Wie bekommt man eine Mega-Stromtrasse unter der Donau hindurch? Diese Frage hat sich Silas Looshorn in den letzten Monaten immer wieder stellen müssen. Er ist beim Netzbetreiber Tennet Projektleiter für den Bauabschnitt des Südostlinks in dem die Donau liegt. Monatelang wurde geplant. Dabei haben die Planer festgelegt, dass es sechs Bohrungen unter der Donau geben soll, jeweils mit einer Länge von rund 700 Metern. Und: Es soll von beiden Seiten aus unter der Donau gebohrt werden. Das heißt, dass sich jeweils zwei Bohrungen unter der Donau exakt treffen müssen. Silas Looshorn spricht von einem "Meeting in the Middle" – etwa 20 Meter tief im Boden unter der Donau.
Zentimetergenaues Bohren
Dabei geht es um Zentimeter. Bis auf vier oder fünf Zentimeter genau müssen die beiden Bohrungen unter der Donau zusammentreffen, sagt Looshorn. Bei jeder der sechs Bohrungen. Doch bevor gebohrt wird, müssen im Sommer vergangenes Jahr wichtige Vorarbeiten erledigt werden. Und die werden Silas Looshorn große Probleme bereiten.
Wie aufwändig es ist, die Stromleitungen unter der Donau zu verlegen, wie das Team von Tennet bei den Bohrungen vorging und warum die Arbeiten unterbrochen werden mussten, das sehen Sie hier im Video:
Tennet muss die Stromkabel des Südostlinks unter der Donau hindurch verlegen
Optimismus zum Baustart
Als die Baustelle im Juni 2024 gerade eingerichtet wird, ist Looshorn noch richtig optimistisch. Er zeigt ein erstes kleines Bohrgerät und große Schutzrohre aus Stahl. Etwa einen knappen Meter breit. Diese müssen mit einer Art riesigem Schlagbohrer in den Boden gebracht werden. Innerhalb der Rohre soll später dann ein nochmal deutlich größeres Bohrgerät mit der eigentlichen Bohrung beginnen.
Das ist notwendig, da die oberen Bodenschichten hier bei Wörth an der Donau aus lockerem Donaukies bestehen. Würde man in diesen Boden ohne Schutzrohre hineinbohren, würde der Bohrkanal sofort wieder einbrechen. Weiter unten im Boden ist das Gestein fester, hier braucht es keine Schutzrohre, der Bohrkanal bleibt von selbst stabil, erklärt Looshorn. Er selbst sei ein richtiger Baumensch. Er freue sich, wenn man am Ende des Tages sehe, was geschafft wurde. Egal, ob am Ende ein Haus oder eine Mega-Stromtrasse wie der Südostlink rauskommt.
Baustopp sorgt für Rückschlag
Doch wenige Wochen später ist die Stimmung weniger ausgelassen. Silas Losshorn hat einen Anruf bekommen. Es gab ein Problem auf der Großbaustelle: Beim Einbohren und Einschlagen der Schutzrohre haben Vibrationen den Boden über den Schutzrohren nachgeben lassen. Das wäre vielleicht verschmerzbar, aber nur wenige Meter von der Bohrstelle entfernt befindet sich der Donaudamm. Die Schutzrohre könnten den Hochwasserschutz gefährden, befürchten die Verantwortlichen und verhängen sofort einen Baustopp.
So eine Nachricht zu bekommen, sei "Mist", sagt der Projektleiter im September. Bis zu sechs Wochen Verzögerung seien die Folge. "Beim Donaudamm ist Schluss mit lustig – absolute Grenze", sagt Looshorn. Deshalb habe man entschieden, auf ein anderes, schonenderes Verfahren umzustellen. Die Dämme werden in der Folge genau überwacht. Die Messungen zeigen: Die Dämme bleiben beim neuen Verfahren stabil.
Die Baustelle für die Bohrarbeiten
"Eine Donauquerung hat man nicht alle Tage"
Die Baustelle kann wieder hochfahren. Über Wochen wird nun mit einem großen Bohrgerät unter der Donau gebohrt. Bis zum Sommer finden alle Bohrungen tief im Boden genau zusammen. Auch alle Leerrohre werden mit dem Bohrgerät sicher in den Boden gezogen. Auch wenn es für die Bohrspezialisten Routine ist unter Flüssen zu bohren – für Silas Looshorn ist das erfolgreiche Ende der Bohrarbeiten nach einem Jahr mit Erfolgen und Rückschlägen ein Moment der Erleichterung. "Es sind so viele verschiedene Untergründe, Es ist nie ganz einfach. Und gerade eine Donauquerung hat man nicht alle Tage. Das ist eine super Sache."
Den Zeitplan haben Silas Looshorn und sein Team zwar nicht ganz eingehalten, aber für die folgenden Bauabschnitte ist noch genügend Puffer übrig. Die richtigen Kabel kommen nächstes Jahr in die Leerrohre. Ein Jahr später soll erstmals Strom durch den Südostlink fließen. Die Donau ist für die Mega-Stromtrasse jetzt kein Hindernis mehr.
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