Nach Luftgewehrschüssen auf Autofahrer auf einer Bundesstraße bei Dillingen an der Donau in Schwaben gehen die Ermittler von einem möglichen islamistischen Hintergrund aus. Es gebe neue Erkenntnisse zu dem vor rund eineinhalb Monaten festgenommen 21-jährigen Verdächtigen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München am Freitag mit. Nach BR-Informationen hatte der Beschuldigte virtuellen Kontakt zu Salafisten.
Der Generalstaatsanwaltschaft zufolge agierte der junge Mann mutmaßlich als "Sympathisant" der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Die Hinweise deuteten darauf hin, dass es sich um eine geplante "Anschlagserie" gehandelt habe. Zwischen dem 9. und dem 11. September soll der Mann auf 22 zufällig ausgewählte Fahrzeuge auf der Bundesstraße 16 bei Dillingen an der Donau geschossen haben. Verletzt wurde dabei niemand.
Wollte der Verdächtige "Ungläubige" töten?
Der Mann habe mit den Luftgewehrschüssen schwere Unfälle verursachen und die Menschen in den Autos töten oder schwer verletzen wollen, so die Überzeugung der Generalstaatsanwaltschaft München. Im Laufe der Ermittlungen hätten sich Anhaltspunkte für einen extremistischen Tathintergrund ergeben, hieß es weiter. Bisherige Ermittlungen deuten darauf hin, dass er "Ungläubige" habe töten wollen. Wie der BR aus Ermittlerkreisen erfahren hat, soll der Täter nicht zufällig unter anderem den 11. September für seine Taten gewählt haben – es war der 24. Jahrestag der Terroranschläge auf das World Trade Center und das Pentagon.
Auch der Tatort sei nicht zufällig gewesen. Laut Polizei hatte sich der Mann die B16-Umfahrung von Dillingen ausgesucht, weil der Abschnitt dort zweispurig ist, die Umgebung weit einsehbar. Wie die Generalstaatsanwaltschaft anführt, können Schüsse bei der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h besonders gefährliche Auswirkungen haben.
Sicherheitskreise: Virtueller Kontakt zu Salafisten
Sicherheitskreise bestätigen dem BR, dass der mutmaßliche Luftgewehr-Schütze in sozialen Netzwerken virtuelle Kontakte zu Salafisten hatte. Mit Salafisten sind Anhänger [externer Link] einer besonders strengen, teils radikalen Auslegung des Islams gemeint – einige von ihnen lehnen die westliche Gesellschaft ab, ein Teil radikalisiert sich auch militant. Über soziale Netzwerke gelingt es extremistischen Gruppen häufig, junge Anhänger zu rekrutieren. Darauf haben Sicherheitsbehörden zuletzt immer wieder hingewiesen.
Zunächst kein Verdacht auf Terror
Der erste Fall hatte sich am 9. September ereignet, als der Polizei mitgeteilt wurde, dass ein Auto angeschossen worden war. An zwei weiteren Tagen kam es erneut zu Schüssen auf der B16. In der Nacht vom 13. auf den 14. September griff eine Polizeistreife in einem Feld in der Nähe von Hausen, einem Stadtteil von Dillingen, den jungen türkischen Staatsbürger auf und stellten ein frei verkäufliches Luftgewehr sicher. Er wurde daraufhin vorläufig festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg erließ zunächst Haftbefehl wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, eines Verstoßes gegen das Waffengesetz, versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Sachbeschädigung.
Nach Anzeichen für eine islamistische Motivation übernahm die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München das Verfahren. Der Extremismus-Verdacht und die steigende Zahl der Verdachtsfälle von ursprünglich sechs auf nunmehr 22 führte dazu, dass die Generalstaatsanwaltschaft München einen erweiterten Haftbefehl gegen den Beschuldigten beantragte und die Taten nunmehr rechtlich als versuchten Mord einstuft.
Im Video: Schüsse auf Autos bei Dillingen - Islamistisches Motiv vermutet
B16 bei Dillingen
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