Bauer arbeitet in kleinem Schweinestall
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Tierwohlstall unerwünscht: Schweinehalter muss zusperren

Tierwohlstall unerwünscht: Schweinehalter muss zusperren

Familie Heidingsfelder hat sich mit Schweinen auf Stroh und Direktvermarktung eine Existenz aufgebaut. Doch Nachbarn beschweren sich über Gestank und Fliegen, der Stall im Dorf muss zugesperrt werden und die Genehmigung für einen Neubau ist fraglich.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Tobias und Nicole Heidingsfelder vertreiben das Fleisch ihrer Schweine und verschiedene Wurstwaren, neben selbst angebautem Obst und Gemüse in einem Hofladen, sowie auf Märkten und in Selbstbedienungsautomaten. Vor fünf Jahren haben die beiden den alten Schweinestall eines Onkels in Viehbach, Landkreis Freising modernisiert und mit der Direktvermarktung begonnen. Sie haben viel Zeit und Geld investiert, allein 50.000 Euro für drei Automaten mit ihren Produkten, erklärt Nicole Heidingsfelder: "Wir haben auch hart dafür gearbeitet, dass wir das alles abzahlen können."

Frist bis zum 17. Februar

Doch nun sollen die beiden ihren Schweinestall zusperren. Er liegt mitten im Dorf Viehbach, einem Gemeindeteil von Fahrenzhausen. Im Hof wird der Mist der Schweine gelagert. Nachbarn fühlen sich vom Geruch und einer Fliegenplage im Sommer belästigt. Sie wurden beim Landratsamt Freising vorstellig. Und das untersagte die Nutzung des Stalls. Bis zum 17. Februar sollen die Schweine raus. Begründung: Es liege keine Genehmigung für Viehhaltung vor.

Genehmigung für alten Stall verschollen

Diese Begründung kann Tobias Heidingsfelder allerdings nicht nachvollziehen: Sein Onkel hat den Stall 1961 gebaut. Damals gehörte Fahrenzhausen zum Landkreis Dachau. Nach der Gebietsreform kam die Gemeinde zu Freising. Die Bau-Pläne samt Genehmigung gingen damals in den Ämtern verloren. Tobias fand aber noch Pläne auf dem Speicher des Onkels. Diese legte er dem Landratsamt Freising vor. "Ja, und dann hat's auf einmal geheißen, dass da 1961 das Beiblatt nicht dabei ist, in dem drin steht, für wie viele Viecher der Stall genehmigt worden ist", erklärt Tobias Heidingsfelder.

Das Landratsamt Freising hat inzwischen ein Zwangsgeld angedroht, wenn der Stall nicht fristgerecht geräumt wird. Auf BR-Anfrage teilt die Behörde mit, dass inzwischen das Verwaltungsgericht München sowie der Verwaltungsgerichtshof das Nutzungsverbot bestätigt hätten. Tobias' Onkel hatte die Schweinehaltung 2001 aufgegeben. Dann stand der Stall 18 Jahre leer, bis Tobias und Nicole Heidingsfelder 2019 wieder loslegten. Ihren Betrieb haben sie beim zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten angemeldet. Dort zeigt man sich irritiert über die Argumentation des Landratsamtes.

Genehmigung für neuen Stall eine Hängepartie

Nicole und Tobias Heidingsfelder wollen ihre Schweine und die Direktvermarktung nicht aufgeben. Weil sie der Streit um den alten Stall immer mehr belastet, haben sie vor einigen Jahren schon beschlossen, einen Aussiedlerhof zu bauen. Der anvisierte Baugrund liegt auf einem ihrer Äcker, etwa zwei Kilometer vom Dorf entfernt. Die Pläne sind inzwischen fertig und wurden vor einigen Monaten zur Genehmigung im Landratsamt eingereicht. Doch von der Behörde werden jetzt "immer wieder neue Stellungnahmen und Gutachten eingefordert", sagt Tobias Heidingsfelder, "man kriegt keine gescheite Auskunft, wo die Reise hingeht."

Privilegiertes Bauen für landwirtschaftliche Gebäude

Um im Außenbereich einer Gemeinde bauen zu können, muss eine besondere Privilegierung nach § 35 Abs. 1. Nr. 1 Baugesetzbuch festgestellt werden. Nach Ansicht des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kann für das Bauvorhaben der Heidingsfelder eine solche Privilegierung erteilt werden. Es hat dazu eine Stellungnahme abgegeben und bereits am 28. August vergangenen Jahres an das Landratsamt übermittelt. Die letztliche Privilegierung spricht jedoch die Kreisverwaltungsbehörde aus.

Knackpunkt Wirtschaftlichkeitskonzept

Im neuen Stall sollen 150 Schweine auf Stroh und mit Auslauf gemästet werden. Dazu kämen 25 Ochsen. Es würde ein kleiner bäuerlicher Betrieb werden, mit kleiner Tierzahl. Im Landratsamt gibt es aber offenbar deswegen Zweifel am "Wirtschaftlichkeitskonzept" des neuen Betriebs. Doch Nicole und Tobias Heidingsfelder haben alles durchgerechnet. "Es geht", sagen sie, "wegen der Direktvermarktung." Wenn sie ihr Fleisch nicht an den Schlachthof verkaufen, sondern selbst vermarkten, bekämen sie einen drei- bis viermal so hohen Kilopreis für ihr Fleisch.

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das die mögliche Rentabilität des Betriebes geprüft hat, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Wann der neue Stall genehmigt wird, ist noch völlig unklar. Gleichzeitig soll der alte jetzt zugesperrt werden. Die Heidingsfelders hängen in der Luft.

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