Im Prozess gegen einen marokkanischen Schleuser hat das Landgericht Traunstein am Donnerstag ein Urteil gefällt.
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Schleuser verurteilt: Sieben Jahre Haft für 16 Schleusungen

Schleuser verurteilt: Sieben Jahre Haft für 16 Schleusungen

Im Prozess gegen den Mittelsmann in einem internationalen Schleusernetzwerk hat das Landgericht Traunstein am Donnerstag ein Urteil verkündet. Der inzwischen 38-Jährige hatte 2020 und 2021 insgesamt rund 275 Geflüchtete nach Deutschland geschleust.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Sieben Jahre Haft für das gewerbs- und bandenmäßige Einschleusen von Ausländern in 16 Fällen: Dieses Urteil verkündete das Landgericht Traunstein am Donnerstagnachmittag. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor acht Jahre gefordert.

Schleusungen erst über die Balkanroute, dann über Polen

Zusammen mit wechselnden Komplizen hatte der Angeklagte – der als "Abu Ismail Marokkaner" bekannt war – in den Jahren 2020 und 2021 in insgesamt 16 Fällen Menschen nach Deutschland eingeschleust. Von Istanbul aus koordinierte er Fahrer und Geflüchtete und gab Standortdaten weiter.

Die Geflüchteten kamen dabei über zwei verschiedene Routen nach Deutschland. 2020 wurden die meist syrischen Geflüchteten von Rumänien oder Ungarn aus in Lastwägen über Österreich nach Deutschland gebracht. In der Regel zahlten die Menschen dafür etwa 3.500 Euro pro Person. Während der Fahrt erhielten die Geflüchteten oft nur Wasser und Kekse; ihre Notdurft mussten sie in Mülltüten und Plastikflaschen verrichten. Einige Geflüchtete konnten in den LKW so schlecht atmen, dass sie Löcher in die Planen schnitten.

2021 änderte sich die Route dann: Los ging es nun meist an der polnisch-belarussischen Grenze. Dort stiegen die Geflüchteten in kleinere Transporter, die sie über Polen nach Deutschland brachten. Auf beiden Routen hatten die Geschleusten keine Möglichkeit sich anzuschnallen und hätten sich bei einer plötzlichen Bremsaktion lebensbedrohlich verletzen können – ein Risiko, dass Fahrer und Hintermänner bewusst in Kauf nahmen.

Strafmaß und Haftbedingungen: Gericht berücksichtigt erschwerte Umstände

In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwaltschaft zunächst eine Gesamtstrafe von acht Jahren gefordert. Angesichts der Umstände und der vielen geschleusten Personen sei es "blanker Zufall" gewesen, dass niemand starb. Zugleich hob auch die Staatsanwaltschaft anerkennend hervor, dass der Angeklagte von Anfang an geständig gewesen sei und zudem wichtige Hinweise zu Hintermännern und Arbeitsweise des Schleuser-Netzwerkes geliefert habe.

Eine wichtige Rolle spielte bei der Strafzumessung die Frage, wie viel von den insgesamt sieben Jahren bereits als verbüßt gelten: Der Verurteilte hatte bereits 12 Monate in der Türkei in Haft verbracht und weitere neun Monate in Untersuchungshaft in Deutschland. Das Jahr Haft in der Türkei wird nun sogar dreifach angerechnet – wegen der katastrophalen Haftbedingungen: In drei verschiedenen Gefängnissen saß der nun Verurteilte mit Dutzenden anderen Insassen in überbelegten, völlig verdreckten Zellen. Monatelang konnte er keinen Anwalt sprechen und wusste weder, wofür er verhaftet worden war, noch wie lange er dort bleiben müsste. Auch von Schlägen und Beleidigungen berichtete er. Das Gericht sah dies wegen vieler ähnlich lautender Berichte aus der Türkei als glaubwürdig an.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung kündigten an, keine Rechtsmittel einlegen zu wollen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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