Es sind schwere Vorwürfe, die die "Zentralstelle Cybercrime Bayern" (ZCB) gegen einen heute 30-jährigen Mann aus dem Landkreis Hof erhebt: Er soll zwischen 2015 und 2022 sechs Frauen teils schwer vergewaltigt haben. Die Tatorte: Der Landkreis Hof, Brandenburg, die Schweiz und auch das Ahrtal, wo der Ex-Soldat nach der Flutkatastrophe 2021 als freiwilliger Helfer im Einsatz gewesen sein soll. Im Prozess werde sich der Angeklagte zu den Vorwürfen teilweise äußern, erklärte sein Verteidiger Alexander Stevens auf Anfrage von BR24.
Hinweis aus der USA brachte die Ermittler auf die Spur
Die mutmaßlichen Vergewaltigungen soll der Angeklagte zum Teil mit seinem Handy selbst gefilmt haben, so die Cybercrime-Spezialisten, die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelt sind. Eher zufällig haben sie die Taten entdeckt. Im Februar 2022 gab es einen Hinweis einer US-amerikanischen Kinderschutzorganisation, wonach der junge Mann kinderpornografische Dateien besitzen soll. Kurz darauf durchsuchten Staatsanwaltschaft und Polizei seine Wohnung im Landkreis Hof, stellten Munition sicher und vor allem diverse Geräte und Speichermedien mit mehr als 6.000 Bildern und Videos mit kinderpornografischen Inhalten, so die Ermittler.
Schlagzeilen als "Held" in der Ukraine
Während diese große Datenmenge nach und nach ausgewertet wurde, machte sich der Ex-Soldat auf den Weg in die Ukraine, um nach eigenen Angaben die Ukrainer im Krieg gegen die russische Armee zu unterstützen. Die BILD-Zeitung berichtete mehrfach über seinen Einsatz. Im Donbass werde der junge Mann aus Bayern als "deutscher Held" gefeiert, so Paul Ronzheimer, Kriegsreporter und stellvertretender Chefredakteur der Boulevard-Zeitung, im Juni 2022. Seine Artikel über den Ex-Soldaten stehen noch im Netz, die dazugehörigen Podcasts sind aber nicht mehr abrufbar.
Vom Held zum Verdächtigen
Denn inzwischen wurde aus dem Helden ein Verdächtiger: Kurz vor Weihnachten 2024 berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" von den Ermittlungen: Mit zwei Haftbefehlen hatte sich die Zentralstelle für Cybercrime Bayern inzwischen auf die Suche nach dem Mann in der Ukraine gemacht. Wegen der zahlreichen Kinderporno-Dateien und auch wegen der Videos, die der Mann von den mutmaßlichen Vergewaltigungen mehrerer Frauen erstellt habe. "Es ergab sich auch der Verdacht, dass der Beschuldigte diese Aufnahmen auf einer pornografischen Plattform veröffentlicht hatte", so die Generalsstaatsanwaltschaft Bamberg im März 2025.
Kurz zuvor war der Mann im Nordosten der Ukraine festgenommen worden – "nach langwierigen Prüfungen der Auslieferungsersuchen durch die ukrainischen Behörden", so die oberfränkische Staatsanwaltschaft. Der Mann sitzt seit März in Deutschland in Untersuchungshaft.
Verfahren vor der Jugendkammer
Der Prozess findet nun vor der Jugendstrafkammer statt, "weil der jetzt 30-jährige Angeklagte zu einzelnen mutmaßlichen Tatzeitpunkten noch Heranwachsender war", so die Pressestelle des Landgerichts. Mehrere der mutmaßlichen Opfer sind als Nebenklägerinnen dabei. Bislang sind sieben Verhandlungstage angesetzt, Mitte Dezember könnte das Urteil fallen.
Verdacht: Weiterer Straftaten in der Ukraine begangen
Und es könnte ein weiterer Prozess folgen. Denn Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln nach neuen Erkenntnissen weiter gegen den ehemaligen Zeitsoldaten. Es bestehe der Verdacht weiterer Sexualstraftaten – und zwar in der Ukraine, erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Goger auf BR24-Anfrage. Zum Ausmaß könne er mit Blick auf die laufenden Ermittlungen momentan aber nichts sagen. Der Angeklagte werde sich im Prozess zu den bislang ermittelten Vorwürfen teilweise äußern, erklärte sein Verteidiger Alexander Stevens, ebenfalls auf Anfrage von BR24. Die Bundeswehr wollte sich mit Blick auf das laufende Verfahren nicht äußern.
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