In der Diözese München-Freising sind die Einnahmen aus der Kirchensteuer im Jahr 2024 mit 645 Millionen Euro überraschenderweise höher als im Vorjahr. Damals nahm die Diözese 617 Millionen Euro ein. Im Jahr zuvor hatte sie noch ein Defizit verzeichnet. Trotzdem sei die finanzielle Lage "unverändert herausfordernd", unterstrich Stephanie Herrmann, Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats.
Mehr Kirchensteuer trotz weniger Mitglieder
Die höheren Einnahmen durch die Kirchensteuer liegen nicht daran, dass mehr Menschen in die Kirche eingetreten wären. Im Gegenteil: Das Erzbistum zählte 2024 rund 1,42 Millionen Katholiken und damit 2,7 Prozent weniger als im Jahr 2023. Das Bistum gibt an, dass die 28 Millionen Euro an Mehreinnahmen "aus einem signifikanten Anstieg der Kirchensteuer auf die Kapitalertragssteuer" resultieren.
Die Kirchensteuer wird nicht nur auf den Arbeitslohn, sondern auch auf andere Einkunftsarten erhoben. Wer etwa Zinsen auf sein Festgeld bekommt oder mit Aktien Dividenden erzielt, zahlt darauf Kapitalertragssteuer. Das sind in der Regel 25 Prozent. Von diesen 25 Prozent gehen in Bayern acht Prozent an die Kirchen. Der Anstieg im Erzbistum lässt darauf schließen, dass die Katholikinnen und Katholiken höhere Kapitalerträge durch Dividenden und Zinsen erzielt haben. Somit wurde der Erzdiözese ein Plus an Kirchensteuereinnahmen beschert.
Höhere Kirchensteuer sei "Einmaleffekt"
Außerdem sollen positive Clearing-Ergebnisse erheblich zu den Mehreinnahmen beigetragen haben. Das sind im Jahr 2024 verbuchte Beträge, die zuvor als zwischenzeitliche Abrechnungen beispielsweise zwischen Diözesen oder Bundesländern liefen. Diese fielen final offenbar besser aus, als erwartet.
Das seien jedoch "Einmaleffekte", so das Erzbistum. Man stehe "weiterhin vor der Aufgabe, steigende Ausgaben und sinkende Einnahmen in Einklang zu bringen." Denn die sinkenden Mitgliedszahlen würden dazu führen, dass "die Steuereinnahmen, abgesehen von unkalkulierbaren Sondereffekten, auf lange Sicht zurückgehen".
So viel zahlt jede und jeder
In den meisten Bundesländern beträgt die Kirchensteuer neun Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer. In Bayern und in Baden-Württemberg sind es acht Prozent. Das Finanzamt erhebt die Steuer und gibt sie an die Kirchen weiter. Dafür erhält der Staat etwa drei Prozent der Kirchensteuern.
In Bayern lag das Brutto Jahresmediangehalt 2024 bei 50.000 Euro. Von diesem Bruttogehalt zahlte eine ledige, kinderlose kirchsteuerpflichtige Person also 545 Euro.
Wo landet das Geld aus der Kirchensteuer?
Den größten Anteil – fast die Hälfte – der Kirchensteuereinnahmen geben die Kirchen an ihre Gemeinden vor Ort. Damit werden die Gehälter der Pfarrer und Pastorinnen bezahlt und die seelsorgerlichen Angebote wie Gottesdienste, Jugend-, Frauen-, Senioren- und Familienarbeit finanziert. Von dem Anteil müssen auch Angestellte wie Kirchenmusiker, Sekretäre, Mesner und Hausmeister bezahlt werden.
Rund ein Viertel geht an kirchliche Kindergärten und Schulen. Diese werden zwar zum größten Teil öffentlich finanziert; die Kirchen übernehmen aber auch einen Anteil der Finanzierung. Dieser liegt laut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Regel zwischen fünf und 30 Prozent. Die evangelische und die katholische Kirche sind Träger rund der Hälfte aller Kitas in Deutschland.
Der Rest des Kirchensteuerbudgets verteilt sich auf Sozialverbände wie Caritas und Diakonie sowie in internationale Projekte.
Im Bistum Augsburg sanken die Einnahmen
Bisher hat außerdem das Bistum Augsburg aktuelle Einnahmen durch Kirchensteuer für das Jahr 2024 veröffentlicht. Mit 369,7 Millionen Euro nahm es knapp eine Million Euro weniger als im Vorjahr ein. Bischofsvikar Monsignore Walter Merkt sagte dazu: "Wir sehen, dass der Effekt aus dem Rückgang der Katholikenzahl erheblich ist. Mittel- und langfristig werden wir von einer Fortsetzung dieser Entwicklung ausgehen müssen."
Im Video: Überraschung! Kirchensteuer-Plus für Erzbistum München-Freising
Überraschung: Kirchensteuer-Plus für Erzbistum München-Freising
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