Gut 14 Stunden lagen zwischen zwei recht unterschiedlichen Auskünften des bayerischen Umweltministeriums. Am Mittwochabend verteidigte ein Ministeriumssprecher auf BR-Anfrage das geplante Aus für den jährlichen bayerischen Klimabericht gegen scharfe Kritik: "Klimaschutz findet nicht auf dem Papier oder in Berichten statt." Die Erstellung des Klimaberichts binde für Redaktion und Layout personelle Ressourcen, die nicht verhältnismäßig seien: Denn alle relevanten Daten seien beim Landesamt für Statistik abrufbar.
Am Donnerstagvormittag dann die teilweise Wende: Das Ministerium entwickle einen "digitalen Klimabericht", der fortlaufend aktualisiert werde. Wie oft dieser neue Bericht veröffentlicht wird, konnte der Ministeriumssprecher noch nicht sagen. Es werde aber ein regelmäßiger Turnus sein.
Staatsregierung verweist auf Bürokratieabbau
Bayerns Klimaschutzgesetz sieht seit 2022 vor, dass der Umweltminister dem Kabinett und dem Landtag jährlich über die Minderung von Treibhausgasen im Freistaat, über Ausgleichsmaßnahmen sowie den Stand der Umsetzung des bayerischen Klimaschutzprogramms berichtet. Der Bericht ist also so etwas wie das Jahreszeugnis der Staatsregierung in Sachen Klimaschutz. Bisher gab es zwei Ausgaben, die dritte ist laut Ministerium in Arbeit. Im Bericht für 2023 hieß es: Um das Klimaziel für 2030 zu erreichen, müsse Bayern die Anstrengungen in allen Bereichen weiter intensivieren.
Im Zuge des Bürokratieabbaus will die Staatsregierung diesen jährlichen Klimaschutzbericht nun streichen, zusammen mit weiteren Berichtspflichten. Laut CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek geht es darum, Ballast für Wirtschaft und Verwaltung abzuwerfen. Bürokratieabbau gelinge nur, wenn man Menschen und Institutionen auch etwas zutraue.
Kritik: "Verhängnisvoller Irrweg"
Ein Sprecher des Umweltministeriums betonte am Mittwochabend: "Es besteht ein gesellschaftlicher Konsens darüber, dass ein Abbau von Bürokratie erfolgen muss." Die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen bilde das Landesamt für Statistik "aktueller und umfassender" ab, "als dies mit dem Instrument des Klimaberichts möglich ist". Damit bestehe beim Klimaschutz auch ohne Bericht umfassende Transparenz.
Die Umweltorganisation Greenpeace sah das anders: Die Staatsregierung wolle die eigene Untätigkeit beim Klimaschutz verschleiern, kritisierte die Greenpeace-Klima-Expertin Saskia Reinbeck: "Das ist die Methode Trump." Der Co-Vorsitzende der SPD-Landesgruppe im Bundestag, Carsten Träger, sprach von einem "verhängnisvollen Irrweg", der Klimabericht sei unverzichtbar. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig warf der Staatsregierung vor, "unliebsame Berichte abschaffen zu wollen".
AfD wirft Staatsregierung Täuschung vor
Das Aus der Berichtspflicht soll zwar weiterhin kommen. Nach der deutlichen Kritik stellt das Ministerium nun aber freiwillige digitale Berichte in Aussicht.
Der AfD-Abgeordnete Franz Bergmüller wirft der Staatsregierung daher vor, die Öffentlichkeit zu täuschen. "Erst teilt sie vollmundig mit, dass der Klimabericht abgeschafft werden soll, um Bürokratie abzubauen", sagte er dem BR. "Dann erfahren wir, dass es doch noch ‚regelmäßige‘ digitale Berichte geben soll." Offenbar habe die Regierung nicht vor, wirklich etwas zu ändern.
Grüne und SPD skeptisch
Den Grünen geht die Ankündigung des Ministeriums nicht weit genug. "Der Klimabericht stellt die einzige gesetzliche Pflicht dar, Rechenschaft gegenüber dem Landtag und der Öffentlichkeit abzulegen", sagt Stümpfig. Und der entziehe sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jetzt. Wie verlässlich und regelmäßig es freiwillige Berichte geben werde, sei offen. Eine große Gefahr sieht Stümpfig darin, dass "nur geschönte Berichte" bereitgestellt werden könnten.
Zwar rudere die Staatsregierung jetzt zurück, sagte SPD-Umweltexperte Florian von Brunn. Er kritisierte aber, dass die Staatsregierung bisher schon Transparenz schuldig geblieben sei. "Ich befürchte, wir kommen beim Klimaschutz nicht voran – wegen der Blockade der Windkraft und dem ständig zunehmenden Verkehr. Das will die Staatsregierung offensichtlich kaschieren."
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