Die Generaloberst-Beck-Kaserne
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Die Generaloberst-Beck-Kaserne ist in Sonthofen schon von Weitem sichtbar. Erbaut wurde sie von den Nazis als "NS-Ordensburg".
Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail
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Die Generaloberst-Beck-Kaserne ist in Sonthofen schon von Weitem sichtbar. Erbaut wurde sie von den Nazis als "NS-Ordensburg".

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So hat sich der Umgang mit NS-Bauten im Laufe der Zeit verändert

So hat sich der Umgang mit NS-Bauten im Laufe der Zeit verändert

In Sonthofen diskutieren Wissenschaftler bei einer Tagung über die Geschichte der Generaloberst-Beck-Kaserne. Erbaut wurde sie von den Nationalsozialisten als NS-Ordensburg. Das Beispiel zeigt, wie sich der Umgang mit Nazi-Bauten verändert hat.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Die Generaloberst-Beck-Kaserne ist in Sonthofen schon von Weitem sichtbar und wird dort einfach nur die "Burg" genannt. Erbaut wurde sie von den Nationalsozialisten als sogenannte "NS-Ordensburg". Über ihre Geschichte diskutieren nun Wissenschaftler bei einer Tagung im Alpenstadtmuseum Sonthofen.

NS-Ordensburg war als Ausbildungsort für Führungspersonal der Partei geplant

In der NS-Ordensburg sollte das künftige Führungspersonal der Partei ausgebildet werden. Außerdem war die Burg der Hauptstandort der Adolf-Hitler-Schulen (AHS). Für diese Schulen wurden Jungen ab zwölf Jahren "mit der Fähigkeit, andere zu führen" gesucht, wie es im Historischen Lexikon Bayerns heißt.

Nach dem Krieg übernahmen zunächst die Alliierten das Gebäude, seit 1956 wird es von der Bundeswehr genutzt und bekam den Namen Generaloberst-Beck-Kaserne. Beck legte unter Hitler seine Ämter nieder und war Teil des Widerstands des 20. Juli 1944.

NS-Bauten rückten erst spät ins Blickfeld der Forschung

Bei der Tagung beschäftigen sich Historiker, Ethnologen, Kulturwissenschaftler und Politiker mit der ehemaligen NS-Ordensburg. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Burg wahrgenommen wurde und wird. Von den Menschen in Sonthofen, von Wissenschaftlern und von der Bundeswehr, die das Gebäude bis heute nutzt. Auch Professor Jörg Zedler von der Uni Regensburg wird bei der Tagung einen Vortrag halten. Er ist in Sonthofen in direkter Nachbarschaft zur Burg aufgewachsen und sagt, dass das Gebäude damals in der Schule und unter den Jugendlichen kein Thema war. Es war "ein selbstverständlicher Teil des Ortes", sagt Zedler.

NS-Bauten rückten ihm zufolge auch erst sehr, sehr spät ins Blickfeld der Forschung. "Direkt nach Kriegsende war das Bedürfnis, intakten Raum zu nutzen, einfach vordringlich", meint der Professor. Da habe man sich wenig damit auseinandergesetzt, ob es von Nationalsozialisten gebaut wurde. "Das primäre Interesse war: Wo bring’ ich große Einrichtungen unter? Was kann ich noch nutzen?", so Zedler.

Was ist ein Denkmal?

In einer abschließenden Podiumsdiskussion sprechen Wissenschaftler, Landes- und Kommunalpolitiker in Sonthofen darüber, wie und vor allem wozu an die Ordensburg erinnert werden soll. "Man hat ja ganz lange nur Dinge als Denkmal angesehen, die irgendwie die eigene Identität mit gestiftet haben", sagt Zedler. Dabei sei es darum gegangen, Heimat zu konstruieren, positiv konnotiert, mit kunsthistorischem Wert. Das sei heute nicht mehr so. Der erinnerungspolitische Wert von Dingen bemesse sich nun an ihrer Anstößigkeit. An der Frage, inwieweit sich in diesem Bau etwas Spezifisches vom Nationalsozialismus manifestiert. Und das sei in Sonthofen sehr wohl gegeben.

Die Burg steht unter Ensembleschutz. Und damit unter einem "Sicherungsverfahren gegen erinnerungspolitische Demenz", sagt Zedler.

Wahrnehmung der Gebäude ändert sich durch Kontext

Dass es zu dieser Umcodierung des Denkmalbegriffs kam, habe mit dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin in den 90er Jahren zu tun. Damals war die Regierung auf Gebäude angewiesen, zum Teil auch auf alte nationalsozialistische Bauten. Und zwar mit dem Argument, den Gebäuden "einen neuen Wirkungszusammenhang" zu geben, sagt der Forscher. Die Wahrnehmung des Gebäudes ändere sich durch den neuen Kontext. Das sei auch in Sonthofen der Fall. "Es gibt diese nationalsozialistische Vergangenheit. Aber es gibt eine sehr viel länger währende Vergangenheit dieses Gebäudes mit der Bundeswehr und beide muss man präsent haben", sagt Zedler.

Jede Art, wie man mit der Vergangenheit umgeht, sage etwas über unser Verständnis von der Geschichte aus. "Ganz egal, ob wir sie verdrängen, glorifizieren, marginalisieren, normalisieren. Insofern geht es nicht um die Reduktion auf den Nationalsozialismus, sondern um das Erinnern auch daran", sagt Zedler.

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