Auf einem Tieflader steht eine riesige Kabeltrommel. Sie beginnt, sich langsam zu drehen. Von einer Winde gezogen, rollt das schwere, schwarze Kabel ab. Es wird in einen Schacht geführt und weiter in ein Leerrohr gezogen. Vier solcher Rohre liegen nebeneinander, in einer Tiefe von rund anderthalb Metern. Nun wird hier das erste Kabel eingezogen.
Das ist die neue Stromautobahn. Sie soll Windstrom aus dem Norden nach Bayern bringen. 540 Kilometer lang ist die Trasse. Sie endet nahe dem stillgelegten Atomkraftwerk Ohu bei Landshut. Derzeit ist hier eine riesige Baustelle: Für die Transformatoren werden riesige Hallen errichtet. Für Fabian Herbst, von der Betreiberfirma Tennet ist es das Herzstück des Projekts:
"Hier wird der Gleichstrom, der durch den Südostlink transportiert wird, in den Hallen in Wechselstrom umgewandelt und dann zum ehemaligen Kernkraftwerk Isar transportiert. Dort machen wir uns die Struktur zu Nutze und können dann den Wechselstrom in ganz Bayern verteilen." Fabian Herbst, Tennet
Massive Proteste gegen ursprüngliche Pläne
Dass die Kabel in Bayern unterirdisch verlegt werden, geht auf eine Entscheidung des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zurück. In der Bevölkerung hatte es zuvor massive Proteste gegen die sogenannte Monstertrasse gegeben: So wurde die geplante Freileitung mit ihren 70 Meter hohen Masten genannt. Um die Gegner zu besänftigen, entschied man sich für Erdkabel.
In Brennberg im Landkreis Regensburg sind die Arbeiten fast abgeschlossen: Für die unterirdische Verlegung musste eine breite Schneise in die Landschaft geschlagen werden. Wie breit? Irmgard Sauerer ist Bürgermeister in Brennberg. Sie will es genau wissen und durchschreitet die Trasse:
"50 Meter sind es. Ich bin’s jetzt einmal abgegangen, und das sind allen Ernstes 50 Meter. Das ist ganz ein enges Gefühl ums Herz rum sagt jetzt einmal, weil wir nicht genau wissen, wie wirkt sich das alles in allem auf unsere Kulturlandschaft aus, und wie man sieht: Es wird hier Zerstörung oder etwas nicht Wiederbringliches sein, das kann man nicht wiederherstellen.“ Irmgard Sauerer, Bürgermeisterin Brennberg im Landkreis Regensburg
Irmgard Sauerer, Bürgermeisterin von Brennberg durchschreitet die Trasse
Die unterirdische Verlegung erfordert nicht nur massive Eingriffe in Natur und Landschaft, sie lässt auch die Kosten explodieren. Vier bis acht Mal so teuer wie eine Freileitung seien die Erdkabel, erklärt der Betreiber Tennet. Geplante Fertigstellung: Ende 2027. Genannt wurden einmal elf Milliarden Euro Gesamtkosten. Ob es am Ende nicht noch viel mehr wird, ist offen. Sicher ist aber, dass die Stromkunden den Preis über ihre Rechnung bezahlen müssen.
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