft immer trockener wird, kann sich das Ökosystem nicht schnell genug anpassen. Das sieht Förster Sebastian Neubauer schon heute: "Wenn die Tiere zum Beispiel nicht schnell genug abwandern oder Ersatzhabitate finden. Und das ist eigentlich dann der Verlust."
Im Laufe der Erdgeschichte hat sich das Klima schon immer verändert, auch in den Bergen – allerdings nicht so schnell wie in den letzten Jahrzehnten. Tiere und Pflanzen fehlt dadurch die Zeit, sich anzupassen.
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