Gebirgsjäger Korbinian (links), Philipp (rechts), im Hintergrund der Kampfhubschrauber "Tiger" der Bundeswehr
Gebirgsjäger Korbinian (links), Philipp (rechts), im Hintergrund der Kampfhubschrauber "Tiger" der Bundeswehr
Bild
Gebirgsjäger Korbinian (links), Philipp (rechts), im Hintergrund der Kampfhubschrauber "Tiger" der Bundeswehr
Bildrechte: BR/ Erik Häußler, Montage: BR
Schlagwörter
Bildrechte: BR/ Erik Häußler, Montage: BR
Bildbeitrag

Gebirgsjäger Korbinian (links), Philipp (rechts), im Hintergrund der Kampfhubschrauber "Tiger" der Bundeswehr

Bildbeitrag
>

Spezialtruppe Gebirgsjäger: Wenn der Berg zur Front wird

Spezialtruppe Gebirgsjäger: Wenn der Berg zur Front wird

Gebirgsjäger und NATO-Partner proben in den Alpen den Ernstfall: einen Angriff Russlands auf NATO-Gebiet. Wenn der eintritt, entscheiden Technologie und Teamwork über Leben und Tod

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Als Russland vergangene Woche mit Drohnen in den polnischen Luftraum eindrang, beantragte Ministerpräsident Donald Tusk Nato-Konsultationen nach Artikel 4: Sieht sich ein Staat von außen bedroht, kommen die Mitgliedsstaaten zu Beratungen zusammen.

Wie im Ernstfall zu handeln ist, regelt Artikel 5: Wird ein Nato-Staat angegriffen, gilt der Bündnisfall. Die anderen Mitgliedsstaaten leisten dann militärische Unterstützung. Anders gesagt: Es ist Krieg.

Im Berchtesgadener Land hat man sich im Juli auf diesen Ernstfall vorbereitet. Gebirgsjäger, Luftwaffe und Heeresflieger der Bundeswehr trainieren mit Soldaten aus anderen Nato-Staaten für den gemeinsamen Kampf. Sogar Neumitglied Schweden nimmt erstmals an der Übung "Mountain Hornet" teil. Der fiktive Gegner wird hier klar benannt: Russland. Die Reporter von Kontrovers - die Story waren exklusiv dabei.

Übungen wie Mountain Hornet sind selten

Das Bundesverteidigungsministerium rechnet in wenigen Jahren schon mit einem Angriff Russlands auf einen Nato-Staat. Dennoch sind solche groß angelegten militärischen Übungen eher selten: Zu groß ist der Aufwand, zu hoch die Kosten. Doch sie werden daher immer wichtiger. Oberstleutnant Philipp ist Gebirgsjäger, seit mehr als 13 Jahren bei der Bundeswehr. Er macht sich keine Illusionen: "Mit dem Russen steht uns ein gleichwertiger Gegner gegenüber. In manchen Bereichen auch überlegen, das muss man ganz klar so sagen. Wenn man es sich aussuchen könnte, würde man sich in jedem Fall eine friedlichere Welt wünschen."

SPD-Verteidigungsexpertin Möller: Nachholbedarf bei Drohnenabwehr

Zur deutschen Verteidigungsfähigkeit findet Philipp klare Worte: Kämen "so viele Drohnen" bei uns an, wie gerade in der Ukraine, wäre es "entsprechend schwierig". Darauf angesprochen, räumt die SPD-Politikerin Siemtje Möller im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers ein, dass es im Bereich "Luftverteidigung und Drohnenabwehr Nachholbedarf gebe". Die Verteidigungspolitikerin fügt aber auch hinzu: "Im Moment laufen wir nicht Gefahr, mit einer so großen Anzahl von Drohnen angegriffen zu werden, weil wir im Bündnis weiterhin bereit und verteidigungsfähig sind."

Möller betont die kollektive Verteidigungsfähigkeit der Nato: Als Russland vergangene Woche 19 Drohnen nach Polen schickte, habe die Collective Defense "erneut bewiesen, dass sie verteidigungsfähig und abwehrfähig" sei. Andere Verteidigungsexperten betonen allerdings, dass die Reaktion der NATO auf diese Drohnen kein Ruhmesblatt war. Zu wenige der Drohnen konnten demnach abgeschossen werden.

JTACs: Ihre Rolle ist kampfentscheidend

In den Berchtesgadener Alpen jedenfalls arbeitet man an seiner Verteidigungsfähigkeit. Gebirgsjäger Philipp hat die Aufgabe, Angriffe aus der Luft zu koordinieren – also Helikopter, Kampfjets und Drohnen ins Ziel zu lenken. Er ist gewissermaßen das Bindeglied zwischen Bodentruppe und Luft-Crew, im Bundeswehr-Jargon "Joint Terminal Attack Controller", kurz JTAC. Seine Rolle ist kampfentscheidend, manchmal sogar die letzte Überlebenschance für Bodentruppen. Denn sie alleine können ohne zielgenaue Steuerung der Luftstreitkräfte kaum gewinnen. Die Kampfhubschrauber können zudem deutlich schwerere Waffen einsetzen.

Pilot Karsten sieht die Zusammenarbeit zwischen Luft- und Bodentruppen als ein Wechselspiel beim Austausch von Informationen:

"Wir sind natürlich auch auf ihn angewiesen. Er ist unser Auge am Boden, aber eigentlich sind wir sein Auge aus der Luft für ihn am Boden." Karsten, Kampfhubschrauberpilot

Karsten ist seit fast 30 Jahren Soldat - selbst für ihn ist das Fliegen im Gebirge herausfordernd. Den Reportern von "Kontrovers - die Story" sagt er: "Fliegen im Gebirge, Kampf im Gebirge, das ist ein deutlicher Unterschied zu unserem normalen Tagesgeschäft. Im flacheren Gelände kann ich halt deutlich weiter gucken. Ich habe nicht so viele Hindernisse im Gelände, die meine Sichtlinie behindern."

Trotz Nebel: österreichische Hubschrauber wagen Angriff

Pilot Karsten macht sich bereit für den Start. Zeitgleich ist der Gebirgsjäger Philipp mit seiner Truppe am Gipfel angekommen. Von dort aus sollen sie nun gegnerische Ziele entdecken, sich mithilfe einer Drohne einen Überblick über den Luftraum verschaffen.

Dann zieht dichter Nebel auf. Philipp und sein Kamerad haben kaum noch Sicht auf ihr Ziel. Unter diesen Bedingungen können sie die Crew in der Luft nicht koordinieren. Trotz schlechter Sicht wagen zwei Hubschrauber des österreichischen Bundesheeres den Angriff. Fliegen in Formation: Ein Ass im Ärmel, sagt Philipp.

Der Angriff lief erfolgreich, beide Ziele wurden getroffen, Mission geglückt. Fühlen sich die Soldaten nun bereit für den Ernstfall? Gebirgsjäger Fritz ist da vorsichtig und meint: "… wir üben miteinander, wir versuchen, unser Bestmögliches zu tun. Aber zu sagen, man ist bereit für etwas, was man nicht kennt, ist schwierig."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!