Jannis Schell hält einen Controller in der Hand, über ihm schwirrt eine Drohne. Die schickt er jetzt in Richtung Süden. Schell guckt auf den Bildschirm. Darauf sieht er die Kameraaufzeichnung der Drohnenkamera. Wiese, Wald, ein paar Straßen. In dem Gebiet bei Roth wird gerade ein älterer Herr vermisst. Der Mann ist nicht mehr heimgekommen, die Polizei sucht nun die Gegend ab - mit ihren Drohnen.
Drohnenpiloten in Ausbildung
Das Vermissten-Szenario ist nur eine Übung. Schell und sein Kollege Julian Harrer sollen dabei auch lernen, die Drohne zu steuern, wenn sie diese nicht mehr sehen können. Das ist ein Schwerpunkt des einwöchigen Fortbildungslehrgangs bei der "Kompetenzstelle für unbemannte Luftfahrtssysteme" in Roth. Außerdem geht es dort unter anderem um Einsatzplanung für Drohnen, Fliegen in der Dunkelheit und mit mehreren Drohnen-Teams zusammen zu fliegen. Und darum, gefährliche Situationen sicher zu bewältigen. Das Fliegen der Drohne selbst beherrschen die beiden schon. Dafür haben sie bereits den einwöchigen Anfänger-Lehrgang absolviert.
Die Polizisten sind zwei von etwa 500, die seit der Gründung der Kompetenzstelle vor vier Jahren zu Drohnenpiloten fortgebildet werden. Zahlen dazu, wie viele Drohneneinsätze die bayerische Polizei im Jahr hat, liegen nicht vor.
Drohnen-Basis in Franken
Die KL-ULS, also "Kompetenzstelle für unbemannte Luftfahrtsysteme" der Bayerischen Polizei ist auf dem Gelände der Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth angesiedelt Vor allem geht's dort um Hubschrauber, aber auch die Drohnen sind hier angedockt. Die Experten bilden aus, koordinieren Einsätze in ganz Bayern, sind für die Anschaffung neuer Technik zuständig und beraten rund ums Thema Drohne. Leiter Alexander Mois erklärt: "Wir sind zuständig für alles, was mit Drohnen zu tun hat. Außer die Drohnenabwehr, die machen wir nicht."
Seit 2015 verwendet die Bayerische Polizei Drohnen im Dienstalltag. Dort setzen sie die Drohnen zum Beispiel ein, um Vermisste oder mutmaßliche Straftäter zu suchen. Großevents oder Autounfälle zu überblicken gehören genauso zur Routine wie Patrouille an den Landesgrenzen zu fliegen. Explizit nicht eingesetzt werden Drohnen für normale Streifendienste. Oder anders formuliert: Ohne triftigen Grund filmt oder verfolgt die Polizei niemanden mit der Drohne.
Kleine Technik, großes Einsatzfeld
Julian Harrer hat die Drohne inzwischen nicht mehr im Blick. Auf dem Monitor schaltet er zwischen normalem Video und Wärmebildkamera hin und her. "Ich hab eine Wärmebildsignatur", ruft er seinem Ausbilder André Knoll zu. Der guckt ihm über die Schulter und schmunzelt: "Ein Bambi!" Falscher Alarm also.
Die Copter können eine ganze Menge, um den Polizisten die Einsätze zu erleichtern. Manche Drohnen leuchten mit ihren Scheinwerfern ein ganzes Fußballfeld aus, manche sind mit Lautsprechern ausgestattet. Die Polizei hat Drohnen, die von oben 3D-Aufnahmen aufzeichnen können. Das hilft zum Beispiel bei Verkehrsunfällen zur Rekonstruktion des Unfallhergangs. Doch diese Technik kostet auch: Zwischen 8.000 und 40.000 Euro zahlt die Bayerische Polizei pro Modell. Die Flugeinsätze selbst kosten aber, Personalkosten mal ausgenommen, nur ein paar Cent für den Strom. Damit sind Drohnen deutlich günstiger, als Hubschraubereinsätze: für diese fallen rund 4.000 Euro pro Flugstunde an.
Drohne vs. Hubschrauber?
Ersetzen sollen die Drohnen die Hubschrauber aber nicht, vielmehr ergänzen. Denn "der Hubschrauber ist mal schnell irgendwo hingeflogen. Mit der Drohne muss das ganze Team an den Ort ausrücken", sagt Mois. Und das dauert. Auch bei der Vermisstensuche: Bis Schell und Harrer von der Kaserne zum Übungsort, dem Kanal losgefahren sind, dort alles geplant, aufgebaut und ihre Drohne gestartet haben, ist über eine Stunde vergangen. Dabei war der Einsatzort in der Nähe – manchmal müssen die Teams weite Strecken fahren. "Um wirklich überall Drohnen verfügbar zu haben, bräuchten wir noch viel mehr Piloten", sagt Mois.
Nach ein paar Stunden geben die Drohnenprofis die Suche auf. Nicht ungewöhnlich: Nur etwa die Hälfte der Vermissten wird innerhalb der ersten Woche gefunden. Bei dem Übungsszenario am nächsten Tag haben sie mehr Erfolg – den mutmaßlichen Drogendealer können sie orten, verfolgen und schließlich von den Streifenkollegen festnehmen lassen.
Zum Video: Mit Drohnen Verbrecher jagen
Ermittlung aus der Luft: Drohnen-Piloten bei der Polizei | BR24 vor Ort
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

