Unterricht im Wald: Die Lehrerin der Würzburger Mittelschule steht auf laubbedecktem Boden, um sie herum die Schülerinnen und Schüler sowie eine Frau mit Schulhund Lotte an der Leine.
Unterricht im Wald: Die Lehrerin der Würzburger Mittelschule steht auf laubbedecktem Boden, um sie herum die Schülerinnen und Schüler sowie eine Frau mit Schulhund Lotte an der Leine.
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Unterricht im Wald an einer Würzburger Mittelschule - mit dabei ist auch Schulhund Lotte.
Bildrechte: BR / Achim Winkelmann
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Unterricht im Wald an einer Würzburger Mittelschule - mit dabei ist auch Schulhund Lotte.

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Unterricht im Wald – eine sinnvolle Ergänzung für Schulen?

Unterricht im Wald – eine sinnvolle Ergänzung für Schulen?

Deutsch, Englisch und Mathe lernen im Wald: Mehrere Schulen in Bayern probieren das in einem Modellprojekt aus. Auch eine Mittelschule aus Würzburg ist dabei, begleitet von Forscherinnen und Forschern. Funktioniert Lernen draußen - auch bei Kälte?

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Statt auf eine eintönige Tafel zu starren, geht der Blick der Sechstklässler der Mittelschule Heuchelhof heute gen Himmel. Seit einigen Wochen lernen sie in ihrem neuen Waldklassenzimmer. Diese Veränderung bringt nicht nur frische Luft, sondern auch frischen Wind in den Schulalltag. Gleichzeitig ist die Klasse damit Teil eines Forschungsprojekts.

Herausforderung: die Kälte

Die Temperaturen liegen diese Woche knapp über dem Nullpunkt, die Sitzbänke sind klamm und kalt. Gut, dass die Schule extra neue Sitzkissen angeschafft habe, sagt Lehrerin Barbara Stauder. "Letztes Mal war es sehr sehr sehr kalt und dann mussten wir auch abbrechen, weil die Gesundheit unserer Schüler in Gefahr war", sagt sie. Heute sind sie besser ausgerüstet, haben unter anderem auch heißen Tee dabei.

Bewegung statt Sitzen - Schülerinnen finden es cool

Ob diesmal alle bis zum Ende durchhalten? Da hilft nur Bewegung, zum Beispiel bei der Suche in kleinen Gruppen nach Baumarten wie Eiche oder Elsbeere. Aisha, Nashaad und Muna sind voll bei der Sache und vom Unterricht in der Natur ziemlich angetan. "Im Klassenzimmer müssen wir immer auf dem Stuhl sitzen und hier können wir uns soviel bewegen wie wir wollen, außerdem lernst du mehr über die Natur", meinen die Schülerinnen.

Die Schulklasse sammelt Blätter und bestimmt die Baumart; sie paust die Rinde durch, um die Struktur zu erkennen. Ist der Blattrand wellenförmig oder gezackt? Beim Lernen der Bäume erweitern die Kinder, die aus vielen verschiedenen Nationen kommen, ganz nebenbei auch ihren deutschen Wortschatz. Auch Wortgruppen wie "Laufen, Gehen, Rennen" können in der Natur mit praktischen Übungen verbunden werden. An einer Eiche messen die Kinder zum Beispiel den Durchmesser und rechnen dann mit Hilfe einer Umrechnungsformel aus, wie alt der Baum ist.

Lernen in der Praxis statt im Klassenzimmer

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich neues Wissen selbst, statt es aus Büchern zu übernehmen: Das ist der Sinn des Draußenklassenzimmers. 140 Waldklassenzimmer wie das in Würzburg sind in den letzten Jahren bundesweit mit Hilfe der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald entstanden. Die Kinder lernten an der Praxis, sagt der Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins Simon Tangerding: "Die Schüler lernen zum Beispiel Mengen, in dem sie Kastanien oder Eicheln bündeln und so mathematische Zusammenhänge erfahren. Das prägt sich bei den Kindern deutlich besser ein, als man das an einem Blatt Papier im Klassenzimmer erreichen kann."

Forschungsprojekt der Uni Würzburg -Förderung durch Ministerium

Wie und ob sich das Verhalten der Kinder beim Lernen im Wald verändert, das beobachtet ein Team der Uni Würzburg um Projektleiter Lukas Kleinhenz in einem Forschungsprojekt. Können die Outdoor-Klassenzimmer ein sinnvoller Kontrapunkt zum digitalen Lernen sein? Hilft die Natur beim Lernen oder lenkt sie eher ab? Die Pädagogen filmen dafür die Kinder sowohl im Klassenzimmer als auch draußen und beobachten, wie die Kinder auf die Umweltreize reagieren. "Es gibt erste internationale Forschungs-Ergebnisse, die deutlich darauf hinweisen, dass Stress reduziert sein kann durch den Draußenunterricht, dass aber auch die Aufmerksamkeit besser ist", sagt Kleinhenz.

Das Verbundprojekt Draußenunterricht wird vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat mit über einer Million Euro gefördert. Partner sind neben der Uni Würzburg und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald auch die TU München.

Fazit in Würzburg: Waldklassenzimmer soll bleiben

Die Herausforderung Kälte haben diesmal alle gut gemeistert – auch dank heißem Tee und Brezen. Gefallen hat den Kindern vor allem das Basteln, aber auch die kostenlose Verpflegung. Den Schul-Stoff mit allen Sinnen aufnehmen, vielleicht auch als Gegenpol zur jahrelangen Digitalisierung und dem Bewegungsmangel: eine Erfahrung, die die Würzburger Schüler nicht mehr missen wollen.

Im Audio: Waldschule in Würzburg

Nahaufnahme einer Schülerin im Wald, die eine rote Stoffmaske über den Augen trägt
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Deutsch, Englisch und Mathe lernen im Wald – kann das funktionieren? Mehrere Schulen in Bayern probieren das in einem Modellprojekt aus.

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