Im Repair-Cafe in Gilching bekommen defekte Elektrogeräte eine zweite Chance – und vieles mehr.
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Reparieren statt wegwerfen: Mehr Förderung für Repair-Cafés?

Reparieren statt wegwerfen: Mehr Förderung für Repair-Cafés?

Für ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit bezuschusst das bayerische Umweltministerium sogenannte Repair-Cafés, in denen defekte Gebrauchsgegenstände repariert werden. Doch die Förderbedingungen sind so streng, dass nur 36 Initiativen davon profitieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Ob ein defekter Toaster oder ein kaputter Regenschirm: Im Repair-Café Gilching nahe München bekommen kaputte Gebrauchsgegenstände eine zweite Chance. Für diesen kostenlosen Service packen rund 40 Ehrenamtliche von Zeit zu Zeit mit an, "damit der Müllberg nicht noch größer wird", sagt Sonja Gaja vom Gilchinger Repair-Café.

46.000 Euro für 36 Repair-Cafés

Reparaturinitiativen, wie in Gilching, leisten einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit, indem sie die Lebensdauer von Gebrauchsgegenständen verlängern. Und was ebenso wichtig ist: Sie füllen auch eine Marktlücke: "Im Handel werden Reparaturen oftmals gar nicht mehr angeboten, weil sich das für die Geschäfte nicht lohnt", sagt Sonja Gaja. Den Geschäften fehle wegen des Fachkräftemangels außerdem das Personal für Reparaturen. Die Folge: Verbrauchern mit defekten Toaster oder Regenschirm bleibt gar nichts anderes übrig, als einen neuen zu kaufen und den alten zu entsorgen.

Hier greift die Idee der Repair-Cafés. Die bayerische Staatsregierung ist von den meist ehrenamtlich gestemmten Reparaturinitiativen so angetan, dass sie ein Förderprogramm in der Hoheit des Umweltministeriums aufgelegt hat: Nicht-gewerbliche Repair-Cafés können einen jährlich einmaligen Zuschuss von bis zu 3.000 Euro erhalten. Allerdings: Von den bayernweit rund 300 Reparaturinitiativen, von denen das Umweltministerium weiß, erhalten derzeit nur 36 eine Förderung, aktuell in einer Gesamthöhe von 46.000 Euro.

Hohe Hürden für die Förderung

Das Gilchinger Repair-Café zum Beispiel bekommt keine Förderung. "Wir entsprechen nicht den vorausgesetzten Öffnungszeiten", sagt Sonja Gaja. Denn um eine Förderung zu bekommen, müssen Reparaturinitiativen einmal im Monat mindestens vier Stunden geöffnet haben – und das zehn Monate im Jahr. Dann bekäme man 1.000 Euro. Hat ein Repair-Café viermal im Monat mindestens vier Stunden auf, gibt's 2.000 Euro – und ab monatlich sechs Öffnungstagen à vier Stunden Öffnungszeit 3.000 Euro.

Das Repair-Café in Gilching schafft es nicht, derart lange Öffnungszeiten anzubieten. Das Angebot fußt schließlich zu hundert Prozent auf dem Engagement von Ehrenamtlichen, sagt Sonja Gaja. Und für die passe "kürzer, dafür aber öfter" besser ins Zeitmanagement mit Beruf und Privatleben.

Umweltminister Glauber verspricht Nachbesserung

Auf Anfrage erklärt Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), dass die Idee zur Bezuschussung von Repair-Cafés "ja ganz neu" sei. Im Herbst 2024 ging das Förderprogramm an den Start. Noch bis zum 1. Oktober können sich Reparaturinitiativen für einen Zuschuss im neuen Förderjahr bewerben. Unter den genannten Richtlinien. Aber: "Wir werden natürlich evaluieren und nachschauen, ob wir am Ende tatsächlich noch besser unterstützen können", sagt Glauber dem BR.

Die Idee, zusätzlich oder alternativ einen Reparaturbonus wie in anderen Bundesländern oder wie im Nachbarland Österreich einzuführen, lehnt der Umweltminister derweil ab.

Thüringen, Sachsen und Berlin ersetzen bis zu 50 Prozent der gewerblichen Reparaturrechnung von Privatpersonen, um Geräte länger im Gebrauch zu halten und so einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten. Bayern setze lieber auf die Stärkung des Ehrenamts, das hinter den Repair-Cafés steckt, erklärt Glauber.

Reparaturbonus für Verbraucher in anderen Bundesländern

So oder so scheinen Maßnahmen, die den Verbraucher zum Reparieren statt Neukaufen animieren, zu fruchten: Der Run auf den Reparaturbonus in Berlin und Sachsen beispielsweise war so groß, dass der Fördertopf schnell ausgeschöpft war.

Entsprechend gut kommen auch Repair-Cafés an, sagt Ina Hemmelmann von der Münchner Stiftung Anstiftung, die die Staatsregierung beim Förderprogramm für Repair-Cafés beraten hat. Diese bleiben ihrer Einschätzung nach auch dann noch wichtig, wenn der Bund eine EU-Richtlinie umgesetzt hat, wonach die Mitgliedsländer ein Recht auf Reparatur im Handel ausarbeiten müssen. "Dann haben wir trotzdem noch das Problem, dass es gar nicht so viele Dienstleister gibt, die all diesen Bedarf auffangen könnten", sagt Hemmelmann.

Recht auf Reparatur im Handel kommt – wohl erst im nächsten Jahr

Das deckt sich mit einer Befragung im Auftrag des Bundesverbands Technik des Einzelhandels und des Versicherers Wertgarantie, die das Kölner Institut für Handelsforschung durchgeführt hat. Demnach sagen 74 Prozent der Fachhändler, dass sie derzeit kein größeres Reparaturvolumen umsetzen können, wie der MDR berichtet [externer Link].

Es wird sich also zeigen, ob der Bund das Problem im Blick hat, wenn er das entsprechende Recht auf Reparatur zum Gesetz macht. Im zuständigen Justizministerium liegt ein entsprechender Gesetzesentwurf jedenfalls in den Endzügen. Laut Ministerium ist aber nicht damit zu rechnen, dass der Bundestag noch in diesem Jahr darüber abstimmt. Schließlich läuft die Frist noch bis 31. Juli 2026. Und nicht nur bis dahin dürften Repair-Cafés für viele Menschen die Anlaufstelle der Wahl bleiben, wenn sie ihren defekten Toaster nicht gleich zum Wertstoffhof bringen wollen.

Im Audio: Strenge Förderbedingungen für Repair-Cafés

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