In den Kliniken des Helios-Konzerns im Raum München wächst der Druck auf das Pflegepersonal. Daniel Müller (Name geändert), ausgebildeter Fachkrankenpfleger, beschreibt im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk die Situation in den Helios-Kliniken als zunehmend belastend. Seinen Beruf so auszuüben, wie er es einst in einer dreijährigen Ausbildung gelernt hat, sei seit langem kaum noch möglich. Der Grund: Es fehle an Personal – und somit vor allem an Zeit.
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Der Personalmangel wirke sich inzwischen, laut Müller, direkt auf die Versorgung der Patienten aus. Nicht nur bei der täglichen Körperpflege komme es dadurch zu Engpässen, auch die Überwachung von Patienten in "medizinisch kritischem Zustand sei inzwischen nicht mehr gewährleistet", so der Fachkrankenpfleger.
Noch letzte Woche hieß es, dass Pflegekräften mehr Kompetenz zugesprochen wird. Nun plant parallel der Helios-Konzern, die Reinigung benutzter Patientenbetten nach Entlassung, künftig an das Pflegepersonal zu übertragen. Bisher wurde diese Tätigkeit von gesondertem Personal übernommen.
Nein zum Bettenputzen, nein zum Helios-Sparkurs
Zum ersten Mal protestieren Beschäftigte der Helios-Kliniken der Standorte Pasing und Perlach sowie Dachau und Markt Indersdorf in einer gemeinsamen Protestaktion, der sogenannten "Aktiven Mittagspause". Mit Transparenten, Schildern und Slogans machen sie vor den Haupteingängen der Helios-Kliniken auf sich aufmerksam. Unterstützung erhalten sie dabei von der Gewerkschaft Verdi. Win Windisch, Gewerkschaftssekretär des Fachbereichs Gesundheit und Bildung, spricht sich aktiv gegen das Vorhaben der Helios-Kliniken aus, die Bettenreinigung an das Pflegepersonal zu übertragen: "Das hat keinen positiven Nutzen. Es geht darum, vor allem Geld abzurechnen und höhere Profite zu machen. Das hat keinen Nutzen für die Patienten und es führt zu einer Arbeitsbelastung der Pflegekräfte."
Es gibt keinen Katalog, der Kompetenzbereiche der Pflege regelt
Der Helios-Konzern argumentiert, dass man in seinem Vorgehen dennoch einen Mehrwert sehe. Laut Franziska Vallentin, Pressesprecherin der Helios-Kliniken, setze man in allen Kliniken und Stationen auf einen sogenannten Skill-Mix. Dabei arbeite unterschiedlich qualifiziertes Pflegepersonal gemeinsam im Team und teile sich die Aufgaben. Man treibe gezielt die Qualifizierung von ungelerntem Personal zu Pflegehilfskräften voran, um diesen Skill-Mix zu fördern. Dies erhöhe das Patientenwohl und stärke die Patientensicherheit, zum Beispiel im Notfall während einer Patientenbegleitung. Zudem betonte Vallentin, dass es keinen Katalog gebe, der bestimmte Tätigkeiten ausschließe oder Kompetenzbereiche verbindlich festlege.
Verdi: "Man nutzt hier eine Lücke aus!"
Die Gewerkschaft Verdi kritisiert diese Praxis hingegen scharf. Man nutze ihrer Ansicht nach eine Lücke aus, da es offiziell keine Regelung gebe, die Pflegekräfte daran hindere, Servicetätigkeiten zu übernehmen. Gleichzeitig zeige die Realität, dass das pflegerische Personal keine Kapazitäten habe, um zusätzliche Aufgaben zu leisten. Win Windisch, Gewerkschaftssekretär, erklärte: "Es gibt einfach keinen personellen Spielraum, wo Pflegekräfte Betten reinigen können – da sind wir meilenweit entfernt. Das weiß jeder."
Das Problem ist das Pflegebudget
Das Pflegebudget ist ein Finanzierungsinstrument, das eigens dafür geschaffen wurde, die Personalkosten in der Pflege vollständig abzudecken. Krankenhäuser erhalten die entsprechenden Kosten von den Krankenkassen – unabhängig von Fallpauschalen oder Patientenzahlen. Damit soll verhindert werden, dass Kliniken beim Pflegepersonal sparen, um wirtschaftlich zu arbeiten.
Das Budget darf jedoch ausschließlich für Pflegepersonal verwendet werden – nicht für Service- oder Hilfskräfte. Werden Tätigkeiten wie Betten reinigen oder Essen austeilen auf Pflegekräfte übertragen, können Krankenhäuser dadurch Kosten senken – auch wenn solche Aufgaben nicht zu den eigentlichen pflegerischen Kernaufgaben gehören. Michael Wittmann, Geschäftsführer der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, sieht hier ein großes Problem "Damit opfern sie letztendlich die Pflegefachlichkeit, da für die originären und auch für die vorbehaltenen Aufgaben von dreijährig beruflich oder akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen keine ausreichenden Kapazitäten vorhanden sind. Und genau das geht am Ende nur auf Kosten der Patientensicherheit, die dadurch massiv gefährdet wird."
Der Helios-Konzern betont, dass "das Wohl ihrer Patienten und ihre Versorgung in hoher medizinischer Qualität für sie an erster Stelle steht." Helios habe seit 2019 die Zahl der Pflegekräfte um 15 Prozent erhöht und beschäftige derzeit über 30.000 Mitarbeitende in diesem Bereich, so Franziska Vallentin, Pressesprecherin der Helios-Kliniken.
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