Schlüssel ins Schloss, einmal umdrehen und dann rein in ein fremdes Leben: Das ist für Michaela Riedel und Andreas Buchner Alltag. Die beiden Entrümpler aus Straubing räumen Häuser, Wohnungen oder Geschäftsräume. Die Auftraggeber sind oft Verwandte von Verstorbenen oder Menschen, die aus anderen Gründen in Not geraten sind und deshalb ihre vier Wände verlassen müssen. Von der Luxusvilla bis zur Messi-Wohnung ist alles dabei.
Erste unschöne Überraschung
Ihr neuester Auftrag führt sie in einen alten Wohnblock in Straubing. Hinter der Wohnungstüre finden sich vollgepackte Räume. Aber es scheint schon jemand nach etwas gesucht zu haben. Schränke sind offen, Gardinen wurden heruntergerissen und liegen auf dem Boden. Es ist das zweite Mal, dass Riedel und Buchner hier sind. Bevor sie einen Auftrag annehmen, besichtigen sie den Ort des Geschehens. "Das war definitiv ordentlicher", sagt Michaela Riedel, als sie sich im Wohnzimmer umschaut, "wahrscheinlich ist das der neue Mieter gewesen."
Im Video: Emotionen, Ekel & Entsetzen - Das Leben der Entrümpler
Die Entrümpler Michaela und Andreas bei der Arbeit.
Konfrontation mit dem neuen Mieter
Wenig später taucht dieser plötzlich in der Wohnung auf. "Haben Sie keinen Respekt?", raunt ihm Andreas Buchner mit Blick auf den Zustand der Räume zu. "Das heißt, ich Arschloch räume alles weg?", fragt er erbost. "Doch, wir haben Respekt", entgegnet der neue Mieter. Für den Schwiegersohn der Vormieterin, also den Auftraggeber der Entrümpler, sei das Vorgehen abgesprochen gewesen. Die Vormieterin hat hier 30 Jahre lang gelebt. Nun musste sie wegen einer Demenzerkrankung in ein Heim umziehen. Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn haben wenig Interesse an den Habseligkeiten der Mutter.
Schlimmster Fund: Bilder von Gewalt an Kindern
Vier Tage sind für die Räumung eingeplant. Mit zwei Helfern räumt Andreas Buchner erst einmal die großen Möbelstücke in seine Transporter. Währenddessen durchsucht seine Partnerin Schränke nach brauchbaren Dingen. Die Entrümpler wissen nie, was sich hinter der nächsten Schranktür versteckt. "Unser schlimmster Fund war Kinderpornografie", sagt Michaela Riedel mit leiser Stimme. Der Schock sitzt ihr auch nach langer Zeit immer noch in den Knochen. Der Mann, in dessen Haus sie auf die schrecklichen Bilder stießen, war verstorben.
Dass sie bei ihren Räumungen mit schlimmen Straftaten konfrontiert werden, kommt selten vor. Ekelige oder skurrile Funde gibt es allerdings immer wieder. Riedel erzählt von einem Mann, der seine Blase nur in Urineimern entleert hat. Diese habe man schon von der Straße aus gerochen.
Einiges landet im Trödelladen
Im Schlafzimmer stehen die Entrümpler vor vollen Kleiderschränken und halten kurz inne. "Man darf nicht vergessen: Wir räumen in kürzester Zeit ein ganzes Leben weg", beschreibt Michaela nachdenklich ihre Arbeit. Aber nicht alles landet in Müll- oder Recyclingcontainern. Das Paar betreibt auch einen Trödelladen. Alte Möbel, aber auch Vinylplatten und Ghettoblaster finden sich in der Halle im Straubinger Osten. Aus einem Regal zieht Andreas Buchner einen Minidiskplayer aus den 90er-Jahren. Im Internet wird der zum Teil für über 700 Euro angeboten. "Bei uns im Laden ist er wahrscheinlich für 200 Euro zu kaufen", schätzt Buchner.
Welche Dinge aus fremden Wohnungen sie behalten und verkaufen dürfen, entscheiden die Auftraggeber. Auf den großen Geldschatz sind sie noch nicht gestoßen. "Wenn wir jetzt 100.000 Euro finden würden, gehört das rein rechtlich dem Auftraggeber", erklärt Michaela Riedel "Wir haben nicht mal Anspruch auf einen Finderlohn."
"Neues" für den Trödelladen
Der Antrieb der Entrümpler ist aber vielmehr die Nachhaltigkeit: "Wir finden so viele Sachen, die funktionieren und man nicht wegschmeißen muss", sagt Riedel, "aber wir haben hier kaum noch Platz."
An Tag vier kommt es zur Schlüsselübergabe an den Auftraggeber. Bis auf einzelne Schränke und die Küche ist die Wohnung leer. Der Schwiegersohn der Vormieterin erzählt, aufgrund der Demenzerkrankung seiner Schwiegermutter schon vorher nach Geld gesucht zu haben. Fündig wurde er nicht. Die Entrümpler freuen sich dagegen über Gläser oder Töpfe, für die sie in ihrem Trödelladen schon die passenden Abnehmer haben.
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