Die Stromnetzbetreiber kommen beim Ausbau des Verteilnetzes in Bayern kaum hinterher. Die bislang knappen Anschluss-Kapazitäten müssen besser genutzt werden, forderten sie bei einem Netzgipfel der Grünen im Bayerischen Landtag am Dienstag.
In Mittelfranken ist das Stromnetz teils zu schwach für Windräder
Wie eng es ist, zeigt sich zum Beispiel beim Ausbau der Windkraft. Der kommt in Bayern nach einer langen Durststrecke gerade wieder in Schwung. Inzwischen sind hunderte neue Windräder in der Planung oder bereits genehmigt. Aber vor allem in Mittelfranken verzögern sich nun Projekte um Monate oder sogar Jahre, weil das Stromnetz an den meist ländlichen Standorten zu schwach ist, um den Windstrom aufzunehmen.
Windkraft und Solarparks können sich Anschlüsse teilen
Eine Möglichkeit zur Abhilfe ist, dass sich Solarparks und Windräder einen Einspeisepunkt teilen. Das ist möglich, weil Sonne und Wind wetterbedingt eher abwechselnd als gleichzeitig zur Verfügung stehen. Bernd Wust vom Windkraftverband Bayern findet diese Lösung sinnvoll: "Das bringt sehr viele Projekte ans Netz, weil wir Windenergieanlagen auf bestehende Solarparks bauen können und umgekehrt."
An sonnigen Sommertagen kann so ein geteilter Netzanschluss allerdings dazu führen, dass Windräder abgeregelt werden müssen - was sie weniger rentabel macht. Und offenbar gibt es noch Gesprächsbedarf, wie in solchen Fällen der Verlust zwischen dem Solarpark und den Windrädern aufgeteilt wird. Der Windkraftverband hofft hier auf die Hilfe des bayerischen Wirtschaftsministeriums.
Ausgewogener Strommix spart Netzkosten
Um das Stromnetz optimal auszunutzen, müsse der Energiemix stimmen – und Bayern dürfe nicht zu einseitig auf Photovoltaik setzen. Das betont Thomas von Sarnowski, ehemaliger bayerischer Grünen-Vorsitzender und jetzt bei der schwäbischen Eon-Tochter Lechwerke: "Wir brauchen deutlich mehr Windenergie in Bayern, weil Sonne und Wind ein Match sind. Das passt ideal zusammen für die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit."
Mit einem ausgewogeneren Strommix könnten nach seiner Rechnung zehn bis zwölf Prozent Netzausbaukosten gespart werden - und damit mehrere hundert Millionen Euro allein im LEW-Netzgebiet.
Nicht jede Großbatterie nützt dem Stromnetz
Auch Batteriespeicher sollen künftig Teil der Lösung sein, indem sie das wechselnde Stromangebot der erneuerbaren Energien glätten. Allerdings ertrinken die Netzbetreiber derzeit geradezu in Anschluss-Anträgen für Großbatterien. Und Speicher ist nicht gleich Speicher: Die einen versprechen, ihre Kapazität so zu fahren, dass es das Stromnetz stabilisiert. Die anderen nehmen keine Rücksicht darauf.
Andreas Schieder vom Bayreuther Netzbetreiber Tennet fordert deshalb: "Wir brauchen eine klare Priorisierung der Kundengruppen." Und zwar schon innerhalb weniger Monate, weil ansonsten nach bestehender Rechtslage so viele Netzanschlüsse für Batteriespeicher reserviert werden müssen, dass später andere Netzkunden wie Gaskraftwerke, Industriebetriebe oder Rechenzentren das Nachsehen haben könnten. Denn bisher gilt das reine Windhundprinzip: Wer den Anschluss zuerst beantragt, kriegt ihn.
Bund soll regeln, wer beim Anschluss Vorrang hat
Der Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) fordert eine volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung: Wer ist so wichtig, dass er schnell angeschlossen werden muss? Wer kann warten, bis neue Leitungen gebaut sind, und für welche Erzeugungsanlagen lohnt sich der Aufwand, sie anzuschließen, womöglich gar nicht? Kriterien dafür müsse der Bund regeln, fordern die Netzbetreiber.
Bayern ist für Regionalplanung zuständig
Bayern könnte ihnen gleichzeitig helfen, indem es schnell Windkraftgebiete ausweist - wenn frühzeitig bekannt ist, an welchen Stellen das Netz ertüchtigt werden muss. Außerdem gibt es die Idee der so genannten "Einspeisesteckdose". Das bedeutet, dass Netzbetreiber proaktiv Kapazitäten zur Netzeinspeisung ausschreiben, wo es in ihre Netzarchitektur passt.
Auch hier erhoffen sich die Verteilnetzbetreiber weitere Unterstützung und Koordination durch das bayerische Wirtschaftsministerium. Auch wenn sie in den nächsten Jahren Milliarden investieren: Die Kapazität im Stromnetz wird knapp bleiben, und es gilt, sie volkswirtschaftlich möglichst sinnvoll einzusetzen.
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