Zwei Kliniken in einem Landkreis, mit nahezu demselben Angebot – das funktioniert so in der Regel nicht mehr. Zu sehen ist das am Beispiel der kommunalen Krankenhäuser Dillingen und Wertingen. Beide hatten eine Notaufnahme, OP etc. Die Folge: Sie rutschten immer weiter in die roten Zahlen. So weit, dass der ohnehin hoch verschuldete Landkreis die Notbremse zog. Insolvenz, hieß es im Frühjahr.
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Umstrukturierungen für Erhalt beider Krankenhäuser
Die Kommunalpolitik wollte dennoch beide Standorte erhalten. Ziel war es, das Defizit zu senken und die Krankenhäuser so aufstellen, dass sie auch nach Inkrafttreten des Krankenhausreformgesetzes weiterbestehen können. Dafür habe man schmerzliche Entscheidungen treffen müssen, so Landrat Markus Müller (FW). 190 Mitarbeitende mussten gehen. Das bedeutet aber auch, dass gut 700 Stellen bleiben. Doppelstrukturen wurden abgebaut, etwa zwei Labore zu einem zusammengelegt.
Außerdem wurde das medizinische Angebot verändert. Den größten Umbruch gab es in Wertingen. Nur die Innere Abteilung bleibt, andere Stationen, sowie die Notaufnahme wurden geschlossen. Stattdessen soll dort ein Zentrum für Altersmedizin entstehen.
Spezialisierung auf Altersmedizin hat Zukunft
Chefärztin Martina Brielmaier sieht in der Spezialisierung auf die Altersmedizin "eine Riesen-Chance". Sie ist überzeugt, dass die Geriatrie mit der steigenden Zahl älterer Menschen eines der wichtigsten Fächer in der Medizin werden wird. Mittelfristig soll in Wertingen noch eine geriatrische Reha an die Akutgeriatrie angegliedert werden – so etwas, sagt Brielmaier, gebe es in der Kombination weit und breit nicht.
Ältere Menschen brauchen eine besondere Behandlung, das hat auch der Wertinger Chirurg Hubert Grundner in den vergangenen Monaten gelernt. Zuvor stand er jahrelang im OP, jetzt macht er eine geriatrische Weiterbildung. Ältere Menschen könnten nach einer OP Probleme am Herzen oder etwa eine Lungenentzündung entwickeln. Man müsse deshalb den gesamten Menschen betrachten, mit all den Belastungen oder Vorerkrankungen, die er mitbringe.
Dillinger Krankenhaus bleibt Haus der Grundversorgung
Das Dillinger Krankenhaus hingegen bleibt ein Haus der Grundversorgung mit Notaufnahme, Chirurgie, Intensivstation, Geburtsstation und vielem mehr.
Allerdings gab es auch hier Veränderungen: Die Kardiologie etwa wurde geschlossen, Patienten mit Herzproblemen werden zum Nördlinger Krankenhaus gebracht, wo man sich darauf spezialisiert hat. Die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern und deren Schwerpunkten soll zum Erhalt der Dillinger Kliniken beitragen. Die dafür geschaffenen Strukturen sollen auch langfristig Bestand haben.
Erwartetes Defizit gesenkt
Durch all diese Maßnahmen konnte das für 2026 errechnete Defizit von gut 17 auf 9,5 Millionen Euro gesenkt werden. Der Kreistag hat dafür die finanzielle Unterstützung zugesagt. Auch die Schulden von etwa 20 Millionen Euro will man übernehmen. Damit steckt der Landkreis Dillingen weitere fast 40 Millionen in die Kliniken. Dass die Geschäftsleitung die Kliniken Anfang des Jahres auf eigenen Wunsch verlässt, ändere am Konzept für den Erhalt der Krankenhäuser nichts, so Landrat Müller. Nach der Insolvenz soll mit neuem Personal der Neustart gelingen.
Medizinisches Angebot ist da – noch fehlen Patienten
Ganz über den Berg sind die Krankenhäuser unterdessen noch nicht: Noch sind viele Betten leer. Die Patienten müssten wieder das Vertrauen in die Kliniken gewinnen, sagt der Dillinger Chefarzt Rainer Isenmann. Auch Personal wird gesucht: In der Zeit der Unsicherheit kündigten einige, diese Stellen sollen nachbesetzt werden. Viele aber sind erleichtert: "Das ist unser Haus. Wir sind sehr froh, dass es weitergeht", sagt Petra Höß vom Sozialdienst. Sie hat vor knapp 40 Jahren ihre Ausbildung am Wertinger Krankenhaus gemacht und hofft, "dass es jetzt nur noch bergauf geht".
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