Verpixelter Angeklagter mit Anwalt im Gerichtssaal des Landgerichts Augsburg.
Verpixelter Angeklagter mit Anwalt im Gerichtssaal des Landgerichts Augsburg.
Bild
Der angeklagte Beamte (rechts, verpixelt) mit seinem Verteidiger zum Prozessauftakt im Landgericht Augsburg.
Bildrechte: BR / Barbara Leinfelder
Schlagwörter
Bildrechte: BR / Barbara Leinfelder
Audiobeitrag

Der angeklagte Beamte (rechts, verpixelt) mit seinem Verteidiger zum Prozessauftakt im Landgericht Augsburg.

Audiobeitrag
>

Luxus, Mykonos, Doppelleben: Beamter gesteht Millionenbetrug

Luxus, Mykonos, Doppelleben: Beamter gesteht Millionenbetrug

Vor dem Landgericht Augsburg hat der Prozess gegen einen ranghohen Juristen der Staatskanzlei begonnen. Er soll elf Personen betrogen haben – um ein Leben zu finanzieren, das seiner Frau gefiel, aber kaum zu seinem Gehalt passte.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Er stand ganz oben auf der Karriereleiter des bayerischen Beamtentums: Jurist, 36 Jahre alt, abgeordnet in die Staatskanzlei – dorthin, wo Regierungsentscheide vorbereitet, politische Strategien abgestimmt und Infrastrukturprojekte wie die zweite Stammstrecke koordiniert werden. Doch am Donnerstagmorgen steht der gebürtige Krumbacher im Augsburger Schwurgerichtssaal nicht als Berater der Staatsregierung, sondern als Angeklagter. Der Vorwurf: gewerbsmäßiger Betrug. Der Schaden: über eine Million Euro. Sein Geständnis: vollumfänglich.

Malediven-Urlaub und teure Handtaschen für die Frau

Wie konnte ein Beamter mit sicherem Einkommen, besten Perspektiven und Zugang zu den politischen Schaltzentralen Bayerns in den finanziellen Abgrund rutschen? Der Angeklagte nennt zwei Schlüsselmomente: den Tod seiner Großmutter und das Ende einer früheren Beziehung. Doch der eigentliche Druck begann mit seiner heutigen Frau – die ihm früh erklärte, dass sie nur einen vermögenden Mann an ihrer Seite sehe. Ihr früherer Partner sei ein Münchner Top-Anwalt.

"Ich dachte, sie wäre meine Seelenverwandte", sagt der Beamte. Bald folgten Urlaube auf den Malediven, Shoppingtouren, mehrfach im Jahr Reisen nach Dubai und Mykonos. "Sie wollte teure Taschen von mir", schilderte der Angeklagte. Anfangs finanzierte er alles aus Erspartem und einem Erbe, später mit einem Kredit. Doch es reichte nicht. Um das Geld zu beschaffen, gründete er eine estländische Scheinfirma – und bot privaten Anlegern hohe Renditen, die es nie gab.

Geschäft über Instagram und Vertrauen

Die Investoren kamen nicht zufällig: Über die sozialen Kanäle seiner Frau, auf denen sie offen den luxuriösen Lebensstil präsentierte, wurde ein Image aufgebaut, das Vertrauen erzeugte. "Ich wurde nach Anlagetipps gefragt", berichtet der Jurist. Dass er Staatsbeamter war, habe nie zur Sprache gestanden.

Doch sein Umfeld wusste, dass er in der Staatskanzlei arbeitete – das verschaffte ihm Glaubwürdigkeit. Insgesamt elf Menschen sollen größere Summen investiert haben. Das Geld floss direkt in das gemeinsame Luxusleben.

Der Druck wuchs – innerlich und äußerlich

Trotz beruflicher Erfolge sei der persönliche Druck kaum auszuhalten gewesen. "Ich hatte beim Aufwachen Panikattacken", sagt der Angeklagte. Seine Frau habe ständig neue Wünsche geäußert. "Ich hatte Angst, dass sie mich verlässt, wenn das Geld ausgeht." Der Beamte beschreibt, wie sein Leben zusehends aus den Fugen geriet – zwischen Dienstbesprechungen in der Staatskanzlei und dem Versuch, privat den Schein zu wahren.

Alkohol, Sex und schnelle Autos

In der Untersuchungshaft sei ihm bewusst geworden, was er zerstört habe: seine Karriere, das Vertrauen vieler Menschen, seine eigene Zukunft. "Wie konnte das passieren?", hätten ihn Freunde gefragt. "Ich kann es nicht mehr sagen", entgegnet er.

Die Aufwendungen für das gemeinsame Leben seien erheblich gewesen – er spricht von Alkohol, Sex und Rasereien über die Autobahn mit 300 Stundenkilometern. "Wir lebten ein Leben, das man nur als das Leben der Reichen und Gestörten bezeichnen kann."

Entschuldigung im Gerichtssaal

Der Jurist betont, er habe sich viele Gedanken gemacht und wolle sich aufrichtig bei allen Geschädigten, seiner Familie, seiner Frau und langjährigen Freunden entschuldigen. "Ich habe sie jahrelang belogen." In der Haft habe er 20 Kilogramm abgenommen, täglich Sport gemacht und sei inzwischen abstinent. Besonders dankt er seiner Suchtberaterin. Einige Freunde würden ihn weiterhin regelmäßig besuchen – er hoffe nun, beruflich wieder auf die Füße zu kommen.

Der Angeklagte war seit November 2024 dem Bauministerium zugeordnet, so ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage des BR. Gegenwärtig erhält er laut Staatsanwaltschaft keine Bezüge. Die vorläufige Suspendierung seitens des Dienstherren sei beabsichtigt, so der Staatsanwalt. Im Falle einer Verurteilung wird der Angeklagte seinen Beamtenstatus mutmaßlich verlieren.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!