Luxusappartements oder bezahlbare Wohnungen – was kommt mit den Olympischen Spielen 2036, 2040 oder 2044 in München? Für die Befürworter der Olympiabewerbung ist klar: Es ist die einmalige Chance, dafür zusätzliches Geld von Land und Bund zu bekommen.
Ministerpräsident Söder: "Wir putzen uns für die Welt heraus"
Die Olympischen Spiele in Deutschland würden einen nationalen Investitionsschub auslösen für Wohnungen, Verkehr und die gesamte Infrastruktur in dem Austragungsort, sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). "Wenn die Mittel dann nicht nach München gehen, bekommt sie eine andere Stadt." Für den Ministerpräsidenten steht fest: Es wird bezahlbarer Wohnraum durch die Spiele entstehen. Genauso zuversichtlich zeigt sich Söder beim Thema Verkehr: "Bis dahin ist auch die Stammstrecke fertig."
Oberbürgermeister Reiter verspricht: Es kommen bezahlbare Wohnungen
Aber: Wie stellt die Stadt München sicher, dass aus dem Olympischen Dorf bezahlbarer Wohnraum wird? Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) antwortet: "Selbstverständlich ist es auch ein Versprechen, wenn wir diese Wohnungen bauen, dann werden das keine Luxusapartments werden." München brauche dringend Wohnungen für Azubis, Studentinnen und Studenten, Pflegekräfte, Polizistinnen und Polizisten.
Olympische Spiele: Großes Stadtentwicklungsprojekt, das Impulse setzen kann
Die Landeshauptstadt verfügt derzeit über 98.831 Sozialwohnungen, teilt das zuständige Sozialreferat München auf BR24-Anfrage mit. Davon gehören gut 70.000 der Stadt. Unabhängig von den Olympischen Spielen entsteht in Freiham im Münchner Westen bereits ein neuer Stadtteil für über 25.000 Menschen.
Daneben plant die Stadt im Nordosten bei Daglfing ein zweites neues Stadtquartier für bis zu 30.000 Menschen. Dies soll ab den 2030er-Jahren fertig sein und könnte von München als Austragungsort profitieren. Denn laut Bewerbung soll dort das Olympische Dorf entstehen.
Bündnis "NOlympia München": Bezahlbarer Wohnraum muss schneller kommen
Gegenwind kommt vom Bündnis "NOlympia München". Zu ihnen gehört Ludwig Hartmann von den Grünen, Vizepräsident des Bayerischen Landtags. Er sei kein Kritiker des Sports, sondern des IOCs. "Man muss sich bewusst sein, wenn Olympia kommt, dann passt sich die Stadt Olympia an, nicht umgekehrt." Die letzten Olympischen Spiele hätten eines gebracht: steigende Immobilienpreise und Mieten, so Hartmann. Die Stadt brauche so schnell wie möglich bezahlbaren Wohnraum.
Experte Kretschmer: München kann von den Spielen profitieren, wenn ...
Das für Sport zuständige Bayerische Innenministerium hält dagegen: Ob Wohnraum oder Ausbau von U-Bahn und S-Bahn: Es handele sich nicht um Olympia-Maßnahmen, sondern um Investitionen, die ohnehin erforderlich sind. Man erhoffe sich durch die Bewerbung einen zeitlichen und finanziellen Schub.
München könnte von den Olympischen Spielen profitieren, wenn die Stadt bei den einzelnen Infrastruktur-Maßnahmen die Kontrolle behalte, sagt Experte Holger Kretschmer von der Uni Köln. Der Geograph und Sportwissenschaftler hat zu den Sommerspielen 1972 in München und 2012 in London geforscht.
Tipp 1: Stadt muss Kontrolle über Prozess behalten
Der Experte erklärt: Die klammen Kommunen holen sich bei Bauprojekten Partner aus der Privatwirtschaft ("public-private partnership" kurz PPP). Dabei müsse die Stadt darauf achten, die Kontrolle zu behalten, damit Wohnungen zum Beispiel später nicht doch als Luxusappartements verkauft werden. Die Städte können solche Partnerschaft über Verträge oder das Baurecht steuern.
Tipp 2: Nachhaltiges Konzept für Wohnraum und Infrastruktur
Eine Garantie für mehr Sozialwohnungen durch Olympische Spiele gebe es aber nicht, sagt der Geograph. Andere Austragungsorte wie London und Paris zeigten: Es brauche ein nachhaltiges Konzept, das die Stadt verpflichtet, bezahlbaren Wohnraum umzusetzen. Dann lasse sich der Prozess durch die Spiele beschleunigen. Gleiches gilt für den Ausbau des ÖPNV.
"Keine Garantie für Sozialwohnungen durch Spiele"
Klar sei aber auch, so der Experte: Die Olympischen Spiele können für die Stadt teuer werden, gerade wenn Zeitdruck herrscht. "Wenn das IOC die Spiele an eine Stadt vergibt, dann ist die Stadt dafür verantwortlich, dass die Spiele auch geliefert werden", warnt Kretschmer.
Fazit: Die Olympischen Spiele können ein Katalysator sein, um in München mehr bezahlbaren Wohnraum und einen besseren Nahverkehr zu schaffen. Die Voraussetzung ist, dass die Stadt ein Konzept hat und die Kontrolle behält.
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