26 Prozent der nach Deutschland eingewanderten Personen, das sind rund 2,6 Millionen Menschen, denken darüber nach, Deutschland wieder zu verlassen. Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Mittwoch mitteilte, hätten laut einer Onlinebefragung rund drei Prozent, also 300.000 Einwanderer, bereits konkrete Auswanderungspläne. Allerdings schließt rund ein Fünftel dieser Personen eine spätere Rückkehr nach Deutschland nicht aus. Angaben zu tatsächlich realisierten Auswanderungen sind vom IAB für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant.
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Einwanderer haben viele Gründe für die Wiederabwanderung
Die Gründe für eine Auswanderung oder Weiterwanderung seien unter anderem politische Unzufriedenheit, persönliche bzw. familiäre Gründe, steuerliche Belastungen, Bürokratie und potenzielle ökonomische Chancen oder – im Falle von Geflüchteten – auch Diskriminierungserfahrungen. Als häufigste Zielländer der Einwanderer, die in ihr Herkunftsland zurückkehren möchten, werden Polen, Rumänien, die Türkei und die Ukraine genannt.
Diejenigen, die nicht wieder in ihr Herkunftsland zurückwollen, nannten als "Weiterwanderungsziele" am häufigsten die Schweiz, die USA und Spanien. Für die Studie, die von Dezember 2024 bis April 2025 durchgeführt wurde, wurden rund 50.000 im Ausland geborene und nach Deutschland eingewanderte Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt. Zukünftig sollen solche Befragungen alle zwei Jahre stattfinden, ergänzt durch jährliche Wiederholungsbefragungen über vier Jahre hinweg.
Einwanderung in Deutschland: Wer will gehen, wer bleiben?
57 Prozent, also rund 5,7 Millionen Eingewanderte, planen dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Rund 1,2 Millionen streben nur einen vorübergehenden Aufenthalt ("temporäre Bleibeabsichten") an, etwa drei Millionen sind unentschlossen, so die weiteren Ergebnisse der Onlinebefragung. Männer äußerten häufiger temporäre Bleibeabsichten, Auswanderungsüberlegungen und konkrete Auswanderungspläne als Frauen.
Geflüchtete und Personen, die im Rahmen eines Familiennachzugs nach Deutschland kamen, zeigten geringere Abwanderungstendenzen. EU-Staatsangehörige und Personen mit unbefristetem Aufenthaltsstatus hingegen zeigen laut der Studie höhere Mobilitätsneigungen, "vermutlich wegen erweiterter Freizügigkeitsrechte".
Bildung: Höher Qualifizierte drängt es ins Ausland
Höherqualifizierte äußern deutlich häufiger Auswanderungsüberlegungen und konkrete Auswanderungspläne als Personen mit niedrigerem Bildungsniveau, heißt es in dem Forschungsbericht weiter. Auch Personen mit in Deutschland oder in Drittstaaten erworbenen Abschlüssen sowie mit in Deutschland anerkannten ausländischen Qualifikationen überlegen häufiger auszuwandern – vermutlich aufgrund der höheren internationalen Übertragbarkeit ihrer Qualifikationen. Gute Deutsch und Englischkenntnisse erhöhen ebenso die Abwanderungsneigung, was auf bessere internationale Arbeitsmarktoptionen hindeuten könnte.
Erwerbstätige wollen weg, Nichterwerbstätige wollen bleiben
Erwerbstätige wollen laut des IAB-Berichts häufiger nur vorübergehend in Deutschland bleiben als Nichterwerbstätige oder Auszubildende. Auch höhere Verdienste sind mit stärkeren Auswanderungsüberlegungen und -plänen verbunden. Das heißt, dass die besonders gut in den Arbeitsmarkt integrierten Migrantinnen und Migranten Deutschland wieder verlassen wollen. Wer aber gerne seiner Arbeit nachgeht und zufrieden ist, der bleibt auch lieber hier.
Besonders hoch ist das Abwanderungsrisiko in wissensintensiven Branchen wie IT und technischen Dienstleistungen, also in den Sektoren, die vom Fachkräftemangel besonders betroffen sind. Auch etwa im Gesundheitswesen, der Bauwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung oder im Einzelhandel bestehen laut des Forschungsberichts zwar keine überdurchschnittlichen, aber dennoch relevante Abwanderungstendenzen.
Komplexe Zusammenhänge führen zu Abwanderung
Insgesamt verdeutlichen die Forschungsergebnisse laut IAB, dass Abwanderungsabsichten nicht zufällig entstehen, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels individueller Merkmale, sozialer Integration, wirtschaftlicher Verankerung und wahrgenommener gesellschaftlicher Akzeptanz sind. Deshalb komme man zu dem Schluss, dass es für eine zukunftsfähige Migrationspolitik nicht ausreicht, den Zuzug zu fördern, sondern dauerhaft Bleibeperspektiven zu schaffen.
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