Über 3.000 Quadratmeter Premiumlage in Bad Wiessee – nur wenige Schritte vom Ufer des Tegernsees entfernt. Doch hier entstand kein neues Hotel, sondern ein Hospiz für die Menschen aus der Region. Und das sei schon ziemlich besonders, findet Gisela Hölscher, die diese Idee die letzten sieben Jahre mit vorangetrieben hat.
2018 hat alles mit einem kleinen Arbeitskreis begonnen, später wurde daraus ein Förderverein. Dass sie so ein schönes Grundstück finden, damit hätte die Gemeinderätin nicht gerechnet. Man habe hier wirklich den allerschönsten Ausblick, Wasser, Berge und gute Luft, sagt Gisela Hölscher, sie sei jedes Mal wieder ergriffen.
Früher Heim für Ordensschwestern
Wo heute das neugebaute Hospiz steht, war früher das Josefsheim der Speyrer Ordensschwestern. Um das Projekt zu realisieren, arbeitete der Förderverein mit einer Stiftung zusammen, die das Grundstück gekauft und das neue Hospiz errichtet hat. Die Marion von Tessin-Stiftung fördert vor allem Projekte für ältere Menschen.
Vom lichtdurchfluteten Aufenthaltsraum sieht man die Berge, jedes der zwölf Zimmer hat ein großes Bad und eine Terrasse, auf die man sogar das Bett schieben kann, zeigt Hospizleiter Alexander Daxenberger, der die Hospizinsel in Glonn mit aufgebaut hatte. Wenn jemand einen Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, einen schönen Herbsttag oder den ersten Schnee erleben möchte, könne man das Bett einfach nach draußen fahren.
Köchin erfüllt auch Sonderwünsche
Nebenan in der Küche kocht eine Hauswirtschaftsmeisterin gerade für die ersten Gäste. Jeden Tag frisch und gerne auch Sonderwünsche, falls sich der Geschmack zum Beispiel durch eine Chemo verändert hat oder wenn es mal Gelüste gibt – wie Pfannkuchen zum Frühstück. Man könne unendlich viele Stellschrauben drehen, um diesen Menschen noch ein bisschen Lebensqualität zu geben, so Daxenberger.
Wenn jemand gern nochmal Weißwürste oder Leberkäse hätte und es mit dem Beißen nicht mehr klappt, dann wird das Ganze halt püriert. "Schmeckt allerweil noch und die Menschen sind hellauf begeistert", so der Hospizleiter.
Viele Extras dank großzügiger Spenden
Im Ruheraum steht ein Klavier, das man auch in die Zimmer schieben kann für private kleine Konzerte. Sogar Kopfhörer können direkt angeschlossen werden. Auf Wunsch kommt ein Musiker vorbei und spielt zum Beispiel Weihnachtslieder.
Direkt gegenüber ist ein Raum mit einer großen Badewanne, in der auch bettlägerige Patienten noch baden können. Mehr wünschen sich viele gar nicht, hat Gisela Hölscher in den letzten Jahren gelernt, seit sie sich intensiv mit dem Thema Hospiz befasst hat.
Keine Kosten für Gäste und Angehörige
Extras wie diese Pflegebadewanne, seien nur dank großzügiger Spenden möglich gewesen. Das Hospiz kostet die Gäste und Angehörigen nichts. 95 Prozent werden von der Krankenkasse übernommen. Der Rest wird über Spenden finanziert.
Große Nachfrage
Die Nachfrage ist groß, denn die nächsten Hospize in Polling oder am Chiemsee sind eine Stunde entfernt, erklärt Gisela Hölscher. Schon in der Bauphase erreichten sie bereits unzählige Anfragen. Am Tag der offenen Tür waren über 1.500 Besucher da.
Die Besichtigung habe vielen die Angst genommen, so Hospizleiter Daxenberger. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Denn unter dem Begriff Hospiz konnten sich einige vorher nichts vorstellen: "Die haben gedacht, das ist ein Sterbekammerl, dunkel, grau und traurig."
Unterstützung von Ehrenamtlichen
Vor Ort arbeitet ein festangestelltes Team mit Unterstützung von Ehrenamtlichen. Die Hospizbegleiterinnen vom Hospizkreis Miesbach kommen vormittags vorbei – zum Vorlesen, Zuhören, Spazierengehen oder einfach nur da sein. Seit fast 30 Jahren wünschen sich die Verantwortlichen rund um den Hospizkreis ein stationäres Hospiz im Landkreis.
Letzte Wünsche erfüllen – von Wallberg bis Bräustüberl
Gemeinsam will das Team im Oberland Hospiz versuchen, auch den letzten Tagen noch Leben einzuhauchen. Ein letzter Ausflug auf den Wallberg oder ins Bräustüberl, eine Fahrt mit einer Rikscha an der Uferpromenade entlang - all das soll hier möglich gemacht werden und es den Gästen, die hier ihre letzte Reise antreten, ein bisschen leichter machen, sagt Gisela Hölscher vom Förderverein.
Sterben müsse nicht im Geheimen am Rand der Gesellschaft stattfinden. Hier am See gehen Menschen spazieren, hier fahren Schiffe, spielen Kinder, sind Bergsteiger unterwegs und Radlfahrer und hier mitten im Leben, gehöre auch der Tod dazu.
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