Waldbesitzer Franz Braun steht schon im Hof als PEFC-Prüfer Maximilian Dosch eintrifft: Denn dies ist keine spontane Kontrolle wie bei Bio-Siegeln, PEFC kündigt sich einige Monate vorher an. Der Waldbesitzer hatte Zeit, sich vorzubereiten. Max Dosch will begutachten, wie Braun seinen Wald bewirtschaftet, denn der ist PEFC zertifiziert. PEFC steht für "Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes", also ein Programm zur Anerkennung von Waldzertifizierungssystemen, kurz: für eine "nachweislich" nachhaltige Waldbewirtschaftung. So das Versprechen.
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Kontrolle der Schutzausrüstung
Los geht’s in der Werkstatt. Max Dosch prüft die Schutzausrüstung: Schnittschutzhose, Schuhe, Helm – alles vorbildlich in Schuss. Nur das Motorsägen-Öl muss er austauschen: PEFC fordert Bio-Öl. Der Klassiker bei einer Kontrolle. Es geht weiter mit dem Papierkram. Haben die Ahorne der letzten Pflanzung einen Herkunftsnachweis? Benutzt der Waldbesitzer Pflanzenschutzmittel im Wald? PEFC gibt vor, über die gesetzliche Vorgaben zur Waldbewirtschaftung hinauszugehen.
Jedes WBV-Mitglied ist PEFC-zertifiziert
Für Franz Braun ist es seine erste Überprüfung, er wurde anonym von PEFC Bayern gezogen, als einer von zehn Mitgliedern der Waldbesitzervereinigung (WBV) Freising. Die WBV erfüllt eine wichtige Funktion für PEFC: Sie bündelt Mitglieder. Durch seine Mitgliedschaft bei der WBV ist Franz Braun automatisch PEFC-zertifiziert, ohne dass er je etwas nachweisen musste. So kommt PEFC auf seine überragende Flächendeckung: 90 Prozent der bayerischen Wälder haben das Siegel für nachhaltige Waldwirtschaft. Mit der Folge, dass sich ohne PEFC-Siegel heutzutage kaum mehr ein Stück Holz verkaufen lässt.
"Es ist ein Waldspaziergang"
Ob Waldbesitzer Braun die Vorgaben von PEFC wirklich einhält, soll sich in seinem Wald zeigen. Allerdings darf er selbst die Fläche vorschlagen. Franz Braun lässt fast alles über die WBV Freising machen, sie fahren zu einem Wald, wo kürzlich der Harvester gearbeitet hat. Max Dosch schaut sich um: Hat der Harvester die Rückegassen zum Abtransport des Holzes beachtet? Wie schaut es mit der Naturverjüngung aus? Wie mit dem Wildverbiss? Das Ganze wirkt wie eine forstliche Beratung und nicht wie eine Kontrolle. Obendrein muss einiges passieren, um bei PEFC rausgeworfen zu werden. Leichtfertiger Pflanzenschutzmitteleinsatz oder die mutwillige Zerstörung des Waldbodens.
Kaum ein Holzprodukt ohne PEFC-Logo
PEFC wurde 1999 von der Forstbranche gegründet, um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Standards zu gewährleisten: vom Baum, übers Sägewerk bis zum Holzprodukt. In PEFC-zertifizierten Unternehmen wird Tariflohn bezahlt. Das Marketing des "besseren Holzes" funktioniert: Heute klebt das PEFC-Logo an fast jedem deutschen Holzprodukt.
Kritik der Umweltverbände
Umweltverbände wie der Naturschutzbund (Nabu) oder Greenpeace erkennen das Siegel zwar als gute Grundlage an, sehen aber auch Mängel: "Das PEFC-Siegel wiegt Kunden in Sicherheit, ein tatsächlicher Schutz und ein Erhalt gesunder Wälder wird nicht umgesetzt", so eine Greenpeace-Sprecherin. Der Nabu übt Kritik an den laschen Kontrollen: "Die Regeln werden kaum kontrolliert. PEFC bringt keinerlei erkennbaren Mehrwert für die deutschen Wälder." Umweltverbände favorisieren das strengere FSC-Siegel, das wegen der teuren Zertifizierung aber von den Waldbesitzervereinigungen abgelehnt wird.
Zwei Prüfer für 175.000 Mitglieder
Max Dosch schaut sich noch eine zweite Waldfläche an, auch hier ist er zufrieden. Mehr als anderthalb Stunden Zeit hat er nicht. Dosch ist einer von nur zwei bayerischen PEFC-Kontrolleuren, zuständig für 175.000 Mitglieder im Freistaat. Zwei Waldbesitzer wird PEFC aber demnächst weniger haben: Von den zehn in der WBV Freising ausgelosten Waldbesitzern haben zwei die Kontrolle abgelehnt, sie fallen nun erst einmal aus der Zertifizierung raus.
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